Das digitale 33-Tage-Experiment – Teil 5: Resümee

Die 33 Tage sind seit gestern herum und nun ist die Frage, wo ich jetzt stehe – ein Resümee:

Der Einstieg

War die 1. Woche noch recht ungewohnt, deutlich weniger als üblich im Netz unterwegs zu sein, fiel mir nach ca. 2 Wochen auf, dass ich tatsächlich deutlich weniger interessiert war an irgendwelchen News, Videos und sonst was. Da fehlte nicht so wirklich etwas, was mich durchaus ein wenig erstaunte, da ich so schnell nicht damit gerechnet hatte. Das iPad Pro abzuschaffen und statt dessen ein 10 Jahre altes Oldschool-Macbook zu nutzen, war die beste Idee überhaupt.

Mal etwas austesten

Nach rund 3 bis 4 Wochen habe ich daher angefangen, dann doch bewusst etwas mehr auszutesten, um zu schauen, wie sich das anfühlt: Zwischendurch einfach mal YouTube aufrufen. Als ich nur die Seitenübersicht einzelner YouTuber aufgerufen und dann geschaut habe, ob und was mich da interessiert, war der überwiegende Teil der Inhalte uninteressant. Einige, wenige Videos angetestet, aber nach 2 bis 3 Minuten wieder ausgeschaltet.

Ich stelle fest: Bei Videos möchte ich (bewegte) Bilder, Szenen sehen. Steht da jemand nur vor irgendeinem Hintergrund und redet die ganze Zeit, (also die sog. „Quassel-Videos“) dann hat mich das vorher schon kaum interessiert. Diese Art Videos finde ich inzwischen fast unerträglich. Solche Inhalte kann ich an anderen Orten besser lesen – das geht schneller und ist nicht so langweilig und ausufernd.

Minimalismus finde ich auf YouTube auch ein wenig langweiliger werdend. Irgendwie immer die gleichen Themen in ähnlicher Aufmachung, wie „x Dinge, die ich als Minimalist nicht mehr kaufe“ etc. etc.  Bei den größeren Accounts fand ich es zudem schon auch nervig, wenn da überall plötzlich die gleichen Werbeeinblendungen auftauchen: Wildlinge, Blinkist, Everdrop, Armed Angel… Einerseits verstehe ich es, da diese YouTuber davon leben, andererseits ist es einfach grottenlangweilig und irgendwie nervtötend. Abschalten bzw. vorscrollen hilft. 😉

Nachrichten / tagesaktuelle Ereignisse

Der Büchereiausweis mit Möglichkeit, auch online Zeitungen zu lesen, hat es genau in diesem Punkt nicht gebracht. Ich fand vorrangig irgendwelche regionalen Zeitungen aus Kiel, Süddeutschland, Bielefeld und Co. Nicht eine einzige Zeitung hier aus der Gegend, in der ich hier lebe. Keine überregionale Zeitung – der komplette Reinfall.

Bücher über die Online ausleihen war auch kein schönes Erlebnis. Der Reader-Modus übers Handy ist komplett indiskutabel und grottig. Alles wirkte sehr Old-School – in dem Fall leider kaum zu gebrauchen.

Interessanter war da die sog. Bibliothek der Dinge. Man kann sich dort inzwischen alle möglichen Dinge ausleihen, Strommessgeräte, Nähmaschine, Beamer, Aktenvernichter, etc. etc. Das ist wirklich komfortabel, ausgeliehen habe ich mir bislang aber noch nichts. Das Strommessgerät interessiert mich aber dann doch.

Nachrichten möchte ich am liebsten lesen. Ich vermeide Videos und Bilder, soweit dies möglich ist. Gelegentlich mal eine Wochenzeitung funktioniert auch gut. Weitere Gelder zu investieren, um Beiträge hinter irgendwelchen Bezahlschranken zu lesen, dazu bin ich nicht bereit. Ich zahle ja schon 18,36€ monatlich an Rundfunkgebühren und finde, das reicht dann auch.

