Der achtsam-minimalistische Blick über den Tellerrand

Manchmal finde ich es sehr hilfreich, einfach mal komplett über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Gedanken, Lebensstile und Eindrücke, die jenseits von meiner üblichen Lebenswelt sind. Dies nicht, weil ich jetzt mein eigenes Leben komplett verändern und auf den Kopf stellen will, sondern einfach als „Blick über den eigenen Tellerrand“ hinaus, um die eigenen Perspektiven und Gewohnheiten zu hinterfragen. Sowas erweitert den Horizont. Dazu muss man nicht einmal um die halbe Welt reisen, ein kleines Video reicht da manchmal aus.

Ein solches Video ist:

Why LESS is More

Nick Keomahavong ist ein buddhistischer Mönch. Er hat thailändische Wurzeln, ist in den USA aufgewachsen und hat dort eine Psychotherapeutenausbildung absolviert. Er kennt also ganz unterschiedliche Kulturen. Nick Keomahavong beschreibt in dem Video den einfachen, konsumreduzierten Lebensstil aus der Sicht des Buddhismus. Unser westlicher Konsumstandard und die Probleme, die daraus entstehen können, machen einen Blick auf den Minimalismus aus der buddhistischen Sicht für mich interessant.

Um es gleich zu sagen: Ich plane kein Leben als Buddhistin, ich werde mir keine aus zwei Sets bestehende orangene Garderobe kaufen, meine Haare werden auch künftig eine „übliche“ Länge haben. 😉  Mir steht nicht mal der Sinn nach irgendeiner Variante von westlichem Extrem-Minimalismus. Auch künftig wird die Anzahl meiner Besitztümer, die Menge der in dem Video gezeigten „Blue box“ übersteigen.

Es ist lediglich dieser Blick aus der Perspektive eines ganz anderen Lebensstils, einer ganz anderen Welt. Diese Sichtweise von Außen auf unseren westlichen Lebensstil mit all den durch übermäßigen Konsum selbst produzierten Problemen und Kompliziertheiten. Das finde ich interessant und inspirierend, insbesondere bei der Überlegung, welche Dinge mir mehr Umständlichkeiten bereiten, als das sie wirklich hilfreich sind. Daher möchte ich auch das Video mit euch teilen.

Mir machte es nochmal deutlich, wieviele Unständlichkeiten und Schwierigkeiten, wieviel Arbeit wir uns mit unserem ganzen „Klimbim“ aufhalsen. Und sowas bezeichnen wir dann als bequem und komfortabel…

Hinweis: Das Video ist englischsprachig, deutsche Untertitelung ist möglich (und inzwischen sogar recht verständlich)

 

24 thoughts on “Der achtsam-minimalistische Blick über den Tellerrand

  1. Sehr witzig…. ich habe mir aus völlig anderem Grund im letzten halben Jahr selbst die Haare von lang ( mit Zopf) erst auf mittellang, dann zu ganz kurz geschnitten ( keine Glatze….).
    Nach kurzer Zeit ist mir aufgefallen, dass ich keinen Fön mehr brauche (wahrscheinlich auch nicht im Winter), keinen Heißluftlockenstab ( als Reise/Sport-Fön benutzt) keine dicke Rundbürste oder andere Bürsten ( in der Sporttasche gefunden), kein Haarschaum, kein Glätteisen, kein Haargummi, keine Haarklammer etc. …. Die Sachen habe ich zusammengesammelt in einem Karton.
    Nun kommt mein Dilemma: Minimalismus vs. Nachhaltigkeit
    eigentlich will ich es nicht aufheben, denn ich bin ganz glücklich mit den kurzen Haaren. Kann aber schon sein, dass ich in fünf Jahren wieder längere Haare möchte….
    Die elektrischen Geräte funktionieren zwar noch, sind aber nicht in einem Zustand, dass sich irgendwer darüber freuen würde. Die Bürsten (Hygieneprodukt) kann man auch nicht spenden, selbst den Haarschaum wird wohl keiner aufbrauchen. Also alles zum Recyclinghof oder in den Müll? liebe Grüße
    Tina

    1. Solche Entscheidungen finde ich auch recht schwierig. Wobei man bei Ebay-Kleinanzeigen nicht selten die Sachen noch verschenkt losbekommt – zumindestens die elektrischen Teile.

