Meditation, Ideal und Realität – 10 Tipps, wenn es schwierig ist

Meditation als Ideal

Gebe ich den Begriff „Meditation“ mal in eine Bilder-Suchmaschine ein, dann entdecke ich dort vorrangig wunderschöne Landschaften, Sonnenauf- bzw. untergänge, kerzengrade Menschen im Lotussitz, mittendrin in diesen schönen Landschaften (siehe z.B. hier: https://www.ecosia.org/images?q=meditation )
Beim Begriff „Meditationsplatz“ tauchen in der Bildersuchmaschine dann viele Orte auf, die Ruhe, Harmonie ausstrahlen, meistens weiche und in schönes Licht getauchte Farben. (siehe z.B. hier: https://www.ecosia.org/images?q=Meditationsplatz&size=&aspect=&f=false ). Mir gefallen solche Bilder, sie strahlen viel Ruhe, Harmonie und oftmals auch Naturverbundenheit aus. Schon das Anschauen alleine macht Freude. Natürlich wäre es schön, die Meditation wäre dann bei mir genauso: kerzengerade im Lotussitz in einem wunderbaren Ambiente und ich bin selbstverständlich ebenso harmonisch und ruhig.

 

Meditation als Realität

Die Realität des Alltages ist oft ganz anders. Ich wohne beispielsweise im Ruhrgebiet. Hier habe ich schon mal keinen Sonnenaufgänge am Meer zur Verfügung. Palmen gibts schon mal gar nicht. Auch sitze ich höchst selten irgendwo alleine in der Natur, denn viele Millionen Menschen teilen sich hier eine begrenzte Menge Raum. Dass nicht immer idealtypisches Wetter ist, brauche ich – gerade zur Zeit – eigentlich nicht erwähnen.
Manchmal habe ich mich in einer Meditation aber trotzdem wunderbar ruhig gefühlt und dies natürlich sehr genossen. Aber machen kann ich eine solche innere Ruhe nicht. Meditation ist oft so alltäglich, unspektakulär – zumindestens bei mir. Denn in der Meditation habe ich nun mal mit mir und meinen ganz persönlichen, aktuellen und ganz alltäglichen Befindlichkeiten zutun – halt genau so, wie das Leben selbst auch ist und ich dies erlebe.

 

Meditation und Selbstfürsorge

Natürlich bin ich selbst auch innerlich manchmal sehr weit weg von irgendwelchen Meditations-Idealen. Entweder zwickt und zwackt es irgendwo im Körper, es mir gehen 1000 Dinge durch den Kopf oder ich bin überdreht und verspannt. Der häufig zu lesende Tipp, möglichst immer den gleichen Meditationsort zu wählen, funktioniert bei mir ebenso wenig, wie immer die gleiche Meditationshaltung zu wählen. Gerade in Phasen, wo ich festzustecke und wie erstarrt bin, helfen mir Varianten sehr viel mehr. Einfach mal den Ort ändern, die Haltung, die Zeit – das lockert meine Festgefahrenheit wieder. Manchmal habe ich längere Zeiten im Liegen meditiert oder häufiger Geh- und Sitzmeditation abgewechselt, mal mit und mal ohne CD-Anleitung geübt. Mir ist deutlich geworden, dass es besser ist, selbstfürsorglich darauf zu achten, was ich brauche, als das ich resigniere oder mir an irgendwelchen Meditations-Idealen die „Zähne ausbeiße“. Sind die schwierigen Phasen mal länger als gedacht, dann sind sie einfach da. Vielleicht gelingt es mir, sie zu begrüßen, achtsam wahrzunehmen, wieder zu verabschieden und zur Beobachtung meines Atems zurück zu kehren. Denn solche Phasen bleiben ja nicht für immer. Sie kommen und gehen ebenso, wie die Nacht vom Tag abgelöst wird oder das Einatmen vom Ausatmen.

Meditation, wenn es schwierig ist – 10 Tipps:

Gerade dann, wenn es schwierig ist, wenn das Kopfkino einen Film nach dem anderen dreht, körperliche Beschwerden überhand nehmen oder es sonstige Gründe gibt, warum das Meditieren schwierig bis unmöglich erscheint, hat sich nach meiner Erfahrung folgendes bewährt:

