Ruhe im Sturm des Lebens – Achtsamkeit im Alltag

Wir leben in einer Zeit ständiger Ablenkbarkeit, vielfältige Reize umgeben uns. Zahlreiche private oder berufliche Anforderungen wollen bewältigt werden. Unser Leben ist oft dicht getaktet. Zeiten der Muße, Zeiten der Ruhe und Unabgelenktheit sind selten geworden. Achtsamkeit im Alltag bietet die Möglichkeit, sich mitten im ganz normalen Alltag immer wieder neu zu zentrieren, kleine Ruhepunkte und Achtsamkeitsinseln zu gestalten.

Die Basis jeder Achtsamkeit – Körperwahrnehmung

Achtsamkeit ist letztlich nichts anderes, als den gerade stattfindenden Moment, bewusst und möglichst vorurteilsfrei und wohlwollend wahrzunehmen. Diese Achtsamkeit gelingt deutlich besser,  wenn wir uns immer wieder auf die Wahrnehmung unseres Körpers ausrichten. Denn während Gedanken und Gefühle problemlos in Vergangenheit oder Zukunft kreisen können, reagiert der Körper im Hier und Jetzt. Hier und jetzt ist mir  beispielsweise kalt. Natürlich kann ich mir nun auch warme Gedanken machen, aber spätestens wenn es draußen 10 Grad Minus ist, kann ich ein ausgiebiges Sonnenbad im Bikini trotzdem nicht genießen. Der Körper würde dann sehr schnell die Hier-und-Jetzt-Realität herstellen und mich aus meinen warmen Gedanken herausholen 😉 – Eine ideale Basisübung zur Verbesserung der Körperwahrnehmung ist der Bodyscan. Hier sind einige kostenlose Anleitungen zu finden:  Achtsamkeitsübungen

Achtsamkeit im Alltag – nutze die täglichen Abläufe

Auch wer wenig Zeit und einen sehr durchgetakteten Tag hat, kann täglich vielfältige Alltagssituationen für kleine Achtsamkeitsübungen nutzen. Hierbei geht es darum, in all den gewöhnlichen Abläufen während des Tages, immer wieder Körper und Sinne zu benutzen:

Aufstehen
Morgens stehen wir ohnehin auf. Also kann man prima das erste morgendliche Räkeln auch ohne großen Aufwand bewusst gestalten. Beine, Arme, Kopf bewegen, sich ein wenig dehnen und beim Aufstehen den ersten Kontakt der Füße zum Fußboden spüren.

Duschen
Anstatt sich wie üblich „irgendwie“ kurz zu duschen, können wir in exakt der gleichen Zeit auch dieses Duschen achtsam wahrnehmen: Spüren, wie das warme Wasser über den Körper läuft, beim Einseifen genau erspüren, wie die Seife über den Körper gleitet oder das Shampoo sich zwischen den Haaren und Fingern verteilt. Beim Abtrocknen können wir jeweils genau die Körperregionen erspüren, die gerade Kontakt zum Handtuch haben.

Zähne putzen
Beim Zähneputzen ist die Herausforderung, einmal wirklich nur die Zähne zu putzen, alles genau zu spüren und nicht gedanklich schon beim nächsten Schritt zu sein. Gar nicht so einfach…

Essen
Jede Essenssituation kann ebenfalls für die Achtsamkeit im Alltag genutzt werden. Den Kaffee erst mal riechen, den ersten Schluck ganz besonders und möglichst ohne Ablenkung genießen. Den ersten Bissen des Essens ganz bewusst essen.

Unterwegs sein
Der Weg zur Arbeit und zurück – und seien es nur die wenigen Schritte bis zum Auto – kann ebf. für die Achtsamkeit im Alltag genutzt werden. Den Boden bei jedem Schritt spüren, die Temperaturunterschiede, das Stimmengewirr, Kunst- und Tageslicht und alles, was begegnet, achtsam wahrnehmen. Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann prima den Windzug im Gesicht spüren, fühlen, wie sich die Beine bewegen oder die Hände das Lenkrad umgreifen.