    2. Wenn ich lese, was Du so alles für die Haare hattest/ brauchtest, verstehe ich, warum ich mit meinen Haaren nicht klar komme: sozusagen längere Kurzhaarfrisur. Ungeeignet zum Lufttrocknen. Am nä. Dienstag wird es eine pflegeleichte Kurzhaarfrisur – ich freu mich drauf!

  2. Hallo Gabi,
    vielen Dank für deinen wunderbaren Blog. „Food for thought“ würde man das hier bei uns nennen. Kennst Du eigentlich Tenzin Palmo? Eine der ersten britischen buddhistischen Nonnen? Ihre Biografie ist absolut inspirierend. Auf YouTube kann man ein schönes Video mit dem Titel „An English Woman Who Becomes a Buddhist Monk!“ dazu finden.
    Minimalistische Grüße von hier nach dort

    1. Nein, Tenzin Palmo und das Video kannte ich nicht – habe es mir aber angeschaut. Auch wenn ich wirklich überhaupt nicht nachvollziehen kann, warum jemand 12 Jahre lang ein Retreat in einer Höhle macht, ist das natürlich beeindruckend, wie sich Tenzin Palmo für die Gleichberechtigung von Frauen im Buddhismus, speziell in buddh. Klöstern einsetzt.

      Mir machte es nochmal deutlich, dass Meditation aber auch kein Allheilmittel ist. Da befassen sich die Mönche täglich mit Metta-Meditation und Meditation der liebenden Güte, da geht es um Einssein und Verbundenheit mit allen Lebewesen etc., aber das Frauen den gleichen Zugang zum Buddhismus bekommen, muss erst mühsam durchgesetzt werden. Man bzw. frau kann es kaum fassen…

  3. Ja es ist so. Nicht wir haben die Dinge, sondern die Dinge haben uns. Um alle Dinge, die wir haben, müssen wir uns kümmern. Das kostet Zeit und Kraft. Über die Anzahl der Dinge, die wir besitzen können wir unsere Auslastung steuern.

  4. Ach schade das mein Englisch nicht so gut ist.Wie kann ich das mit den Untertiteln aktivieren?
    Ich habe mich eine Zeitlang auch mit der buddhistischen Lehre beschäftigt und viele Vorträge von Ayya Khema gelesen und gehört.Hin und wieder frische ich das auf.Es kann ja nicht verkehrt sein achtsam zu leben und sich besser kennenzulernen.Wenn man bedenkt das alles auf irgendeine Weise Konsequenzen hat und miteinander zusammenhängt geht man bedachter mit Dingen,Menschen ,der Welt um.Ich weiß aber auch wie schnell ich mich ablenken lasse und auch in alte Muster verfalle.

    1. Die Untertitel auf deutsch kannst du so aktivieren: Im Youtube-Video ganz unten rechts sind 5 Symbole (bzw. 4 Symbole und 1 Youtube-Schriftzug). Das linke (eckige) dieser 5 Symbole anklicken. Dann daneben auf das Zahnrad klicken und dann auf Untertitel – deutsch.

      1. Hm,geht bei mir nur auf Englisch.Aber macht nichts.Ein bischen kenne ich die Einstellung aus dem Theravada Buddhismus.

    2. Wer sich für Buddhistischen Dharma in deutscher Sprache interessiert, empfehle ich Euch auf YouTube den Kanal Tibetisches Zentrum Hamburg speziell von Oliver Petersen. Sehr knackig, hochkarätig, weitsichtig und im Alltag anwendbar. Ich habe alle Vorträge schon gehört und viele auch mehrmals. Jeden Montag und Freitag finden Livevorträge statt. Wirklich für Interessierte ein wahrer Schatz. Und did Lehre sollte man kontinuierlich PFLEGEN , geistig, methodisch und praktisch in der Meditation – das trägt mit der Zeit Früchte. Gelassenheit, Ruhe, Mitgefühl, Gleichmut und geistige Wachsamkeit, Konzentration und innere Freude, Zufriedenheit und Glück. Probiert es aus, ihr werdet es nicht bereuen. Herzliche Grüsse aus dem Appenzellerland Schweiz.

