Finanz-Minimalismus: Arbeitszeit ist Lebenszeit

Arbeitszeit ist Lebenszeit

Arbeitszeit ist Lebenszeit, Lebenszeit steht aber nicht unbegrenzt zur Verfügung. Nicht nur für Minimalisten ist daher interessant: Welchen zeitlichen und finanziellen Gesamtaufwand muss ich eigentlich betreiben, um meiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen und die (wirklich nötige?) Menge an Geld zu verdienen?

Es geht mir hier nicht darum, nur einseitig nach finanziellen Aspekten zu schauen – nach dem Motto: wenn ich nicht viel Geld bekomme, lohnt die Arbeit nicht. Geht es mir mit meinem Beruf gut, fühle ich mich wohl, habe ich genug zum Leben: Dann ist es ok so – egal, wie hoch der Realstundenlohn im Einzelnen ist. Aber es gibt Situationen, wo man sich fragen sollte: Lohnt sich das? Geht’s mir überhaupt gut? Gibt’s Alternativen?

Konsum kostet Lebenszeit

Außerdem (ebf. sehr wichtig): Wie lange muss ich denn eigentlich arbeiten, bis ich mir dieses oder jenes Produkt kaufen kann? Ist das Produkt es mir persönlich wert? Ist es so wichtig? Aber auch da geht’s nicht einfach um billig. Ich gebe z.B. durchaus gerne mehr Geld aus, wenn ich weiß: Ein Produkt hält, ist hochwertig, vielleicht im Idealfall sogar fair produziert, etc.

 

Finanz-Minimalismus: Das Verhältnis von zeitlichem und finanziellem Gesamtaufwand

1. Reale Zeit berechnen

Wieviel Zeit insgesamt investiere ich? Also, bei der klassischen Angestelltentätigkeit: die reine, vertraglich vereinbarte Arbeitszeit, plus die nicht gezahlten Zeiten, also Pausen und Fahrzeit. Einfach gesagt, der Aufwand, vom morgendlichen Losfahren bis zum abendlichen Heimkehren.

2. Arbeit – Nebenkosten berechnen

Dann ist noch die Frage, wieviele zusätzliche Kosten ich durch meine Tätigkeit habe, die ich ohne die berufliche Tätigkeit nicht hätte? Das kann z.B., das Essen in der Kantine sein, die Kaffee’s zwischendurch, Geld für die Geburtstagskasse der KollegInnen, die Fahrkarte, besondere Kleiderordnung, usw..

Und wenn ich dann alles mal miteinander verrechne, wieviel realer Stundenlohn (nicht zu verwechseln mit vertraglich vereinbarter Arbeitszeit und Gehalt) ergibt dies eigentlich?

Nachrechnen: Reale Zeit und realer Stundenlohn

Ich habe zum Berechnen des Realstundenlohns mal eine kleine Tabellenkalkulation erstellt, mit der sich dies recht einfach ausrechnen lässt. Diese Tabelle ist eher etwas für die Angestelltentätigkeit, aber mit ein wenig eigener Statistik und Anpassung evtl. ja vielleicht auch für die selbständige Tätigkeit geeignet bzw. erweiterbar. Die Tabellenvorlage kosten- und bedingungslos hier erhältlich:

Der Realstundenlohn-Rechner

Vorteil: Die Frage nach dem Gesamtaufwand ist natürlich erstmal generell interessant. Insbesondere natürlich bei der Frage, ob es denn die Sache für mich wert ist, ob sich ggf. etwas verändern lässt oder ob ich wirklich der richtigen Arbeit nach gehe?  Es geht nicht einfach nur um viel oder wenig arbeiten, wenige oder viele Produkte, teure oder billige, sondern aus einer klaren und reflektierten Sicht heraus, bewusste Entscheidungen zu treffen. Idealerweise ohne sich unbewusst von Werbung, Moden, Trends, Meinungen und persönlichen Gewohnheiten beeinflussen zu lassen.

