Konsum-Irrsinn

Gestern war ich auf dem Weg zum Minimalismus-Stammtisch. Bis zum Hauptbahnhof bin ich zu Fuß gegangen. Dieser Fußweg führte mich durch die Einkaufszone der Innenstadt, was ich nutzte, um mir gleich noch einen Terminkalender fürs nächste Jahr zu besorgen.

Terminkalender auf Holztisch liegend

Vielleicht hätte ich das besser lassen sollen. Denn da fiel er mir auf, dieser unglaubliche Konsum-Irrsinn, von dem wir umgeben sind. Die Stadt war mit Menschen überfüllt. Die einen wollten zum Weihnachtsmarkt, andere waren auf Shoppingtour, manche verbanden das eine mit dem anderen. Und ich dachte: Lieber Himmel, was ist das für eine kleine versprenkelte Menge an Menschen, die sich für Minimalismus interessieren. Die Mehrheit konsumiert nach wie vor bis zur Stehkante – gerade so, als seien die Resscourcen der Erde nach wie vor unendlich, als gäbe es keine Probleme, keinen Klimawandel und so, als bestünde die Lösung allen Unwohlseins darin, sich irgendeinen Krempel zu kaufen.

Wir stecken ja auch gerade in den intensivsten Konsumwochen des Jahres. Erzähl mir niemand, dabei gehe es noch um die besinnliche Zeit vor Weihnachten. Besinnlich ist da schon lange nichts mehr. Eher besinnungslos. Hektisch durch die Geschäfte eilen, durch das Weihnachtsmarktgewimmel wühlen, irgendeinen schönen Augenblick erhaschen wollen. Die dunkle Jahreszeit irgendwie einfach übersehen wollen, nicht fühlen wollen, einfach darüber hinweg gehen. Stattdessen nun auch noch Black Friday, eine ganze Black Week, ein Cybermonday. Was kommt wohl als Nächstes? Klimbim-Thuesday? Digital-Wednesday? Multistuff-Thursday? Vorher war ja schon Halloween (treibt den Kürbis- und Horrorkostüm-Konsum an), ein paar Unentwegte feiern dann noch St. Martin (da gibts bislang nur Martinslaternen und Martinsbrezel), es folgt Nikolaus (schon lange viel mehr als nur Apfel, Nuss und Mandelkern), dann mit Weihnachten, das Konsumfest überhaupt. Es folgt Silvester (da gehts um Böller- und Sektkonsum). Dazu Betriebsfeiern, Vereinsfeiern, Feiern in Schulen und Kindergärten, etc. etc…. Von einer Feier zur nächsten jagend hoffen wir, dass es irgendwie vielleicht doch schön wird. Dafür nehmen wir einiges in Kauf: Stress, Hektik, Zeitmangel, Anspannung.

Kindern sei die vorweihnachtliche Freude aufs Herzlichste gegönnt, aber auch die können auf hektische Erwachsene und masslosen Konsum gut verzichten. Als Kind habe ich mich auf ein Weihnachtsgeschenk gefreut, als Erwachsene bin ich darauf nicht angewiesen. Brauche ich wirklich etwas, kann ich mir das durchaus auch selbst kaufen. Viel mehr interessiert es mich aber , in all dem Konsum-Irrsinn nicht selbst kirre zu werden.

 

Blick auf Shoppingcenter mit Rolltreppe und vielen umherlaufenden Menschen
Photo by Anna Dziubinska

 

Zum Weiterlesen:

„Ziege statt Zeug“: Sinnvoll Schenken

Niko Paech: Die Mehrheit lebt wie ökologische Vandalen

Die Achtsamkeits-Treppe – die 6 Stufen des achtsamen Konsumierens

Minimalismus: Die 5 W-Fragen des achtsamen Konsumierens

Konsumfallen erkennen – Was zieht mir das Geld aus der Tasche?

 

25 thoughts on “Konsum-Irrsinn

  1. Auf der einen Seite dieses alles schaffen müssen. Im Moment sind voll mit diesem Anspruch. Nicht nur wer im Einzel- oder Großhandel arbeitet oder anders wo weiß das. Anderseits Weihnachten, Zwangsbesinnung. Alles zu und dicht von Mitte Dezember bis 6. Januar. Museen, Schwimmbäder, Bücherei, Cafes. Vllt. gibs ein Neujahrskonzert.