  5. Es ist ein Akt der Selbstregulation. Ich kaufe immer Vortäte, wenn mein Immunsystem runterfährt. Und wenn es mir zu viel wird an Ansprüchen, die an mich gestellt werden, reduziere ich Dinge. Wenn ich was Neues beginne, sammele ich Dinge. Ich räume aber schon lange nicht mehr um vor meiner Periode oder bei Unzufriedenheit. Sonst räume ich danach alles wieder zurück. Ich putze dann lieber. Davon hab ich später noch was. Irgendwann ist ja auch alles optimiert und es reicht 2 mal im Jahr, wenn sich die Jahreszeiten ändern, die Klamotten durchzusehen.

    Ich hab jetzt einen Schlüssel weggeworfen mit telefonischer Begleitung. Es gibt die Haustür dafür nicht mehr. Fiel mir trotzdem schwer. „Man wirft doch nicht einfach einen Schlüssel weg.“ Manche Glaubenssätze sind echt komisch.

    1. Was du beschreibst ist ein positiver Effekt von Minimalismus: Nicht nur freiere Räume, sondern im Laufe der Zeit ein besseres Gespür dafür zu bekommen, wie man selbst tickt, wann man was kauft, verkauft, sammelt, abgibt, etc. etc.

  6. Jede Veränderung beginnt im Kopf. Solange es keine bösen Gedanken sind und man sich selbst und niemanden wissentlich schadet, sollte man intuitiv handeln und den Impulsen nachgehen. Woher soll man sonst wissen, was für einen richtig ist? Niemand kann uns sagen, was für uns das Beste ist. Das erfahren wir nur selbst. Durch die Erfahrung des jeweiligen Moments. Man kann Dinge nicht beurteilen, die man selbst nicht versucht und somit erlebt hat. Menschen denken zu viel. Aber sie fühlen zu wenig. Unsere angeborene Intuition geht uns zunehmend verloren, in einer Welt, welche uns von klein auf vorschreibt, was richtig und was falsch für uns ist. Welche uns Illusionen und Träume anbietet, statt die Realität selbst entdecken zu lassen. Man kann jetzt fragen, was die Realität ist. Viele sagen, daß jeder seine eigene Realität inne hat. Doch das halte ich am Ende für zu viel esoterischen Enthusiasmus. Alles hat Grenzen. Wir leben alle in der gleichen Realität. Was uns unterscheidet, ist die Wahrnehmung dieser. Jeder empfindet anders. Jeder besitzt ein anderes Gefühl für die Welt und alles in ihr. Das gilt es zu begreifen. Dann schaffen wir es uns gegenseitig zu akzeptieren.

    Grüße an alle Leser…

    1. Illusionen, die uns allerorten verkauft und angepriesen werden: Wie schnell kann man dem tatsächlich „auf den Leim gehen“: Mit dem nächsten Smartphone, dem größeren Haus,… mit dem alles angeblich besser wird. Aber auch in umgekehrter Richtung könnte es so gehen: „100-Teile-Extrem-Minimalismus“ – schon geht alles vermeintlich wie von selbst? Oder: Mit einer orangenen Robe in ein Zelt ziehen und schwupps bist du glücklich? So einfach ist es bei weitem auch nicht. Es gehört auch die innere Auseinandersetzung mit dazu.

  7. Den Gedanken der Übersprungshandlung finde ich äußerst spannend! Da wird im Außen gesucht, wo die Ursache im Innen ist. Umgekehrt machen sich innere Veränderungen auch im Außen bemerkbar. (Neuer Haarschnitt, schlanker/ kräftiger…).

    Bei einer Freundin in der Nachbarschaft ist der Mann verstorben. Leider war er ein Sammler und sie kämpft jetzt mit den Hinterlassenschaften. Von Minimalismus hat sie garantiert noch nichts gehört, aber mit jedem Sack der die Wohnung verlässt, fühlt sie sich leichter. Ich bin mir sicher, dass sie – nach der akuten Trauerphase – auch an Gewicht verlieren wird. Es macht Freude – so unpassend das unter den Umständen auch klingen mag – ihr dabei zuzusehen, ihre Wandlung zu begleiten. Bin gespannt, wie das weiter geht.

    1. Was du beschreibst von der Nachbarin, da wird beeindruckend deutlich, welche Auswirkungen es hat, wenn zuviel Kram da ist.

