Minimalismus – 10 Fragen an: Janina

Minimalismus – 10 Fragen an… ist eine kleine Reihe, in der (in unregelmäßigen Abständen) Leser/-innen meines Blogs zu Wort kommen, um die Vielfältigkeit des minimalischen Lebensstil deutlich werden zu lassen.

Heute:  Janina

1. Wie ist deine jetzige Wohn- bzw. Lebenssituation?

Wir leben zu viert in einem Reihenhaus mit 140 qm. Uns persönlich ist das Haus zu groß geworden und wir träumen von einem kleineren Haus, dafür aber mit mehr Garten und im Grünen. Ob und wie sich das realisieren lässt (wir wollen aus unserem Ort nicht weg), werden wir noch sehen.
Wir haben fast nur noch Gegenstände im Haus, die wir brauchen und benutzen. Ich schreibe mit Absicht „fast“, weil wir noch Kinder im Haus haben, die natürlich gerne mal Dinge von ihrem Taschengeld für sich kaufen, die sie gar nicht brauchen. Wir haben es hier gemütlich: Wenig Deko, viel weiß, viel Naturholz und farbliche Highlights. Alles passt farblich und stilistisch zusammen.

2. Warum hast du mit dem Minimalisieren angefangen?

Vor einigen Jahren hatten wir das Gefühl, dass unser Haus zu klein wird. 😉 Zuerst fing ich an, mich unwohl zu fühlen, mein Mann zog es dann auch mit. Ich hatte das Gefühl, von allem zu viel zu haben, zudem passte vieles gar nicht zusammen. Das hat mich gestört. Also haben wir angefangen, alles schöner zu gestalten, ganz im Sinne des skandinavischen Wohnstils. Und dann kam eins aufs andere: Mit dem losgewordenen häuslichen Ballast, fühlte ich immer mehr all den Ballast, den wir im Alltag mit uns herumgetragen haben. Wir haben uns dann mehr und mehr von Gegenständen getrennt, berufliche Entscheidung für mehr Freiheit getroffen und unsere ganze Lebenseinstellung verändert. Eine Veränderung resultierte auf die Vorherige und baute darauf auf. Es ist und bleibt ein spannender Weg, bei dem sich immer neue Wege auftun.

3. Was denken andere Menschen (Familie, Freunde, Nachbarn, …) über dein Loslassen von Dingen?

Es gibt viele Menschen, die das toll finden, was wir machen. Wir bezeichnen uns aber nicht als Minimalisten, sondern als eine Familie, die minimalistischer und nachhaltiger lebt. Dadurch öffnen wir keine Schubladen und wirken nicht „extrem“. Das öffnet bei unseren Mitmenschen Türen und wir merken immer wieder, dass wir Vorbilder sind. Das ist total schön.

4. Am leichtesten ist mir gefallen …

… auf Konsum zu verzichten. Es war zwar ein längerer Prozess mit Aufs und Abs, aber das hat erstaunlich gut geklappt. Motiviert hat mich u. a. auch der Gedanke, was ich alles an Geld spare. Außerdem das Verschenken und Verkaufen der aussortierten Gegenstände.

5. Am schwersten fand ich …

… unsere 31-Tage-Minimalismus-Challenge. Wir sortierten analog zu den Tagen entsprechend Gegenstände aus. Am Anfang war das ziemlich leicht, aber als wir in den zweistelligen Bereich kamen, wurde es herausfordernder, zumal die ganzen Sachen ja auch aus dem Haus geschafft werden mussten. Das war eine sehr einprägsame Challenge, die uns auch im Wesen total verändert hat. Unsere Challenge haben wir auf unserem Blog dokumentiert, falls sie dich interessiert.

Ganz neu kommt noch hinzu: Das Trennen von meinen Büchern. Jahrelang konnte ich das einfach nicht, es war viel zu schwer für mich und plötzlich war der Moment da, an dem ich mein Regal aussortierte.

6. Auf keinen Fall würde ich noch mal …

… so viel Geld für unnützes Zeug ausgeben, mein Haus vollstellen und angeblichen Schnäppchen verfallen.

7. In jedem Fall würde ich noch mal …

Wow, diese Frage lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Ich glaube, es ist das Aussortieren. Das macht mir einfach viel Spaß. Es ist einfach befreiend, sich von Ballast loszumachen und Struktur und Klarheit zu erlangen.

8. Welches praktische Vorgehen hat sich bei dir bewährt?

Wenn ich schöne Dinge sehe, schlafe ich eine Nacht drüber, anstatt sie direkt zu kaufen. Außerdem frage ich mich, warum ich sie kaufen möchte (geht es mir vielleicht nicht gut und ich möchte was kompensieren?) und was mir dieses Ding bringt. In den allermeisten Fällen entscheide ich mich gegen einen Kauf. Außerdem muss jedes Teil seinen Platz haben: Liegt etwas nur rum und hat keinen festen Platz, kann es in der Regel auch weg.

9. Welche Vorteile hat es für dich, weniger Dinge zu besitzen?

Ich fühle mich strukturierter, habe mehr Orientierung und Klarheit. Wenn zu viele Dinge rumliegen, fühle ich mich schnell überfordert. Somit ist es total gut für mich, weniger zu besitzen. Außerdem spart es massig an Geld und ich bin zufriedener.