    Ich bin über ein NEwsletter gestolpert faul sein. Ich lese weiter. Der Körper soll faul sein, der Kopf nicht. Sehe ich nicht so. Wie oft rasen die Gedanken und wir machen uns Sorgen. Ich denke, wir sollen das tun, was wichtig ist, und im Kopf klar bleiben. Zuversichtlich bleiben. Ziele haben. Achtsamkeit.

    Bald gehts wieder los, gute Vorsätze! Kaum aus dem Weihnachtsstress gekrabbelt! Mitten im tiefsten Winter. Ich habe eine Idee, was ich mir vornehme: Faul sein! (Hihihi, die Gesichter will ich sehen! Aber das ist mein Ernst!)

    In diesen Sinne einen schönen, faulen Adventssonntag!

  2. Der Stammtisch würde mir reizen. Leider ist Essen ? viel zu weit von Stuttgart entfernt, in deren Nähe ich lebe.

    Ich stell mir das spannend vor. Auf der Seite finde viele gute Gedanken. „achtsam“ und „Lebenskunst“ vom feinsten.

    Innenstädte nun lieber meiden. Ich war letzten Samstag in Stuttgart. Das pralle Kontrastprogramm. Da viele Taschen und Tüten auf zwei Beine. Dort Obdachlose, die ein warmes, trockenes Plätzchen suchen. Dazwischen Polizei. Junge und alte Menschen, Einheimische und Besucher. Die Stimmung, leicht stimmungsvoll weihnachtlich. Oje du fröhliche!

    Doch wenn du warten musst und achtsam bist, das ist sehr interessant, die Gesichter zu beobachten. Die meisten bleiben nicht stehen und hasten weiter, außer sie sind müde und setzen ihre Taschen ab. Die einzigen entspannten waren die der Polizisten. Ich hätte am liebsten alle, die da unterwegs waren einfach nur umarmt.

  3. Du hast recht, den meisten Streß machen wir uns selber. Das perfekte Fest. Das perfekte Geschenk. Das perfekte Gutsle. Das perfekte – weiß-der-Geier! Wozu?

    Die Eltern hatten sich nichts aus Weihnachten gemacht. Oft arbeitete man noch bis Mittag Hl. Abend. Überstunden Samstags. Sie hatten immer ein Gerennte, nicht nur an Weihnachten. Hl. Abend wurde der Baum aufgestellt und geschmückt. Vorher schnell staubsaugen, es lag noch das Ostergras da. (An Ostern fanden wir noch Lametta.) Mein Vater verschwand in den Souteraine, Geschenke verpacken. Opa als er noch lebte spielt den Weihnachtsmann. Abends Geschenke. Meine Kinderaugen leuchteten. Wir durften lange aufbleiben. Weihnachten waren wir meist zuhause.

    Kennst du das Buch „Weihnachten ganz easy“. Die Autorin macht sich keinen Streß wegen WEihnachten. Ihr ist wichtig, die Zeit mit den Kinder zu verbringen, zusammen was tun, Freunde einzuladen. Weihnachten „leben“. Die Adventszeit, die Ankunft …. Wofür steht Weihnachten? Was bedeutet für uns Weihnachten?

  4. Wer soll es den Leuten den verdenken? Sie haben es doch auch nicht anders gelernt.
    Im Wirtschaftsboom der 50er Jahre kamen so viele schöne Dinge auf dem Markt und man suggerierte es den Menschen das Ihr Leben dadurch einfacher und vor allem besser werden würde.
    Natürlich trifft das für einige Produkte auch zu (z.B. die Waschmaschine).
    Allerdings hat sich das ganze inzwischen auch verselbstständigt. Wer etwas sein will muss viel Geld verdienen und dann natürlich Konsumieren um auch darzustellen das man wer ist.
    Das ganze wird inzwischen ja von Kindesbeinen an gelehrt. Die Kinder in der Schule vergleichen sich auch schon sehr stark. Wer hat die tollsten Klamotten oder dieses oder jenes.
    Das System dahinter zu verstehen und den Kreis aktiv durchbrechen zu wollen ist aber ein schweres Stück Arbeit. Es ist halt einfacher einfach mit der Masse zu schwimmen.

