Mit Achsamkeit und Minimalismus durch die Corona-Zeit

Die Coronakrise stellt vieles auf den Kopf. Schon wieder ein Lockdown, viele Menschen kämpfen um ihre finanzielle Existenz. Überlastete Eltern, überlastete Gesundheits-, Sozial- und weitere Berufe. Viele Menschen sind schon lange am Limit. Es gibt Kinder und Jugendliche, die gehen gerade komplett „den Bach runter“ – allen Bemühungen zum Trotz. Menschen, die seit Monaten nur per Videochat, Telefonat oder Email im Kontakt sind.

Auf irgendeine Art und Weise sind wir alle betroffen, auch ich. Corona nimmt keine Rücksicht auf Ansehen, Gehalt oder sonst was. Politische Diskussionen spare ich mir hier, darüber wird anderswo genug geredet und diskutiert. Etwas anderes ist mir wichtiger: Wenn mir etwas besonders deutlich geworden ist, dann, dass ich – trotz aller Widrigkeiten – mit Achtsamkeit und Minimalismus viel besser durch diese Corona-Zeit komme:

Achtsamkeit

Wer sich schon mal etwas eingehender mit Achtsamkeit und Meditation auseinander gesetzt hat, wird es wissen: So friedlich, wie z.B. eine Sitzmeditation äußerlich aussieht, ist sie bei genauer Betrachtung nicht. Und so mal eben schnell zur Ruhe kommen, Gedanken abschalten, kann man damit auch nicht. Erst recht eignet sich die Meditation nicht dazu, irgendwie über den Dingen zu schweben – spätestens dann würde ich es auch lassen. Ich habe gerne Boden unter den Füßen 😉 . Wird es äußerlich ruhig, tobt es nicht selten erstmal an anderen Stellen: Der Rücken zwickt oder der Fuß ist eingeschlafen, es ist zu warm oder zu kalt, irgendeine störende Geräuschkulisse, tausende Gedanken und Gefühle, die immer wieder auftauchen. Es ist schon einiges an Arbeit und Aufwand, sich dann immer wieder zurück zu holen, die Wahrnehmung wieder zurück auf das regelmäßige Ein- und Ausatmen zu lenken. Mit „Friede, Freude, Eierkuchen“ hat Achtsamkeit überhaupt nichts zu tun.

Was mir hilft, ist diese unendliche Ausdauer, Geduld und Langmut, die in solchen Achtsamkeitsübungen benötigt und geübt wird. Damit hat Achtsamkeit sehr viel zu tun. Ich kann dadurch trotzdem die Zeit genießen und mir so etwas wie Lebensqualität erhalten. Stress, Aufregungen und Überlastungen verschwinden natürlich auch bei mir nicht mal so eben. Ich kann aber immer wieder in vielen kleinen Schritten darauf achten, mich nicht ganz darin zu verlieren: Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen…. immer wieder. Schritt für Schritt, mit wacher Aufmerksamkeit, Ausdauer und einem langen Atem. Trotz all dem, was um mich herum und in mir drin geschieht, immer wieder zur Ruhe kommen, es zumindestens immer wieder zu probieren. Auch und gerade in diesen Coronazeiten einen annähernd klaren Kopf behalten und schöne Momente genießen – das ist es, wozu Achtsamkeit mir verhilft.

Minimalismus

Minimalismus ist für mich die Konzentration auf das Wesentliche. Alle wichtigen Dinge habe ich da, aber es gibt bei mir keine zugerümpelten Räume, keine überquellenden Regale und Schubladen. Wenn man mehr als üblich zu Hause ist, ist schon das alleine eine einzige Befreiung. Ich muss nicht ständig nach irgendeinem Ding suchen, auch meine Augen können zur Ruhe kommen. Mit weniger Dingen brauche ich keine große und teuere Wohnung, die mich finanziell in die Enge treiben würde. In meiner 1-Zimmer-Wohnung ist immer noch mehr Platz, als ich eigentlich benötige. Ich habe keinerlei unnötigen Abos und Verträge. Nicht gekaufter Krempel spart etliches an Geld, was mit mit meiner Halbtagsstelle sehr entgegen kommt. Meine Kosten habe ich schon seit vielen Jahren immer weiter optimiert, Sinnvolles von Unsinn getrennt. Bislang ist mein Gehalt noch regelmäßig und – zumindestens netto – in üblicher Höhe auf meinem Konto gewesen. Was ich im ungünstigen Fall mit geringeren Einnahmen machen würde, wieviel mir dann jeweils an Geld zur Verfügung stünde, wie ich dann leben könnte, so etwas weiß ich schon seit vielen Jahrzehnten. Haushaltsbuch sei dank, gibt es – auch mit überschaubarem Halbtagsgehalt – immer einen finanziellen Plan B bei mir. Auch das ist eine enorme Entlastung und hilft mir, mich dank der minimalistischen Konzentration auf das Wesentliche, täglich immer wieder zu entspannen und neu auszurichten.

