Aufmerksamkeit und Ablenkbarkeit

Es war im Februar 2018, als ich zunächst Facebook und einen Monat später auch Twitter gelöscht habe. 4 Jahre – so lange schon, oh… war mir nicht wirklich bewusst.
Zu Instagram bin ich nie vorgedrungen, da ich keine Lust hatte, quadratische Fotos zu posten. Mein Intermezzo bei Youtube war eh nur kurz.

Eigentlich liebe ich den Austausch, gerade auch zum minimalistischen Lebensstil. Es gab Zeiten, da war das bei Twitter gerade zu Minimalismus sehr schön. So einfach und über so große Kilometer-Distanzen hinweg kurze Nachrichten hin- und herschicken. Aber irgendwann wurde es mir zu viel, zu unruhig, zu unübersichtlich. Algorithmen statt zeitliche Reihenfolge und immer mehr Twitterer wanderten zu Instagram ab. Und Facebook wurde auch immer unübersichtlicher für mich, permanente Überflutung an Texten, Bildern, Videos, Werbung.

Natürlich bekomme ich durch meine Abwesenheit in den Social Media-Kanälen vieles nicht mit. Und ich sage gleichermaßen: „Schade – zum Glück“ Schade, weil natürlich manches, was sicher interessant ist, unbemerkt an mir vorüber geht. Zum Glück, weil eben auch viel Uninteressantes und Unwichtiges unbemerkt an mir vorüber geht und dies eben nicht meine Aufmerksamkeit beansprucht.

Das Internet, speziell die ganzen sozialen Netzwerke fordern sehr viel Aufmerksamkeit, lenken ab, sie binden viel Zeit und Energie. Instagram-Selfies in allen Lebenslagen finde ich sinnlos und wenn Portraitfoto, dann ein gutes vom kompetenten Profi (soviel Eitelkeit darf auch bei mir sein 😉). Insbesondere aber komme ich mit der permanenten Reizüberflutung durch diese Kanäle nicht klar. Es ist mir zu viel, zu bunt, zu viel Werbung, zu viel Ablenkung, zu wenig Ruhe. Zeit steht uns nunmal nicht grenzenlos zur Verfügung, daher möchte ich sie auch nicht verdaddeln.

Kürzlich las ich ein sehr interessantes Buch von Georg Milzner zu diesem Thema, welches beschreibt, wie sehr wir uns von uns selbst entfernen. Für mich ein Grund mehr, es bei meiner Social Media Abstinenz erstmal zu belassen. Für mich ist auch das Minimalismus, sowie eine Form von Selbstfürsorge und Psychohygiene.

Abschließend einige nachdenkenswerte Zitate aus diesem Buch:

Georg Milzner: Wir sind überall, nur nicht bei uns (Beltz 2017):

„Aufmerksamkeit ist der heißeste Stoff unserer Zeit. Begehrter als jede Droge, wesentlicher als jeder materielle Gewinn. Jeder will sie, keiner kommt ohne sie aus. Sie ist die Währung, in der heute Gewinn und Verlust gemessen werden. … Sie ist es, um die alle ringen und die jeder will. Und es sind nicht nur Menschen, die diesen Kampf führen. Sondern mehr denn je Geschäfte, Marken, Unternehmen, Konzerne. “

„Die Vielfalt der auf uns eindringenden Reize, die Masse der Werbebotschaften, die Unzahl an Kommunikationswünschen über soziale Foren, Chats und die gute alte E-Mail – sie alle bewirken, dass das moderne Bewusstsein in einem beständigen Reiz-Reaktions-Modus befangen ist und dabei zunehmend das Gefühl für das Wesentliche verliert. … Denn als Folge der gewaltigen Reizmengen, die tagtäglich auf uns eindringen, verlieren wir zunehmend das Gefühl für das, was in uns vorgeht. Und mehr noch: Alle diese auf uns einströmenden Reize führen untereinander einen Konkurrenzkampf,“

„… in einer Kultur, für die es normal ist, ständig etwas zu posten und sich immerfort zu zeigen, bleibt für die Wahrnehmung des eigenen Selbst, bleibt für das Selbstgefühl wenig Raum.“

Soziale Netzwerke – Datensicherheit, Datenschutz

 