Alltags-Achtsamkeit: Online-Hopping vermeiden

Wichtiger als irgendwelche genau festgelegten Onlinezeiten ist für mich: Bloß nicht von einem zum nächsten Beitrag klicken. Also bloß kein Online-Hopping. Das ist, als wenn man mit einem Schiff auf hoher See unterwegs ist und sich einfach von den Wellen irgendwo hin treiben lässt, anstatt mal das Steuer in die Hand zu nehmen. Nicht das, was mir ins Auge springt bzw. vor die Nase gesetzt wird ist wichtig, sondern jeweils die Inhalte, wo es einen persönlichen Bedarf an Information oder Unterhaltung gibt. Letztlich ist dies auch eine Form der Alltagsachtsamkeit: Erst einmal in sich hinein spüren, bevor man sich von all den Onlineangeboten zu sehr ablenken lässt – bzw. spätestens dann Innehalten, wenn man merkt, dass genau diese Ablenkerei und Online-Hopping gerade wieder passiert. Das ist im übrigen letztlich genau das Prinzip einer Atem-Meditation – nur eben angewandt auf die Surferei im Internet.

Der Luxus, auswählen zu können

Luxus ist nicht die goldene Uhr am Handgelenk oder irgendein teurer Schnickschnack. Luxus ist, auswählen zu können. Wir haben heute die Wahl, Menschen am andere Ende der Erde über die digitalen Welten kennenzulernen. Wir können uns aber auch im konkreten, analogen Leben begegnen.

Es ist ein unglaublicher Luxus, entscheiden zu können, ob ich mir diese oder jenen Videos anschaue oder Nachrichten lese und welche Dingen ich in mein Leben lasse oder nicht. Es ist der Luxus der freien Entscheidung und diesen Luxus möchte ich mir möglichst gut erhalten. Dazu gehört natürlich auch die Entscheidung, ob und wann ich das Digitalgerät einschalte oder eben auch bewusst mal auslasse. Es lohnt sich.

 

Die vorherigen Beiträge zum digitalen 33-Tage-Experiment:


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11 thoughts on “Das digitale 33-Tage-Experiment – Teil 5: Resümee

  1. Liebe Gabi,

    das mit den Minimalismus-Videos ist mir auch aufgefallen. Ich hatte vermutet, weil ich doch schon tief in dem Thema drin bin, kenne ich einfach schon alles. Ich klicke die Videos gar nicht mehr an. Wir hatten dank dem Urlaub 30 Wochen digitale Auszeit mangels WLAN vor Ort, mein kleines Paket am Handy reicht gerade so für das Wichtigste und ich habe die Auszeit bewusst angenommen.
    Wir hatten zwar die Möglichkeit, aber die habe ich nur zum runterladen neuer Bücher genutzt.
    Auch ich finde die Werbung furchtbar in den Videos, dieses „Sponsor des heutigen Videos…“ aber ich kann verstehen, dass die Menschen sich so finanzieren. Ich spule dann einfach vor, trotzdem interessiert mich nach dem Urlaub weniger. Ich lese viel lieber, da ich hochsensibel bin ist lesen für mich einfacher und besser.
    Alles in allem habe ich für mich festgestellt, dass mir weniger online gut tut. Interessant finde ich auch den Aspekt des Online-Hoppings. Es gibt so viel im Internet was interessant erscheint, da nicht weiterzuspringen von einem zum nächsten ist wirklich schwierig.
    Tolles Experiment.
    Liebe Grüße
    Julia

    1. Manchmal ist fehlendes WLAN eben – zum Glück – keine Katastrophe. Das freut mich, dass du dies genießen konntest. Mit etwas Abstand ändert sich da wirklich einiges – ging mir genauso.

  2. Hallo Gabi,

    dein Experiment habe ich gespannt mitverfolgt. Ehrlich gesagt empfinde ich es mittlerweile als recht schwierig, digitale Nutzung komplett aus dem Leben zu verbannen, so ubiquitär ist sie geworden.

    Deine Entscheidung und Beweggründe, sich von deinem Tablet zu trennen und zurück zum Laptop zu gehen, finde ich kurios und nachvollziehbar zugleich. Auf das Schreibgefühl am Laptop möchte ich nämlich definitiv nicht verzichten. Manche Dinge erledige ich aber auch lieber am Tablet. Am ehesten würde ich mich aktuell vom Handy trennen, aber aus Gründen der Praktikabilität geschieht auch das nicht.

    Am meisten hilft mir, konkrete Zeiten für konkrete Aktivitäten im digitalen Raum festzulegen. Meine Bildschirmzeit bekomme ich zwar wöchentlich angezeigt, aber wirklich aussagekräftig ist sie nicht. Die auf Arbeit wird nicht mit erfasst und überhaupt sind die Geräte nicht so weit synchronisiert, dass die Bildschirmzeit zentral erfasst wird. Außerdem hängt es für mich sehr stark davon ab, was ich mit der Bildschirmzeit anstelle: Lasse ich mich stundenlang von Videos berieseln oder schreibe ich Texte für meinen Blog?