 

Persönliche Resscourcen

Dinge, die mir wichtig sind, gönne ich mir, Klimbim bleibt draußen – so lässt sich Minimalismus am besten für mich zusammen fassen. Ich habe beispielsweise 3 x die gleichen, relativ teuren Schuhe. Diese Schuhe passen mir endlich mal. Wie lange diese noch hergestellt werden, weiß ich nicht. Also habe ich 1 Paar dieser Schuhe als Vorrat im Schrank. Kein Luxus, sondern Lebenserleichterung, wenn kaum ein Schuh annähernd passt.
Weder bin ich geizig, noch übertrieben sparsam, ich lasse lediglich Überflüssiges weg und optimiere gerne – das reicht. Auch ganz ohne spirituelle Ambitionen kann ich Achtsamkeit zur Stabilisierung für mich nutzen und die nötige Ausdauer und Ruhe auch für und in diesen Zeiten entwickeln. Ohne dem geht es nämlich nicht. Allein solche Haltungen sind unglaubliche, persönliche Resscourcen, die ich nutzen kann. Der Platz, den ich (auch bei überschaubarer Größe von Wohnung und Geldbeutel) habe, alles Wesentliche im Blick, die Möglichkeit, mit jedem Atemzug zur Ruhe kommen zu können – das hat mich in den letzten Monaten deutlich entlastet, allen immer noch bestehenden Corona-Widrigkeiten zum Trotz.

 

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Foto: Easton Oliver

30 thoughts on “Mit Achsamkeit und Minimalismus durch die Corona-Zeit

  1. Hallo Gabi,

    für mich steht diese Pandemie inzwischen ganz im Sinne von “weniger Erlebnisse und Medien konsumieren, mehr machen” – wenn auch nicht die gleiche Dinge wie vorher. Weniger Reisen, weniger Filme sehen, weniger Verabredungen mit anderen. Dafür mehr Verabredungen mit mir selbst, mehr schreiben, mehr backen und auch mehr lohnarbeiten, womit ich mich wahrscheinlich gerade eher glücklich schätzen kann.

    Lieber Gruß aus Berlin
    Philipp

    1. Hallo Philipp, das erinnert mich doch sehr an dein Motto im Kommentar von Oktober 20: „Wenn sowieso alles anders ist, dann machen wir einfach was daraus.“ Nomaden entdecken ja eigentlich gerne die Welt – können sie ja immer noch. Nur anders. Es macht sich nicht mehr so an Kilometern fest und sind derzeit eher die naheliegenden Dinge. Vor Jahren habe ich mal in einer Wanderpause ein Stück Waldboden genau beobachtet – unglaublich, was sich auf gerade mal 10 Quadratzentimetern alles entdecken lässt.

    2. Hallöchen,

      mehr lohnarbeiten (Philipp aus Berlin):

      ich arbeite ja eigentlich nur drei Tage/Woche. Habe letztens meine Chefin gefragt, ob ich nicht mehr arbeiten DARF. Nö, sagt se, warum? Weil es langweilig ist! und das Bier bald nicht mehr schmeckt! Feierabendbier macht nur Sinn, wenn man vorher auch gearbeitet hat. 😉

      Vielleicht auch eine Diskussionsgrundlage fürs BGE. Menschen wollen nicht nur faul auf der Haut liegen. Hält man auf Dauer gar nicht aus.