Nutze während der Arbeitszeit die Wege, die ohnehin zurückgelegt werden müssen. Das kann der Gang zum Kopierer, zum Vorratsraum oder zum Büro des Kollegen bzw. der Kollegin sein – einatmen, ausatmen, die Bewegung der Beine spüren. Vielleicht einfach auch nur mal so etwas Gewöhnliches, wie das Händewaschen nach der WC-Benutzung achtsam wahrnehmen. Wer viel am Schreibtisch sitzt, kann kurze, achtsame Momente einfließen lassen, in denen einfach mal Schultern und Rücken ganz bewusst ein wenig bewegt werden.

Kinder als Achtsamkeitsexperten
Es gibt übrigens Kinder, die sind wahre Achtsamkeitsexperten. Gerade jüngere Kinder können über lange Zeit versonnen im Sandkasten sitzen und den Sand über die Hände und Arme rieseln lassen, sich im Schnee wälzen, in Pfützen springen, oder immer wieder den Schwung der Rutsche genießen. Auch solche Situationen können wir als Erwachsene für gemeinsame Achtsamkeitsmomente nutzen. Einfach mal mitmachen beim Rieseln des Sandes, beim zigfach wiederholten Spaß, einen Turm aus Bausteinen umzuwerfen. Gönnen wir uns, uns von diesen kleinen Achtsamkeitsexperten inspirieren zu lassen.

Nutze Wartezeiten und Momente der Langeweile

Unterwegs
Wir sind es gewohnt, jeden Moment mit irgendwelchen Aktivitäten zu füllen. Wir warten nicht einfach auf die nächste U-Bahn, sondern klicken in der Wartezeit auf dem Smartphone herum oder schauen der Video-Werbung am Bahnsteig zu. Ebenso gut können wir aber auch solche Wartezeiten nutzen: Smartphone weg und achtsam einatmen, ausatmen, den Bahnsteig ein wenig auf und ab laufen und den Boden unter den Füßen spüren.

Zuhause
Wieder Zuhause angekommen, wird üblicherweise gleich Radio, Fernseher oder der Computer angestellt. Aber genau das können wir auch noch einige Momente lang sein lassen und stattdessen den Übergang zwischen draußen und drinnen achtsam wahrnehmen, einen Moment der Stille genießen oder sich bei einer Tasse Tee mit Partner/-in, Kindern oder Freund/in und ganz ohne mediales Gedudel über die Erlebnisse des Tages austauschen.

Suche gezielt nach Achtsamkeitsmomenten im Alltag

Über die genannten Beispiele hinaus, empfiehlt es sich, wirklich gezielt und immer wieder auf die Suche zu begeben, welche kleinen Achtsamkeitsmomente es im persönlichen Alltag gibt. Manchmal besteht die Achtsamkeit im Alltag zunächst auch darin, überhaupt erst einmal aufmerksamer werden, wo genau sich Momente der Achtsamkeit aufspüren lassen.

Innerer Abstand und präsenter im Moment sein

Achtsamkeit im Alltag hilft uns dabei, inneren Abstand zu gewinnen und gleichzeitig präsenter in all den unterschiedlichen täglichen Situationen zu sein. Selbst in einer turbulenten Besprechung, einem hektischen Moment können wir uns mal einige kurze Sekunden lang innerlich zurücklehnen und dem wilden Treiben um uns herum zuschauen – wertvolle Sekunden der Stille mitten im Lärm. Dies reguliert auch ein wenig Aufgeregtheit oder Langweile und bringt mehr Klarheit in den Kopf. Nach und nach gelingt es in der Regel immer ein kleines Stückchen besser, mehr Ruhe und Klarheit auch in all den ganz unterschiedlichen großen und kleinen Stürmen des Lebens zu finden.

 

Mann mit Regenschirm überquert bei Schneeregen eine Straße
Photo by Rye Jessen on Unsplash

Zum Üben:

Zum Weiterlesen:

One thought on “Ruhe im Sturm des Lebens – Achtsamkeit im Alltag

  1. Vielen Dank für diesen wundervollen, inspirierenden Artikel. Er spricht mir aus der Seele. Warum hetzen wir nur so durchs Leben? Dabei sollten wir viel öfter innehalten, in Stille und nach innen schauen. Liebe Grüße, Alexandra von Hof Eulengrund.

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