    Alles Liebe
    Philipp

    1. Digitale Geräte komplett zu verbannen, scheint mir auch reichlich unrealistisch. Daher wollte ich auch nicht so eine mehrtägige Challenge und das Handy komplett zu verbannen. Das ist einfach nicht die Realität. Eher rausfinden, wie eine gute Nutzung aussieht – das ist sozusagen die eigentliche Challenge. Diese Bildschirmzeiten-Aufzeichnungen sind nur so halbe Sachen habe ich festgestellt. Tatsächlich macht es eben einen Unterschied, was ich da genau mit diesem Gerät mache. Der Einfachheit halber schaue ich aktuell vorrangig, wo ich die Geräte mal einfach nicht brauche. Beispielsweise sollte das Smartphone nicht das Teil sein, was ich abends als letztes und morgens als erstes in der Hand habe. Beim Treffen mit Freunden oder im Restaurant brauche ich es auch nicht auf dem Tisch liegen haben, sondern kann es mal verstauen. Halt solche Dinge finde ich ganz hilfreich.

  3. Ich habe dein Digitalexperiment in den letzten Wochen verfolgt. Durch deine bewusstere Auswahl hat sich die Gesamtzeit in der digitalen Welt verringert. Meinen Frage: Was machst du mit der freigewordenen Zeit? Steht sie jetzt leer da? Wurde sie mit anderen Aktivitäten gefüllt? Oder sind zeitliche Überscheidungen wegefallen? (Manche Leute daddeln mit dem Smartphone und schieben sich nebenbei Essen in den Mund).

    1. Vorrangig habe ich Multitasking vermieden, genauer: vermeide ich immer noch. D.h., bloß nicht irgendwas parallel – und sei es nur die Tasse Kaffee. Das ist anfangs ungewohnt, aber der Tagesablauf wird deutlich entspannter. Auch gehe ich abends deutlich früher ins Bett, da ich meine Müdigkeit mehr spüre. Bei mir ist also alles etwas langsamer geworden. Ein paar mehr Dinge habe ich auch endlich abgearbeitet. Ich bin noch einiges Zeugs losgeworden, was ich schon ewig herum liegt und abgegeben werden sollte, mehr Spaziergänge, mehr Zeit für Gespräche oder schriftlichen Austausch, etc.

  4. iPad vs Mac Book Air… – das neue zum Testen georderte IPad musste meine Wohnung ganz schnell wieder verlassen! Ich mag mein inzwischen 8 Jahre altes Mac Book Air 13 immer noch total gern und es funktioniert ohne Einschränkungen! In Kombi mit meinem „Büro IPhone“ unschlagbar. Mehr brauche ich an Electronic Gedöns nicht…

    1. Oh, das ist ja interessant – geht ja in die Richtung, wie es auch bei mir ist. Ich bin froh, dass es mit dem Laptop jetzt etwas gemächlicher zu geht. Der muss erstmal angestellt und hoch gefahren werden. Nicht alles ist gleich verfügbar. Ich finde das angenehm.

      1. Ich finde es einfach auch von der Haptik angenehmer. Man muss nicht extra noch eine Tastatur und den Pen mit dabei haben, sondern das Teil ist einfach wie es ist einsatzbereit. Das Hochfahren geht, finde ich, sowieso recht schnell und der Akku hält auch (noch) sehr gut 😊.

  5. Umso schöner, wenn man seinen Kanal gefunden hat, wo die Person gerne nur quatschen kann. Ich hör’s mir stundenlang an. Aber das ist wirklich ein Netzfund und eine Seltenheit. Davon werde ich gerne süchtig.

    Egal ob Wellengang, Rolltreppe wie Thorsten sagte, oder ich nenne es Kirmesgefühl. Dann lieber die Reißleine ziehen.

    1. Oh, da hast du wirklich Glück – wobei mir dabei gerade auffällt: Stundenlang ginge bei mir auch beim Mega-Lieblingskanal nicht, da spielt vermutlich auch meine Höreinschränkung rein. „Normalhörer“ sind da natürlich ausdauernder als ich.

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