      Liebe Grüße
      Andrea aus Erfurt

        1. Wir haben ein Recht auf Faulheit, jawoll! ??Und müssen sie auch ohne schlechtes Gewissen genießen dürfen. Unser System hat es über Generationen hinweg geschafft, uns ein schlechtes Gewissen einzureden, wenn wir einfach nur mal faul sind.
          Ich rede von einer „gesunden“ Faulheit, nicht von permanenter Trägheit oder Sozialschmarotzerei. Klar gibt es da Unterschiede. Aber viele stehen heute so unter Strom, dass sie meinen, sich permanent entschuldigen oder es sogar nacharbeiten müssen, wenn sie sich mal eine kurze Auszeit nehmen. Es ist in, immer beschäftigt zu sein oder zumindest zu tun.
          Es stimmt vollkommen, die Arbeitsethik (Wirtschaft) hat uns dazu gebracht, nach und nach ist diese falsche Ethik-Vorstellung auch ins Private gerutscht.
          Sind denn Rentner faul, weil sie nicht mehr zur Arbeit gehen? Wie halten die denn ihre „permanente Faulheit“ aus?
          Ich selbst erhalte so viel Hinterbliebenenrente, dass es mir ohne Job zum Leben reicht. Mein Tag ist ausgefüllt mit so vielen Interessen, mit Spaziergängen, Wanderungen, Büchern, gesund kochen, etwas länger schlafen dürfen, Familie besuchen. Und auch mal die Beine hochlegen und Tagträumen, wenn es mir so ist. Ein Kind ist auch noch im Haus. Trotz Corona Einschränkungen immer noch genug Dinge für einen ausgefüllten Tag. Ehrlich, ich brauch den Job nicht.
          Und halte es gut aus, auch auf Dauer. ?

          1. Muße war früher eine der Tugenden, nicht jeder schafft es, es gibt rastlose Zeitgenossen, die dann auch noch rücksichtslos ihre Mitmenschen aufmischen.

          2. Rastlosigkeit – letztlich auch so ein “immer mehr” “immer weiter” und auch dort bessert sich ja nicht automatisch irgendwas.

            Als ich mal vor Jahren auf der Arbeit alte berufliche Akten von mir geschreddert habe, die noch aus der Zeit vor den ganzen Kürzungswellen im Sozialbereich stammten, war ich fast erschrocken, wie gründlich, ausführlich und gut ich zu diesen Zeiten noch arbeiten konnte – ganz ohne Zeitdruck, Rastlosigkeit, Kostendruck, “Qualitäts-und Käse-Management”…

            Masse an Dingen, Masse an Arbeit – statt Maß und Muße. Das hat was von: Mit Vollgas vor die Wand fahren.

          3. Hi,

            stimmt alles. Mensch traut sich ja fast schon nicht mehr auf die Frage „Und, was haben Sie am Wochenende gemacht?“ zu antworten „Nichts!“ (Freizeit-Stress)

            Burnout = der Ritterschlag des Arbeitslebens.

            Arbeit: nur Erwerbsarbeit = „richtige“ Arbeit. Gab mal eine Diskussion (ich glaub, von Verischerungen) wie viel die Arbeit von Müttern wert ist. Interessante Frage. (Erweiterbar auf pflegende Angehörige u.v.m.)

            Selber bin ich dieser Philiospohie auch – fast – aufgesessen: Arbeit wurde beinah zur Religion. Man muss die Muster erst einmal erkennen.

            Meinen Job kann ich dennoch nach bestem Wissen und Gewissen verrichten.

            Tugend: früher war Sparsamkeit eine Tugend. In Zeiten von Null- bzw. „Straf“-Zins-Politik fürs Gesparte werden alte Werte über den Haufen geworfen. Über die Verhältnisse leben ist auf einmal „in“. Wie Gabi schreibt: Mit Vollgas gegen die Wand. Liebe Grüße und winke winke!

          4. @Gabi: Ja, oft kommt es auf die richtige Perspektive an!

            @Andrea: Ehrlich gesagt gäbe es neben der Lohnarbeit auch genügend andere Arbeit, die ich verrichten könnte, wenn ich weniger lohnarbeiten würde. So komme ich nur nicht im rechten Umfang dazu.