  1. Beständigkeit, Ausdauer
    Trotz allem versuchen, dran zu bleiben – und sei es nur 2 Minuten morgens auf der Bettkante oder nur 10 Atemzüge lang. 
  2. Gemeinsam meditieren
    In einer Gruppe zu üben, ist eine völlig andere Erfahrung und sehr wohltuend und hilfreicher, als „nur“ alleine Zuhause zu üben.
  3. Anleitungen suchen
    Sehr hilfreich ist, an Einzel- oder Gruppenangeboten von meditationserfahrenen Menschen teilzunehmen. Dies bringt nochmal ganz neue Perspektiven, Motivationen und im Idealfall auch persönliche Tipps und individuelle Unterstützung, wenn es mal schwierig wird. Natürlich ist es hierbei völlig in Ordnung und wichtig, genau hinzuschauen, ob es auch zwischenmenschlich passt und die vermittelten Ansätze ins eigene Leben und zum eigenen Typ passen.
  4. Beständigkeit nicht Starre!
    Variationen suchen, wenn es „klemmt“: Gerade im MBSR (Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion) gibt es vielfältige Achtsamkeitsübungen, die insbesondere Anfängern einen guten Einstieg ermöglichen: Sitzmeditation, Gehmeditation, achtsames Yoga, achtsames Essen, Alltags-Achtsamkeit – und selbst in der ZEN-Meditation mit den sehr klaren und festgelegten Haltungen und Strukturen, wechseln Sitz- und Gehmeditation ab.
  5. Meditation und Selbstfürsorge
    Es kann hilfreich sein, einmal zu versuchen, die Haltung, Tageszeit, Ort und Meditationsform bewusst zu verändern und dann schauen, wie sich dies anfühlt. Es kann sehr hilfreich sein, bewusst wahrzunehmen und auch auszuprobieren, ob ich beispielsweise besser morgens oder abends, in längeren oder kürzeren Intervallen meditiere und welchen Rahmen ich für mich brauche.
  6. Informieren und Erfahrungen sammeln:
    Nicht für jede/n passt alles gleich gut. Es haben sich im Laufe der Jahrtausende sehr unterschiedliche Meditations- und Achtsamkeitsformen und -ansätze entwickelt. Am besten vorher mal informieren, welche Übungsmöglichkeiten es in der Umgebung gibt, sich über die Meditationsansätze informieren und ausprobieren. Vielleicht passt aber auch die Achtsamkeit in der Bewegung sehr viel besser, als z.B. die Sitzmeditation.
  7. Meditation ist kein Heldentum.
    Auf besondere persönliche Einschränkungen unbedingt Rücksicht nehmen! Meditation ist kein Wettbewerb, es braucht keine heroisches Taten und Erfolge. Es gibt kein Siegertreppchen, keine Medaillen, keine ehrenhaften Auszeichnungen. 
  8. Ich muss Niemandem etwas beweisen
    – nicht mal mir selbst. 
  9. Weniger ist mehr – auch beim Meditieren.
    Gerade für Anfänger gilt: Besser langsam, allmählich und beständig – als schnell, viel, intensiv, aber unbeständig.
  10. Leistungsdenken gehört nicht zur Meditation
    Leistungsdenken darf – wann immer dies in der Meditation auftaucht – gerne auch wieder losgelassen werden. Selbst sehr erfahrene Meditierende kämen nie auf die Idee zu sagen: „Ich kann (besser) meditieren“. Sie sprechen eher davon, dass sie Meditation bereits einige Jahre länger üben.

–> Weiterführende Tipps:  Achtsamkeitsübungen

 

6 thoughts on “Meditation, Ideal und Realität – 10 Tipps, wenn es schwierig ist

  1. Schön ist es, nicht nur „ein Bild zu sehen“, während „meditiert“ wird, noch schöner, Bestandteil eines dieser Bilder zu sein – quasi im Bild sein.

    Klappt (bei mir) nur ganz selten. Dann aber reine Harmonie.

    1. Hallo Peter, „im Bild sein“ erinnert mich an die Situationen, wo es gelingt, wirklich präsent im jeweiligen Moment zu sein. Ich erlebe diese Momente immer sehr unterschiedlich, aber letztlich immer wohltuend.

  2. Hallo Gabi,
    danke für deinen klaren Worte zur Meditation. Ich kann dir in allen Punkten zustimmen. So isses.
    Manchmal ärgert mich es ein bisschen, wie im Netz die Meditation gehypt wird: „Ein bisschen sitzen und schon boostet es dich in andere Sphären…“ Dagegen tun deine realistischen Worte richtig gut.
    Viele Grüße, Dieter

    1. Hallo Dieter, es stimmt. Manchmal hatte ich auch schon den Eindruck, da sitzen manche Leute nicht beim Meditieren, sondern schweben einige Zentimeter über dem Meditationskissen. (Passendes Bild hier: http://www.hdwallpapers.in/walls/meditation-HD.jpg) Regelt sich aber früher oder später bei denen, die dran bleiben. Das dient zum Glück sehr der Bodenhaftung 😉 Meditation finde ich wertvoll, hat aber mit irgendwelchen Happy-Pillen nichts zutun.

  3. Hallo Gabi,
    danke, das hilft mir. Also ist es völlig in Ordnung nur die Übungen zu machen, die einem gut tun? Ich habe kein verkürztes Bein oder der schiefe Boden gleich das aus. Und ich atme mich zu sehr weg beim Zilgrei. Das ging mir schon immer so. Also wenn ich mich aufs Atmen konzentriere, atme ich zu viel Luft aus und zu wenig ein. Dann wird mir schlecht und neblig. Ich zähle vielleicht besser nur bis 3 oder 4 am Anfang statt bis 5. Das Perfekte wird sich dann schon von selbst mit der Zeit einschleichen.
    Liebe Grüße – Tanja

    1. Hallo Tanja, ich finde das Achtsamkeit gerade für so etwas sinnvoll ist: Festzustellen, was wirklich gerade los ist. Dann wäre es ja unsinnig, genau das, was ich als unsinnig erkenne, nicht zu verändern. Achtsamkeit ist ja kein Selbstzweck, es gibt zwar allgemeine Erfahrungswerte, aber die sind ja auch kein Gesetz. Beim Atmen gibts z.B. auch unterschiedliche Ansätze, z.B. einfach auch den Atem mal so fließen zu lassen, wie er von selbst kommt und geht. Ich finde, wenn überhaupt perfekt, dann ist es das, wenn’s zu mir selbst auch passt und ich auch die Chance habe, an Achtsamkeit und Meditation auch dran zu bleiben und nicht zu resignieren oder zu denken, „ich bekomme sowas nicht hin“.

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