    1. Es gab Zeiten, da haben uns neue Produkte auch wirklich das Leben erleichtert, Waschmaschine ist da ein prima Beispiel. Ältere Frauen, die diese ganze Waschorgie von früher her noch kennen, jubeln heute noch über die Waschmaschine.
      Dann kamen noch die Statussymbole hinzu und die „Sowas-gehört-in-einen-ordentlichen-Haushalt-Dinge“.

      Irgendwann kippt das Ganze und es wird unsinnig, z.B. wenn die Zeitersparnis bei Nutzung der Küchenmaschine für die anschließende Reinigung draufgeht. Den Smartphone-Herstellern fällt auch nichts besseres ein, als 3 Kameras bzw. Objektive reinzupacken und die Smartphones jeweils größer, kleiner, dicker oder dünner zu machen. Vermutlich gibt es irgendwann statt Tapete an der Wand, einen flächendeckenden Fernseher. Das ist Horror ?, Unsinn und genau genommen schon lächerlich.

  5. Liebe Gabi,
    ich musste grinsen bei deinen Kreationen zu den übrig gebliebenen Wochentagen, du solltest da dran bleiben, könnte die nächste Marktlücke sein 😉
    Ich meide die Stadt soweit es geht, es stresst mich zu sehr anzusehen wie maßlos alle im Kaufrausch sind. Es scheint wirklich nach wie vor nicht in der breite angekommen zu sein, daß unser Konsumrausch und die Überproduktion auch einen großen Anteil am Klimawandel haben.
    Ich wünsche dir trotz allem eine ruhige Adventszeit.
    Liebe Grüße
    Aurelia

    1. Hallo Aurelia, ich habe schon gelesen, wie gut und passend zu deine überflüssige Weihnachtsdeko los geworden bist.
      Am schönsten finde ich an Weihnachten, dass am 24.12. nachmittags schlagartig die Hektik in den Straßen nachlässt. Geschäfte zu, Silvesterböller gibts noch nicht – endlich Ruhe. Das ist dann mein persönliches Weihnachts-Highlight.

    2. Ach ja: Man könnte noch Schnickschnack-Samstag oder verkaufsoffener Krempel-Sonntag nehmen.

      Letztlich ist immer die Frage: Brauche ich das wirklich oder schleppe ich nur neuen Konsum-Müll in die Wohnung?

  6. „Klimbim-Thuesday“ – danke für diesen Lacher und auch für diesen erfrischenden Beitrag. Mir geht die ganze Black Friday Sache total auf die Nerven! Ich habe den Fehler gemacht und war die letzten Tage einmal in einem Einkaufszentrum, nie wieder! Die Leute kauften sich Flachbildschirme, einige sogar 2-3 neue Fernseher auf einmal. Andere hetzten in irgendwelche Geschäfte. Es war einfach super stressig und kaum auszuhalten

    1. Ich bin bereits in den 80er-Jahren mal von einigen Vorschulkindern ernsthaft bedauert worden, weil ich damals „nur“ einen einzigen Fernseher hatte. Ich hatte echt Mühe, denen zu erklären, dass es mir trotzdem gut geht – dabei hatte ich ja damals sogar noch einen Fernseher. ?

  7. Weil ich seit Jahren die gleichen beiden Shirts bestelle und jetzt 20% sparen konnte, dachte ich kurz, ich könnte mir ja gleich fürs ganze Jahr am black friday Sachen bestellen. Ich neige zur Übertreibung. Kurz hat mich auch so ein Suchtmoment erfasst. Kam dann aber wieder zu einem angebrachten Maß zurück. Sonst geht’s mir wie mit Waschmittel, das damals nicht im Angebot war … Ich könnte auch noch eine Großfamilie gründen mit meinem Zahnbürstenvorrat. 🙂

    1. Ich muss bei Kleidung aufpassen. In den Zeiten vor dem Internet, hatte ich tatsächlich immer wieder massive Probleme überhaupt Kleidung zu finden. Hosen immer 10cm zu kurz, jahrelang nur Gruselfarben modern usw. – Heute geht es leichter. Finde ich vor Ort nichts, kaufe ich im Internet, fertig. Aber da muss ich auch aufpassen, wo das richtige Maß ist. Braucht man 13 T-Shirts? Eigentlich hätten auch 10 davon gereicht… Lange Jahre hatte ich nur die Hälfte oder maximal 2/3 von 10 T-Shirts und habe auch gelebt – allerdings immer mit der Anspannung, ob ich was Neues finde, wenn das alte Zeugs hinüber ist.