            @Thorsten & Heike: Nur dauerhaft beschäftigt zu sein, kann in meinen Augen weder das Ziel, noch gesund sein. In der Lohnarbeit bin ich zwar oft permanent beschäftigt, aber deshalb nicht zwingend produktiv. Und: Ohne Muße keine Muse. 😉 Unser Kopf braucht auch ruhige Zeiten und Abstand, um neue Ideen zu generieren.

  2. Hallo Gabi,
    viele fragen, wie geht es dir? Und ich antworte jedes Mal, gut. Glaubt nur keiner. Doch ist aber so! Wie du geschrieben hast mit Achtsamkeit und Minimalismus. Ich genieße die Luft im Wald, am See oder über das Feld. Treffe mich mit Freunden zum Spaziergang oder Telefon. Ich habe soviel neue Dinge unterwegs entdeckt und auch neue Sichtweisen. Kaufe leckeres Essen ein oder bestelle mal etwas zum abholen. Lese viel und habe mein Tablet verkauft. Trotz allem geht es mir gut…. bin einigermaßen gesund, habe genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf.
    Liebe Grüße Birgit

  3. Menschen können mit wenig Besitz leben und glücklich sein. Aber sie können ohne menschliche Nähe und Zuwendung nicht gesund bleiben.

    1. Hallo Violetta,

      Du hast genau ins Schwarze getroffen, der Mensch kann mit sehr wenig Hab und Gut leben, doch ohne soziale Kontakte zu Mitmenschen wird zu erst die Seele einsam und krank, dann greift das ganze auf den Körper über, was den den persönlichen „Lockdown
      für den Menschen“ bedeutet, nämlich Vereinsamung, Verbitterung, Verzweiflung,
      dahin vegetieren.

      Grüße.
      Stefan

  4. Wenn ich in einer Sache niemals Minimalist werden will, so sind es liebe, freundliche Beziehungen. Das mir ohne menschliche Nähe etwas fehlt, weiß ich schon seit Jahrzehnten. Aber die Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie haben es mir noch einmal überdeutlich bewusst gemacht. Meine Familie habe ich vor über einem Jahr das letzte mal gesehen. Meine Freunde das letzte Mal im September. Alles Leute aus der Risiko- und Hochrisikogruppe. Da ich täglich mit der S-Bahn fahre, ist die Gefahr, dass ich mich anstecke und die Krankheit unbemerkt weitertrage zu groß. Aber auch die loseren Kontakte fehlen völlig. Wie z.B. ein kurzes Gespräch mit den Damen der Dorfbücherei, die Gymnastikgruppe, oder die Wellnessmassage alle sechs Wochen. Auf der Arbeit sitze ich allein im Büro. Alles wird über E-Mail und Telefon geregelt. Bei mir fehlen alle menschlichen Kontakte.
    Inzwischen zeige ich zu Hause die gleichen Symptome wie beim Hospitalismus. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mit dem Oberkörper hin und her wippe. So etwas habe ich vorher noch nie gehabt. Ein Mensch kann viel aushalten, aber bei mir machen sich die ersten psychischen Probleme durch die Kontaktbeschränkungen bemerkbar.