29 thoughts on “Aufmerksamkeit und Ablenkbarkeit

  1. Ich habe mich von Anfang Smartphones und elektronischen sozialen Netzwerken verweigert. Ich mag Menschen nämlich lieber ganz und in Natura und nicht nur als elektronischen Schnipsel in Form einer Kurznachricht. Wer mit mir kommunizieren möchte, kann mich persönlich treffen, mir einen Brief schreiben oder auf dem Festnetz anrufen. Wichtige Informationen erreichen mich auch auf diesem Weg. Elektronische soziale Netzwerke liefern meiner Meinung nach zu 80% Informationen ohne Informationsgehalt. Für allgemeine Nachrichten höre ich morgens Radio und hatte noch nie das Gefühl etwas Wichtiges verpasst zu haben. Und für spezielle Informationen nutze ich ein Laptop mit Internetanschluss, das bei Nichtgebrauch in einer Schublade liegt.
    Ein besorgter Arbeitskollege schenkte mir vor über zehn Jahren ein Notfall-Handy, mit dem man die Notrufnummern 110 und 112 anrufen kann. Dieses Geschenk habe ich gerne angenommen und führe es auch mit. Bisher habe ich es nur einmal für die Meldung eines Brandes benötigt.

      1. So ein Murks. Ich hatte das Handy mit einer SIM-Karte und einem 25 Euro Prepaid-Guthaben geschenkt bekommen. Leider musste ich jetzt folgendes erfahren: Da kein Umsatz über die Prepaid-Karte generiert wurde, hat der Anbieter das Guthaben eingezogen und die SIM-Karte gesperrt. Das hätte im Notfall echt ein Problem werden können. Also vielen Dank für den Hinweis, sonst hätte ich das nie überprüft.

    1. Bei mir ist es so, dass ich inzw. nicht mehr über Festnetz telefoniere, nur noch über Handy, am liebsten Video-Chat. Aber das liegt an meiner Höreinschränkung. Die Qualität der Tonübertragung bei Festnetztelefonen reicht bei mir nicht für vernünftiges und halbwegs stressfreies Sprachverstehen.

      Letztlich gibts viele Kommunikationswege. Wer meint, er bzw. sie kann mich nicht erreichen, weil ich dieses soziale Netzwerk oder jenen Messenger nicht habe, der will nicht mit mir kommunizieren. Es gibt wirklich genügend Wege.

      1. Hallo Gabi,
        Technik hat dem Menschen zu dienen und ihm das Leben angenehmer zu machen. Nicht die Menschen dürfen zum Sklaven der Technik werden. In diesem Sinne sind Handy und Video-Chat für dich genau das Richtige. Sie dienen dir, weil sie für dich das Telefonieren leichter und angenehmer machen.

        1. Ja, genau so sehe ich das auch. Es gibt inzwischen so unterschiedliche Kommmunikationswege, dass man dies auch für sich gut nutzen kann, aber eben nicht alles mit machen muss. Auch das ist Minimalismus.

          1. Dazu ein Klugscheißerzitat 😉

            Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden. Dinge wurden geschaffen, um benutzt zu werden. Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet, ist, weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werden.

  2. Ich bin froh über mein Alter und das ich nicht gezwungen bin, den ganzen Zirkus mitzumachen. Wenn ich den Öffis die Leute beobachte müssen Kinder die neuesten Spiele auf dem Smartphone haben, um mitreden zu können, Teenager brauchen natürlich alle möglichen Kanäle um in Kontakt mit Gleichaltrigen zu sein und ich bin immer wieder erstaunt, wie viele in meinem Alter geistlose und zeitfressende Spielchen auf dem Handy spielen.
    Das einzige, was ich nutze um in Kontakt mit Familie und Freunde zu bleiben ist WhatsApp, und auch das nur widerwillig.
    Als Foren noch das Medium vor Social Media waren um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen habe ich aber gemerkt, wie viel Zeit das frisst und wie … betrügend.
    Neben dem Zeitfressen ist die größte Gefahr des Selbstbetrugs und des mehr oder weniger unbewussten Täuschens anderer. Es gilt immer mehr wie man sich darstellt, als wie man ist. Das das zu psychischen und zwischenmenschlichen Problemen ungeahnter Ausweite führt, stellen die ersten Psychologen und Kulturwissenschaften schon fest.