10. Gibt es noch etwas, was du mitteilen willst?

Minimalistischer und nachhaltiger zu leben ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen zu vollziehen gibt. Ein Schritt kommt nach dem nächsten, mal geht es ein paar Schritte vor, mal zurück. Mal schließen sich Türen und mal öffnen sich neue Wege. Es ist einfach eine spannende Reise, in der man viel über sich lernt, sich verändert und ein neues Leben beginnt.
Über unseren Weg, mit allen Erfolgen und Misserfolgen bloggen wir auf www.gruenesfamilienleben.de.

 

graues, schlichtes Sofa mit Holzbeinen in einerZimmerecke, davor ein heller Holzhocker als Sofatisch

 


Zum Weiterlesen:

 

8 thoughts on “Minimalismus – 10 Fragen an: Janina

  1. Erst war das Haus zu klein, nach dem Entrümpeln ist es zu groß – das ist spannend. Ich habe das öfter bei meinen Schränken so gemacht. Aber bei einem ganzen Haus, wow – das hat was von: Minimalismus gegen die Wohnungsnot. Ok, ist ein bisschen vereinfacht – aber weniger Zeug heißt ja auch weniger Platzbedarf, das ist einfach so.

    1. Hallo Lena,

      ja, das ist wirklich verrückt! Deshalb auch der Smilie dahinter, ich muss da immer wieder schmunzeln. Unser Haus wurde damals nicht wirklich zu klein, es fühlte sich einfach nur so an. Niemand, der unser Haus betreten hat oder hätte, hätte jemals gesagt, dass es zu voll gestellt war. Wir waren auch keine Messis oder so. Es war einfach eine allgemeine innerliche Veränderung, die in mir losgetreten ist und so kam eins aufs andere.

  2. Wunderschön!

    Ich bin in einem 2-Familienhaus groß geworden, das die Großeltern in den 30-iger Jahre gebaut hatten. Dort lebten die Großeltern, die Eltern, 2 Kinder. Wobei Opa starb als ich 4 Jahre war. Die Fläche sind ca. 74 qm, 3 Zimmer. Eine Bühne; Souteraine, Wäschküche, Keller. Hinten ein Höfle vorne ein Vorgarten. kleine Garage .

    Heute? Ich leb alleine auf 48 qm, 2 Zimmer. Luxus. Ich hab bewußt gegen sehr hohe Möbel entschieden, obwohl ich wegen Dachschrägen wegen Stellmöglichkeiten habe. 1,80 hoch ist der Kleiderschrank, der Bücherschrank, die Anrichte. Okay, ich hab zuviel Zeug. Ich will wieder ausmisten. Mir fehlt die Zeit und Kraft dazu. Vllt. bedingt das eine oder andere?

    In 50-iger Jahre dachte niemand an Ausmisten oder Ordnungscoach, Minimalismus. Ab den 70-iger Jahren fing es an mit Konsum. Es war wichtig, zu einer Gruppe zu gehören, im Fernsehen eine Serie angucken und mitreden. Das war der eine Aspekt. Der andere: ich wollte sovieles ausprobieren.

    Die Jahre gingen vorüber. Was hatte sich geändert? Sicher man nicht mehr wegen Handtücher ins Fachgeschäft. Man kauft leichter was. Wobei bei einigen Sachen ewig suche. Noch heute verbindet man etwas mit dem Krust. Sicherheit, Status, Dazugehörigkeit. Auch gute Gefühle. Wünsche und Träume.

    Vieles ist einfach nur angenehm. Dieses Jahr ist viel Homeoffices angesagt. Den Sommer über, ich sparte mit Klamotten. Nein, kein schlabbriger Jogginganzug, sondern da waren auch Teile dabei, damit hätte ich nicht ins Gschäft gehen können. Saubere Freizeitmode. An den Füßen oft nur bequeme Wandersandalen. Jacke brauchte ich selten.

    Gerade scheint der Mond durchs Fenster. So schön!

    Ich finde so gut, daß man mehr auf sich achten kann, was ich brauche, und nicht was sich gehört. Damit tue ich mich doch etwas schwer.

    1. „…was sich gehört…“ ? an sowas kann ich mich auch noch erinnern. Es ist sehr befreiend, sich darum nicht kümmern zu müssen. Bei mir war es: Gefahr erkannt (erlernte Automatismen, Gewohnheiten, Standards, ungeschriebene Regeln), Gefahr gebannt (brauch ich nicht). Das geht aber zugegeben nicht von heute auf morgen. Es dauert seine Zeit.

      1. Die Gefahr in jungen Jahren ist, sich mit Besonderheiten sozial zu isolieren. Jetzt wo ich älter bin ist es mir egal, was andere denken. Mit Internet ist es heute aber auc h einfacher nicht als Ausnahme in Zweifel zu geraten. Gesellschaftliche Zwänge nehmen etwas ab.

    2. „ Ich finde so gut, daß man mehr auf sich achten kann, was ich brauche, und nicht was sich gehört“

      Das stimmt so sehr! Wie Thorsten und Gabi schon sagen: Je älter man wird, desto mehr egal werden einem die Meinungen anderer. Ich selbst habe das Gefühl, viel mehr zu wissen, wer ich bin und was ich will. Und dafür stehe ich mehr und mehr ein, egal was andere sagen.

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