    1. Hallo Violetta,
      die Situation, die du beschreibst klingt wirklich sehr schwierig. Wenn Freunde und Verwandte zur Risiko- bzw. Hochrisikogruppe gehören, ist das natürlich ein Problem. Aber auch dann könnte man natürlich schauen, ob und mit wem man sich – z.B. mit FFP2-Maske und entsprechendem Abstand – zumindestens regelmäßiger mal zu einem Spaziergang außerhalb irgendwo in Park oder Wald trifft. Da ist man im Freien und die Ansteckungsgefahr sehr viel geringer, insbesondere, wenn man dann auch noch Maske trägt. Denn deinen Freunden/Verwandten gehts ja vielleicht ähnlich wie dir und sind froh, wenn sie etwas Abwechslung haben.
      Ich gehöre selbst zur Risikogruppe, bin ab und an beruflich trotzdem unterwegs, habe einige Vor-Ort-Termine – einfach, weil es nicht anders geht. Alles schon sehr überlegt und nicht mehr, als nötig. Privat habe ich direkte Kontakte z.Z. nur zu ganz wenigen Menschen, die aber sehr regelmäßig. Darüber hinaus finde ich Videochat sehr hilfreich, auch für Emails und Telefonat nehme ich mir viel mehr Zeit, als früher. Das ist nicht das gleiche wie ein persönliches Treffen, aber trotzdem schön.
      Mir kommt der Gedanke, dass für solche Situationen eine Plattform wie nebenan.de auch nicht schlecht ist. Es gibt bestimmt Leute in deiner Umgebung, die nicht zur Risikogruppe gehören, denen aber auch die Decke auf den Kopf fällt und wo man sich vielleicht mal mit jemand zu einem Spaziergang verabreden kann. Das sind dann auch nur 2 Haushalte, weniger Ansteckungsgefahr mit den üblichen AHA-Regeln und hilft, nicht komplett in die Isolierung zu geraten.
      Meine Sicht: Die Möglichkeiten, die man sich irgendwie verschaffen kann, sollte man nutzen. Es ist wichtig, auch psychisch gesund zu bleiben in dieser Situation.

      1. Liebe Violetta,
        ich kann Gabi nur zustimmen – gucken, was trotzdem geht! Auch ich selbst habe viele Kontakte (beruflich bedingt), und treffe mich daher schon seit den Sommerferien eigentlich nicht. Außer mit einer Freundin mit der ich wirklich konsequent einen Abstandsspaziergang mache.
        Außerdem habe ich jetzt auch mit anderen Freundinnen mich über Zoom getroffen (es gibt auch andere Möglichkeiten – Jitsi etc.), und das war fast wie ein normales Treffen. Super schön. Wir haben zwei Stunden gequatscht, und sogar mehr miteinander sprechen könne, als sonst. Weil wir uns normalerweise immer mit Kindern getroffen haben.
        Außerdem habe ich auch schon Online-Yoga gemacht, und das ist auch schon ein anderes Gefühl, wenn es eine Live-Klasse ist und alle gleichzeitig zu einer bestimmten Uhrzeit das mache. Ich habe mir jetzt auch eine Online_Meditationsgruppe gesucht – also, ich glaube, da gibt es noch mehr Möglichkeiten, auch wenn das den ganz persönlichen Kontakt nicht komplett ersetzen kann.
        LG Nadine

    2. Falls es dich tröstet : eine große Anzahl hat im Moment das Problem gar keine Zeit mehr zum Alleinsein zu haben. Wir sitzen als Familie ständig aufeinander, das war schon einmal so als die Kinder klein waren. Ich würde mir einmal wünschen ein paar Minuten alleine in der Bude zu haben. Wenn ich alleine sein möchte , muss ich mich quasi alleine „wegschleichen“ . Und da wo wenig Wohnraum ist dürften hin und wieder die Fetzen fliegen. Mit dem Homeoffice hast du auch die ganze Belegschaft in der Wohnung. Die Hemmschwelle geht komplett runter, wenn die Kollegen ihren Allerwertesten gar nicht mehr bewegen müssen, ein Knopfdruck genügt ja. Und die Alleinstehendrn klingeln 10 Mal durch, weil sie unter Vorwand mit jemandem reden wollen.

      1. Was du beschreibst kenne ich nur zu gut aus berufl. Kontexten. Was Familien da gerade stemmen müssen, ist unglaublich. Es geht wohl nur mit guten Absprachen, wann wer mal Ruhe braucht, also Nicht-Stören-Zeiten, dann mal Termine für Telefonate. Termine für Telefonate habe ich früher immer gemacht. Ging auch:
        Mein erstes „Mobiltelefon“ bestand darin, dass ich mobil werden musste: Das gelbe Telefonhäuschen in der Nachbarstraße. Sowas lief nur mit Zeitabsprachen, ich selbst konnte da nicht angerufen werden. Wenn man sich z.B. am Wochenende gesehen hat, verabreden, dass man mittwochs ab 21 Uhr (vorher war teuer) kurz telefoniert. So aufwändig muss es ja heute nicht mehr sein.? Holladiewaldfee – sowas fand ich früher ganz normal…

        1. Früher hat man die Gedanken gesammelt und aufgeschrieben, das nannte sich „Brief“. Und am Telefon hat man sich kurz gehalten. Heute wird viel geplappert, kostet ja nichts.