    1. Ja, in der Tat – wer jünger ist, hat größeren Druck mitzuhalten, da die Gleichaltrigen sich ebf. in diversen Netzwerken tummeln. Ich kann da viel entspannter sein, habe nebenbei gesagt auch keinerlei finanziellen bzw. beruflichen Druck in diesem Bereich. Aus dem Alter, wo ich meine, ich müsste mir oder anderen was vormachen, bin ich eh raus 😉

  3. Guten Sonntag Ihr Lieben,

    ich würde gern behaupten, dass sich nur „die Anderen“ so verhalten. Doch leider entdecke ich auch bei mir eine reduzierte Aufmerksamkeistspanne. Immerhin, mir isses schon aufgefallen 😉
    „Die Anderen“ spiegeln mich letztlich. Ansporn, an mir zu arbeiten.

    Was Tanja ganz oben bescheibt, kann ich nur bestätigen. Ich mag Bücher – aber Buchläden machen mich mittlereweile kirre. die „onleihe“ führte leider dazu, sich zu viele Bücher auszuleihen, angelesen – ach, doch nicht so mein Ding.

    Konzentriere mich jetzt wieder auf EIN Buch. Z.Zt. „Der Tag, an dem wir aufhören zu shoppen“. Ganz gut geschrieben, kurzweilig durch persönl. Geschichten echter Mneschen – aber alles in allem nicht wirklich neues. Wird bei „Konsumtrottel“ ähnlich sein (Rezensionen gelesen).

    Wichtiger als die Schlechtigkeit des Systems und die Gier zu bedauern sind konstruktive Lösungsansätze. Dazu ist dieser Blog ein toller Ansatz. Danke an dieser Stelle für viele hilfreiche Kommentare!

    Bald ist Fastenzeit. Schon jetzt nehme ich mir vor, nicht mehr zu jammern und zu lästern. Kritisieren erlaubt. Grenzen fließend, ist klar. Mal sehen, was draus wird.

      1. „Schauen Sie keine Nachrichten, was wirklich wichtig ist wird man ihnen erzählen“.

        So war das glaube ich richtig.

  4. Das geht mir aber mit allen Medien so, Gabi. Da ist der preisgekrönte Film, bei dem ich nach 10 Minuten einschlafe. Das Buch von der Bestsellerliste. Wer liest diesen Schrott? Der Blog oder You Tube Kanal, der mal gut war, als die Leute noch „klein“, authentisch und unbekannt waren. Der Erfolg hat ihnen nicht gut getan und nun sind es Werbekanäle. Man kann sogar live verfolgen, für was sie unser Geld ausgeben. Paradox. Ich lese gerne ein Instaprofil in einem durch. Nur selten, dass ich mal eins finde, das mich anspricht, wo ich was lerne, mein Denken verändert, mich weiterbringt. Dann ist meist ein Thema im Vordergrund, das mich schon wieder belastet, weil zu intensiv wie Nachhaltigkeit, Rassismus. Hochsensible müssen es einfach dosieren für sich. Dann lese ich lieber hier. Auch wegen der guten Kommentare. Lg an alle

    1. Hallo Tanja, mir gehts mit den Medien ähnlich. Filme schaue ich fast nie – ich habe im realen Berufsleben genügend Stories… Gerade teste ich mal den Kostenlosmonat von Skoobe (E-Books) und stelle fest: Nur wenige Bücher sind so, dass ich sie wirklich von vorne bis hinten lese. Zuvieles, was mich dann doch nicht interessiert, viele Wiederholungen oder es dauert so lange, bis man dort auf den Punkt kommt. Gerade bei Youtube ist mir diese viele Werbung seit einiger Zeit auch zunehmend auf den Keks gegangen. Zum 100.sten Mal Blinkist oder die Wildlingschuhe etc. – nervtötend.