  8. Bei uns war heute verkaufsoffener Sonntag… Ich wusste das gar nicht, stellte es erstaunt fest, als ich heute Nachmittag
    zu einem Konzert auf dem Weihnachtsmarkt ging. In den kleinen Läden war nicht viel los und die Leute mussten trotzdem ihren Sonntagnachmittag im Geschäft verbringen. Man kann der Hektik manchmal auch eine Nase drehen. Hab am Samstag im Supermarkt einer alten Dame geholfen, die nur ganz wenig Zimt brauchte. Und mir einen Spaß draus gemacht, aus dem auf ungefähr sieben Regale verteilten Angebot das allerkleinste Päckchen zu suchen. Von den paar Minuten ist die Welt nicht untergegangen, oh Wunder, obwohl der Tag komplett verplant war. Das wird meine Aufgabe für die nächsten Wochen. Trotz allem Stress die Mitmenschen wahrnehmen.

  9. Klimbim-Thuesday, gefällt mir. ?
    Ich für mich halte mich da raus so gut es geht.
    Manchmal denke ich mir, dass es sich bei dem ganzen Shopping-Wahn schon um Suchtverhalten handelt. Also die Dinge, die man wirklich nicht braucht und nur meint, sie zu brauchen. Ich kaufe, also fühle ich mich gut.
    Und die Verlockung ist ja ausreichend vorhanden. Selbst hartgesottene Minimalisten können da ins Wanken kommen.
    Nächste Woche kaufe ich fürs Kind Winterstiefel. Muss sein. Werden gebraucht. Danach eine Runde Weihnachtsmarkt, eine Leckerei vom Mittelalter- Stand muss sein und dann decken wir uns in der Bibliothek mit Büchern ein.
    Dann werden wir bis Weihnachten nicht mehr ins Stadtzentrum kommen, sondern lieber am Abend immer mal durch unser eher ruhiges Wohngebiet spazieren und uns die Weihnachtsbeleuchtungen anschauen.
    Es ist wichtig, Kindern noch eine gewisse Besinnlichkeit zu bewahren. Sie werden doch selbst ganz hektisch, wenn sie dem ganzen Bling-Bling der Einkaufstempel zu oft ausgesetzt sind. Ich sehe mich da auch in der Verantwortung.

    1. Oh, das finde ich eine wunderbare Idee, sich einzelne, gezielte Aktivitäten mit und für die Kinder rauszusuchen und dann darauf zu achten, dass diese nicht selbst ganz bling-bling-kirre werden. ???

  10. Für Halloween bin ich allerdings, weil wir keinen aktiven Karneval haben und die Kinder dann zu Halloween von Haus zu Haus ziehen, so wie wie wir es früher in Süddeutschland zu Fastnacht gemacht haben. ‚Is Fasenacht, is Fasenacht , die Kischelscha gen geback. Eraus demit, eraus demit , mir stecke se in de Sack !‘
    Wir haben allerdings dieses Jahr die Klingel ausgestellt und nicht mehr geöffnet, weil hier ein Tourismus begonnen hat. Ganze Wagenladungen an unbekannten Kindern , begleitet von Erwachsenen, aus anderen Stadtteilen vermutlich, hatte sich wohl rumgesprochen, dass hier viele Familien wohnen und entsprechende Ausbeute in Sicht war. Alle 5 Minuten klingeln , der Abend verdorben.
    Wird zu viel, also doch nur Konsum ?!

  11. ? Also das ist mir egal. Die Leute sollen machen was sie wollen.
    Ich war auch am Black Friday und am Samstag in der Stadt zum shoppen als Minimalist.
    Ich habe wirklich in allen Shirts vom Gürtel Löcher, ich brauche dringend neue Kleidung. Warum nicht die Rabattaktion mitnehmen?

    1. Mit den Löchern machst Du unbewusst einen neuen Modetrend ,nächstes Jahr gibt’s kein T-Shirt mehr ohne Löcher zu kaufen 😉

    2. Wenn man tatsächlich etwas braucht und es ist günstiger – sehe ich letztlich genauso. Man muss nur wirklich aufpassen, denn nicht wenige Geschäfte setzen vorher die Preise hoch, damit sie sie am Black Friday wieder senken können. D.h., nicht selten ist es mehr Schein als Sein. Die Unternehmen wollen dann ja auch Geld verdienen und uns nicht beschenken.

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