      1. Das mit dem Schlüssel ist originell. Lässt mich schmunzeln; gleichzeitig kann ich es nachvollziehen. Staune manchmal selber über Glaubenssätze die fest verankert sind. Warum? bzw. Warum eig. nicht? lautet dann mein inneres Zwiegespräch.

      2. … das meiste ist „Kram“ bei der Nachbarin. Ich berichte später mal, wie es weiter ging. Liebe Grüße an alle!

  8. Bei mönchischem Extremminimalismus frage ich mich auch, was zuerst kommen muss: Der Mimimalimus oder die innere Zufriedenheit?

    Was nutzt es, wenn man Besitz, der eigentlich ein anderes Bedürfnis zu erfüllen versucht, dann durch andere Strategien bzw. „Übersprungshandlungen“ ersetzt? (z.B. sich durch Essen statt durch Shopping zu belohnen. Oder trotz nicht besessenen Büchern, einem TV oder einer Playstation, etc. sein Bedürfnis nach Eskapismus mit dem verbliebenen Smartphone auslebt statt die Freizeit zur Meditation zu nutzen?

    1. Der Minimalismus ist dort in dem gezeigten Beispiel letztlich nur Mittel zum Zweck. Und in der Form funktionieren dann die Übersprungshandlungen nicht.

      Man muss ja nicht gleich zwingend meditieren, man kann ja auch einfach mal „nix“ machen. Loriots „Hermann und Beate“ lassen grüssen 🤣
      https://youtu.be/ToEyauHWd9w

  9. Ich würde schon gerne eine leicht zu pflegende Glatze und nur 2x dasselbe Kleidungsstück haben. Nur leider wird an uns layperson gesellschaftliche Erwartungen gestellt, denen man sich nicht ganz entziehen kann. Und unserer Wetter ist auch nicht so Roben & Sandalen geeignet im Winter.

    Dass Besitz anderen Besitz nach sich zieht, habe ich in letzter Zeit aber wieder einmal gemerkt. Ich glaube das dauert noch, bis ich das auch wirklich verinnerlicht habe. (Kreative Hobbies & Minimalismus passen einfach nicht zusammen. :-/ Ich werde etwas an meiner Einstellung zu meinen Hobbies ändern müssen.)

    Dein letztes Posting hat mich allerdings überlegen lassen, ob das Loslassen von Dingen eventuell genauso eine Übersprunghandlung ist, wie das Habenwollen von Dingen. Eigentlich will man etwas ganz anderes loswerden (z.B. die ungeliebte Arbeitsstelle, Chaos im Kopf/den Gefühlen, etc. . Da das nicht geht, versucht man die Erleichterung durch das Minimieren von Dingen zu erlangen.

    1. Den Wunsch mit den Haaren hast nicht nur du. Läuft heutzutage unter dem Namen „buzzcut“ – viele Frauen entdecken das gerade. Ich kann es sogar nachvollziehen. Ich denke, da hängt wirklich vieles an den gesellschaftlichen Konventionen.

      Es ist wirklich die Frage, ob man durch Loslassen von Dingen ggf. ähnliches erreichen will, wie zu früheren Zeiten durch das Habenwollen. Bei mir war es so: Es ging um Stressreduzierung – deshalb zu früheren Zeiten der Konsum (mir was gönnen als Ausgleich) und irgendwann die Konsumreduzierung. Da konnte ich mir dann Teilzeitarbeitsstelle auch leisten. Hatte beides den gleichen Hintergrund, wobei Konsumreduzierung dann ja zumindestens erfolgreich war.

    2. Sich solche Art von Fragen, wie du sie in den Raum stellst, finde ich auch tausend mal spannender, als die genaue Anzahl von Kaffeelöffeln, die reduziert wurde: WARUM mache ich es so und nicht anders…?

      1. Ich sehe da eine große Parallele zur Gewichtsreduktion: Die Hintergründe fürs Essen wie fürs Konsumieren über das Notwendige hinaus werden oft die selben sein.

        Und genau wie bei der Gewichtsabnahme kann man mit Besitz-Minimieren viel loswerden. Nur wenn man sich der Hintergründe nicht bewusst ist, schleicht sich Gewicht und der Kram sicher bald wieder ein, weil man in alte Muster zurückfällt.

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