    3. Violetta Zitat “
      Auf der Arbeit sitze ich allein im Büro. Alles wird über E-Mail und Telefon geregelt. Bei mir fehlen alle menschlichen Kontakte.
      Inzwischen zeige ich zu Hause die gleichen Symptome wie beim Hospitalismus. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mit dem Oberkörper hin und her wippe. So etwas habe ich vorher noch nie gehabt. Ein Mensch kann viel aushalten, aber bei mir machen sich die ersten psychischen Probleme durch die Kontaktbeschränkungen bemerkbar.“

      Ich weiß genau, was du meinst. Sitze auch seit Wochen/Monaten alleine im Büro. Kollegen im home office. Keiner vesteht mich, wenn ich mich mal beklage darüber. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als mich früher oder später krank zu melden. Zu Hause habe ich mehr Kontakt. Da kann ich wenigstens vor die Tür Menschen schauen oder mit einem aus der Nachbarschaft spazieren gehen. Im Büro darf ich viel die Wände anstarren, da auch wenig zu tun ist. Vor Corona war viel Durchgangsverkehr, was den Job mit aus machte.

      Bei mir macht sich das mittlerweile mit Panikattacken bemerkbar und ich habe Wortfindungsstörungen bei Gesprächen. Danach überlege ich ewig, was ich dummes daher geredet haben. Jegliches Selbstvertrauen gehen flöten.

      Viele Grüße

      Sonja

      1. Hier ein paar Tipps:
        Minimalismus-Stammtisch online: Wer sich online über Minimalismus austauschen (oder einfach erstmal zuhören) möchte, kann dies dienstags ab 19:30 Uhr tun. Michael von minimalismus-leben.de organisiert diesen Online-Stammtisch schon seit längerer Zeit. Benötigt wird die App Zoom und dieser Link hier: https://us02web.zoom.us/j/190062432

        Es gibt auch MBSR-Achtsamkeitskurse online, Infos hier: https://www.mbsr-verband.de/kurse/privatpersonen/

        Volkshochschule / VHS: Onlinekurse – Übersicht: https://www.volkshochschule.de/kurswelt/online-lernen/index.php

        Nachbarn kennenlernen und sich (online) austauschen: nebenan.de

        1. nebenan.de ist super. Bin da zwar nicht angemeldet, jedoch in unserem Viertel läuft viel darüber.

          Einen Stammtisch haben wir auch online verlegt. Ist nicht so ganz meine Welt, aber bringt den Stammtisch wenigstens durch die karge Winterzeit und man verliert sich nicht völlig aus den Augen.

          Was Meditation angeht mache ich ab und an gerne eine beim spazieren gehen. In einem bestimmten Rythmus bewußt ein-und ausatmen. Das ist schön.
          Für zu Hause habe ich mal vor zig Jahren eine gelernt, wo ich bewußt im Zimmer gehe, mit einer bestimmten Technik, wie ich die Füße setze.
          Wie gut, dass dies geht, weil mein Zimmer geräumig und nicht vollgestellt ist ;-).

          Viele Grüße

          Sonja

      2. Hallo Sonja,

        z.Z. darf der Mensch nur noch Maschinell via PC, Mails, fremdbestimmt
        agieren, funktionieren, was für die Specie Mensch total unnatürlich ist,
        und dramatische Folgen verursacht, nicht auszudenken, was die Kinder
        danach in späteren Jahren dadurch einmal ausbaden an Erkrankungen,
        ist heute noch nicht absehbar.

        Wir Menschen sind wie alle anderen Tiere auch Herden-Tiere,
        kein Lebewesen ist auf lange Sicht zum Alleinsein geschaffen,…
        das hinterlässt grausame fatale Spuren.
        Wenn ich es zu Hause nicht mehr ertrage trotz Lesen und gute Schallplatten auflegen, dann muss ich raus in die Natur, oder nehme das Rad, und strampel mich müde, oder setze mich an der Lahn auf eine Bank, und beobachte die Umgebung.
        Können nur hoffen, dass dieser grausige Spuck endlich ein Ende findet.