      1. Lese gerade „Konsumtrottel“. Vielleicht gefällt dir das Buch. Da geht es um Technik und Murks: Die neue Waschmaschine hat also Plastikstossdämpfer. Prima. Erst wurde sie nicht ins Lot gestellt von der Servicewüste. Ich hatte den Anschluss bezahlt, aber dann anscheindend doch nicht, aber weil ich so hübsch bin, haben die das doch schnell für mich montiert. AAAAber: Nicht in Waage gebracht. Nur Karteikarten an einer Stelle drunter geschoben. Als ich nach 2 OPs wieder bei Kräften war, hab ich die WM per Augenmaß ins Lot gestellt. Der Boden ist im Altbau nach allen Seiten schief. Ich hab mich an den geraden Wandfliesen mit Geodreieck orientiert. Dann eine Wasserwaage gekauft. War überflüssig. Alles im Lot. Ergebnis: Die neue Maschine scheppert immer noch beim Anlauf zum Schleudern. Aber nur noch gering. Ärgert mich trotzdem. Ich hab 2 Jahre Garantie und werde das wohl vor Ablauf bemängeln.

        1. Ergänzend: Hab ich wenigstens einen Grund zur Reklamation kurz vor Garantieablauf, bevor sie nach 2 Jahren eh wahrscheinlich kaputt gehen wird. Jetzt brauch ich erstmal wieder Ruhe vor kaputten Waschmaschinen und Technik im Allgemeinen. Merke: Je weniger Technik, desto weniger Technikprobleme.

        2. Das Buch gibts auch bei meinem E-Book Testverleiher, werde ich mir direkt mal anschauen. Danke für den Tipp!
          Du hast ja dann selbst noch eine gute Lösung gefunden (vorerst). Trotzdem: Dieser Technikmurks mit allem drum und dran: Ein ziemlicher Aufreger auch für mich und in der Tat auch ein wesentlicher Grund für Minimalismus.
          Es gibt inzw. ein Recht auf Reparatur (vermutlich gehört da aber nicht das Recht auf eine bezahlbare Reparatur dazu, oder…?): https://www.vde.com/tic-de/news/2021/recht-auf-reparatur

          1. Danke. Der Brüller ist das Buch nicht. Ich merke, dass ich bei den negativen Amazonkritiken dazu und den dortigen Beispielen zur Thematik mal wieder am meisten lerne.

          2. @Tanja, habe mal ins Buch reingeschaut. Nein, nicht überragend neu. Sich wiederholende Berichte von Negativerfahrungen sind da sicher ein direkterer Hinweis, ein Gerät besser nicht zu kaufen. Trotzdem fand ich in dem Buch die Liste mit der geplanten Haltbarkeit von Waschmaschinen und Kaffeeautomaten sehr interessant. Bei Waschmaschinen: pro 100€ Kaufpreis halten sie 1 Jahr, passt – habe ich vor einigen Jahren auch schonmal so gehört. Entspricht meinen Erfahrungen der letzten Jahre. Die gezeigten Teile und Sollbruchstellen in dem Buch sind auch der Hammer.

  5. Hallo Gabi,
    da ich in der Erwachsenenbildung tätig bin kann deine Aussage nur bestätigen. Die heutigen Menschen halten es keine halbe Stunde mehr aus ohne auf das Handy zu schauen. Manche legen es nichtmal mehr aus der Hand. Ich frage mich immer mehr, wer steuert hier wen?Ich das Handy oder das Handy mich!Zeit um in Ruhe den Augenblick zu genießen dafür haben die meisten Menschen gar keine Zeit weil sie permanent an ihrem Handy kleben. Ich freue mich jeden Tag auf meine halbe Stunde Meditation um ganz im hier und jetzt zu sein. Ich schalte mein Handy jeden Abend ab und bin Herr meiner Zeit die ich sehr bewusst mit meiner Frau genieße.

    1. Gestern fiel mir die „Handy-Manie“ auch auf – an der U-Bahn-Haltestelle. Da war wirklich niemand, der beim Warten auf die U-Bahn nicht auf sein Handy schaute. Aber nicht mal bei einem Kurs kommen die Handys weg – das ist schon schräg. Smartphones als solches sind ja schon praktische Geräte, auch für mich. Aber ständig und immer, die eigene Zeit davon bestimmen lassen, das ist schon ein wenig verrückt. Die meisten Menschen scheinen nicht zu bemerken, in welche Falle sie sich da freiwillig rein manövriert haben.

        1. Sofern diese Leute außer Handy sonst noch was dabei haben: Ja, diese Smartphone-Gucker waren wunderbar abgelenkt.

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