Finanz-Minimalismus = achtsam Konsumieren

Es ist äußerst praktisch und hilfreich, sich vor jeder Anschaffung mal die Frage zu stellen, wieviel Arbeits- und Lebenszeit ich für die Anschaffung dieses Produktes bereits investiert habe. Wenn ich weiß, dass z.B. der Discounter-Laptop oder die Küchenmaschine ein Schnäppchen ist, aber vermutlich nicht so lange halten wird: Will ich den dann wirklich haben? Wenn ja: Warum eigentlich? Ist mir dieses Gerät meine Zeit und mein Geld wert? Wieviel Lebenszeit habe ich verbracht, um mir dieses (möglicherweise nicht ganz so haltbare) Schnäppchen zu kaufen? Und wie sehr wird es mich ärgern, wenn dieser Laptop bzw. die Küchenmaschine möglicherweise direkt nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist kaputt geht und nicht mehr repariert werden kann? Solche Fragen lassen sich eigentlich mit nahezu allen Produkten stellen.

 

Ergänzender Tipp – das Haushaltsbuch

Zum Realstundenlohn-Rechner passt übrigens ergänzend auch noch gut das Haushaltsbuch. Meine Erfahrungen aus 20 Jahren damit hier: Haushaltsbuch

Eine kostenlose Tabelle für ein Haushaltsbuch kann hier herunter geladen werden: Haushaltsbuch (Excel) Die Tabelle kann problemlos an den eigenen Bedarf angepasst werden.

In das Haushaltsbuch lässt eintragen, welche Ein- und Ausnahmen im Laufe des Jahres entstehen. Selbst wenn dort nur die Festkosten (also die regelmäßig wiederkehrenden Abzüge) eingetragen werden, wie Miete, Strom, Fahrtkosten etc.) lassen sich auf diese Weise bereits Einsparpotentiale rausfiltern.

 

Finanz-Minimalismus – Meine persönlichen Erfahrungen

Arbeitszeit ist Lebenszeit – natürlich auch für mich. Daher habe ich das Berechnen meines Realstundenlohns vor längerer Zeit auch selbst vorgenommen. Ich hatte damals noch recht lange Fahrzeiten, entsprechend auch hohe Fahrtkosten, plus dadurch bedingte Frustkäufe und kam dann (Frustkäufe nicht mitgerechnet!) auf einen realen Stundenlohn von nicht einmal 6€. Und das mit zwei Berufsabschlüssen  und diversen Zusatzqualifizierungen (die ebf. viel Zeit und Geld gekostet haben). Dadurch wurde mir schlagartig klar, dass bei der beruflichen Belastung, die ich dann noch hatte, alles nicht mehr zusammen passte.

Ich arbeite jetzt inhaltlich letztlich das Gleiche, habe aber weniger Zeitaufwand und insb. bessere Arbeitsbedingungen. Letztlich war es mir auch wichtig „aus dem Autopiloten“ (Zit. v. Jon Kabat Zinn) auszusteigen. Nicht einfach gewohnheitsmäßig arbeiten, kaufen, arbeiten, sondern einfach mal genau hinzuschauen, wie die persönliche aktuelle Situation ist und welche Konsequenzen ich für mich daraus ziehe.

 

Foto einer Wanduhr
Nicht nur Geld ist eine Währung

 

Zum Weiterlesen:

 

3 thoughts on “Finanz-Minimalismus: Arbeitszeit ist Lebenszeit

  1. Hallo Gabi!

    Ich habe vor einiger Zeit wieder einmal über das Thema „Handarbeiten“ nachgedacht. In letzter Zeit habe ich einiges gestrickt und habe mir überlegt, welchen Preis man dafür verlangen könnte bzw. was der potentielle Käufer bereit wäre dafür zu bezahlen.

    Ausprobiert habe ich das auch gleich real und festgestellt, das geht gar nicht. Ich würde auf einen Stundenlohn von in 0,50 Euro kommen. Material muss ja auch gekauft werden.

    lg
    Maria

    1. Oh, 50 Ct. das ist fürchterlich, hat aber wohl damit zutun, dass die Dinge keinen wirklichen Wert mehr haben, weil zuviel davon anderswo zum Spottpreis und unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert werden. Das ist wirklich so schade und ich überlege, wie sich das wieder umkehren lässt…

      1. Hallo Gabi!

        Ja, das hängt ganz sicher damit zusammen, dass in Textildiskontern Kleidung um einen Spottpreis verkauft werden. Wie das zustande kommt, ist eh bekannt.

        Gestern habe ich mir den Film mit den Sklaven angesehen (Du hast ihn auf YT dann auch gefunden) – das geht noch viel weiter als man auf den ersten Blick denkt. Wirklich schockierend!

        lg
        Maria

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