        Grüße.
        Stefan

  5. Liebe Gabi,
    sehr lange schon lese ich deinen blog von Herzen gern und diesmal muss ich einfach mal schreiben☺du sprichst mir dermaßen aus dem Herzen, dass es eine Freude ist!! Schon lange praktiziere ich achtsamen Yoga und Meditation, der Minimalismus tut einfach gut, wenngleich wir auf dem Weg noch einiges zu tun haben. Was ich inzwischen installiert habe, ist eine “Pufferschublade“ in der Kommode im Flur, die wirklich leer bleibt…falls man.doch mal dringend Stauraum braucht ?…und ja, Geduld und Langmut sind in diesen Zeiten gefragt..jegliche Achtsamkeitspraxis auf dem Weg wirklich eine große Hilfe!! In diesem Sinne ein dickes DANKESCHÖN für diesen schönen Ort des Innehaltens in den Weiten des Netzes!

  6. In den Medien wird sehr polarisiert. Die „leisen“ Stimmen gibts kaum oder werden gar gehört. Das vermisse ich sehr.

    Ja, wir üben uns in Abstand, kommen wir uns doch näher. Wir erfahren, was wirklich wichtig ist.

    Was mich jedoch nervt, der Alltag. Vieles geht nur Online, das Netz ist Steinzeit. Der Drucker will nicht, die Druckerpatronen sind leer. Vorher bin ich in den Laden gehüpft und welche geholt. Geht nur: Lieferung (Post und DHL saufen ab) oder endlich wieder Abholen, 1 – 2 Tage später. Ich brauche das und überlege, woher bekomme ich das? Dazu kommt das wechselhafte Winterwetter.

    Das Essengehen entfällt auch. Einerseits hatte mich genervt, diese Restaurants. Als Einzelperson bist nicht willkommen. Aber du musst gucken, wo was zu essen bekommst. Immer nur selber kochen müssen, der Kopf habe ich nicht immer. An Wochenendende und Feiertage muss ich es ; es ist einfach schön, bekocht zu werden. Ich hab normalerweise nur 30 Min. Pause und mittags.

    Ja, die Arbeit gibt Struktur, aber sie frißt auch viel Zeit. Die habe ich nicht. Ich freu mich auch über „Langweile“, nichts tun müssen, „Muse“.

    Dieses Jahr habe ich endlich warme Hosen für den Winter gefunden. Die alten waren schon hinüber und wollte schon die letzten Winter Ersatz. Endlich! Wäsche bräuchte ich. Im Nachbarort wär ein BH-Laden, aber zu! Vorher hatte ich kaum Zeit, weil alles früh zu machen und nicht alles am Samstag möglich ist. Arzttermine auch, keine Lust extra Urlaubstage zu opfern. Nun seit Mitte März Homeoffice. Ich krieg langsam der Koller. :-/

    Video wäre schön! Aber nicht möglich, mit unser Steinzeittechnik. Ein Internew mit einem italienischen Dirigenten sind wir die Worte hängen geblieben. „breathe together“ . Das ist trifft es, was gerade fehlt.

    Uns fehlt Luft! Gemeinsam! Alles ist so eng und eingsschränkt. Seit fast einem Jahr. Ende nicht absehbar. Es ist als wäre wir in ein Becken mit Wasser gestoßen worden und wir treiben da drin. Jeder für sich. Wir sehen nicht die Wände oder Boden, vllt. der Himmel schimmern. Vllt. mal ein Ast und Stück Hoffnung. Mehr nicht.

    1. Hallo Sylvia,
      beim Homeoffice muss man wirklich aufpassen, noch regelmäßig und konsequent vor die Tür zu gehen, sich zu bewegen. Mir fällt das manchmal auch schwer, wichtig ist es trotzdem.- Ich finde es hilfreich, in irgendeiner Form im Gespräch miteinander zu bleiben, wenn es z.Z. nicht anders geht, dann halt auf Distanz. Funktioniert der Videochat nicht, dann Telefon, Email, irgendein Messenger, Brief. Am besten regelmäßig.

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