Wie hören Schwerhörige?
Leider ist es in den seltensten Fällen so, dass man beispielsweise so hört, wie bei einem leise gedrehten Radio. Dort sind alle Töne gleichmäßig leiser. Schwerhörige haben in der Regel ganz unterschiedliche Probleme. Mal fehlen die hohen, mal die mittleren, mal die hohen Töne. Stellen Sie mal an der Stereoanlage den Equalizer anders ein und nehmen Sie mal z.B. die hohen Töne heraus. Dann wird ein wenig eher deutlich, wie Schwerhörige hören:
Hörbeispiele:
- Sehr treffende Hörbeispiele, die die Unterschiede beim Hören in unterschiedlichen Situationen als Normal- bzw. Schwerhörige mit 35% Hörverlust darstellen, habe ich hier gefunden: http://www.laermorama.ch/m2_hoeren/bedeutung_v.html
- Hier ein Beispiel, welches meinem Hörverlust recht nahe kommt: https://bellman.com/de/ihr-gehor/wie-ein-horverlust-klingt/
„Du nuschelst so…“ Der schleichende Prozess der Schwerhörigkeit
Schwerhörigkeit ist ein oft schleichender Prozess. Typisch für sog. Innenohrschwerhörigkeit ist, dass man das schlechter werdende Gehör kaum bemerkt, aber irgendwann das Gefühl hat, dass viele Leute nuscheln. Mir fiel es auf, dass das Hören auf einem schnurloses Festnetztelefon für meine Kollegin völlig problemlos war, für mich aber das komplette Desaster. Ich habe es mir dann erstmal so erklärt, dass dieses Telefon meiner Kollegin nichts taugt… Typisch ist auch, dass das Hören in einer geräuschvollen Umgebung, wie z.B. einem Restaurant, deutlich schwieriger und insbesondere auch anstrengender wird.
Telefonieren mit Schwerhörigkeit – mein persönliches Desaster
Telefonieren gehört für mich zu dem Bereich, der wirklich schwierig für mich ist. Ein Drama in nicht enden wollenden Akten. Handys bzw. Smartphones habe ich in den letzten Jahren in allen mögliche Varianten probiert. Und: je lauter desto besser – nein, funktioniert nicht. Dienstlich hatte ich mal ein altes Nokia-Handy: sehr laut, verstanden habe ich trotzdem nichts.
Meine Erfahrungen mit unterschiedlichen Handys bzw. Smartphones
- Samsung- und andere Android-Handys: Ich habe früher nahezu nichts verstanden. Bei den neueren Geräten scheint es nun besser zu sein.
- Windowsphones: Telefonieren ging deutlich besser, aber die Akkus waren eine Katastrophe.
- iPhones: Bei den neueren Geräten (ab etwa iPhone 6 aufwärts) ist die Hörqualität deutlich besser geworden, als bei den iPhones älterer Generation. Die neueren iPhones sind auch durchgängig hörgerätekompatibel. Einige Hörgeräte können automatisch mit iPhones verbunden werden, so dass die Sprache direkt auf die Hörgeräte übertragen wird und man so deutlich weniger Nebengeräusche hat.
- Senioren- bzw. Schwerhörigenhandys: Manche waren einfach nur laut, manche rauschten fürchterlich. Die Klangqualität der Handys und Smartphones der Firma Doro waren deutlich besser. Meine anfängliche Begeisterung legte sich aber irgendwann wieder. Denn bei Hintergrundgeräuschen telefonieren (z.B. unterwegs), konnte ich damit auch nicht. Außerdem hatte ich gleich bei 2 Geräten nach einigen Monaten Probleme mit Lautsprecher und Mikrofon, insgesamt hielten die Geräte nicht so lange. Das mag Zufall sein, störte mich aber natürlich trotzdem.
Lösungswege:
Testen, ausprobieren: Es ist sinnvoll, einfach mal andere Handybesitzer zu fragen, ob man einmal testweise mit dem Gerät telefonieren kann, um sich einen ersten Höreindruck zu verschaffen. Die gröbsten Hörkatastrophen und Fehlkäufe kann man so gut ausschließen.
Hörgerätekompatibel? Nicht jedes Handy funktioniert mit jedem Hörgerät. Hier hilft nur ausprobieren. Manche Handys haben einen Hinweis, dass sie hörgerätekompatibel sind. Dies ist aber keine Garantie, dass es wirklich mit jedem Hörgerät funktioniert. Es gibt für hörgerätekompatibles Telefonieren die sog. M- und T-Standards. M3 bzw. M4 bedeutet beispielsweise hörgerätekompatibles Telefonieren mit Hörgeräten ohne T-Spule. T3 bzw. T4 bedeutet, dass das Hörgerät mit der T-Spule kompatibel ist.
Qualitätsunterschiede bei unterschiedlichen Netzen: Meine Erfahrung zeigt, dass es Qualitätsunterschiede durch unterschiedliche Netze und Anbieter gibt. Bei einem Einsteigersmartphone mit Dual-Sim, verstehe ich über die Prepaidkarte von Alditalk (E-Plus/O2) nur sehr schlecht und undeutlich, über die Prepaidkarte von Vodafone dagegen recht gut. Es ist also auch hier immer eine Sache des Ausprobierens.
Headsets für Hörgeräteträger
Es gibt inzwischen diverse Headsets für Hörgeräteträger. Die meisten Headsets laufen heute über Bluetooth, einige auch über die T-Spule. Die T-Spule ist in aktuellen Hörgeräten aber häufig nicht mehr verfügbar. Daher macht es Sinn zu schauen, ob man diese Technik überhaupt hat. Ich persönlich komme bislang mit dem kabelgebundenen Headset deutlich besser klar. Der Ton ist deutlicher. Außerdem leert sich der Handyakku im Bluetooth-Modus deutlich schneller, auch hatte Bluetooth bei mir bislang immer eine gewisse Zeitverzögerung, die mich gestört hat.
Entscheidend bei Schwerhörigkeit: Neue technische Standards – Handys/Smartphones mit besserer Tonqualität
Entscheidender, als der Hinweis „Schwerhörigentelefon“ scheint mir die Tonqualität des Handys bzw. Smartphones als solches zu sein. Hier gibt es inzwischen interessante Entwicklungen. Da ich nicht unbedingt so den Hardcore-Technikfreak bin, ist mir dies erst vor einigen Tagen aufgefallen:
Unter den Begriffen: HD-Voice, HD-Voice plus, Crystal Clear und EVS-Codec gibt es inzwischen Handys, die bei der Tonübertragung mehr Ton-Frequenzen nutzen, so dass die Sprache verständlicher wird:
Das „normale“ Telefon nutzt Frequenzen zw. 0,5 und 3,4 kHz.
HD-Voice nutzt bereits die Frequenzen zwischen 0,05 – 7 kHz.
Der sog. EVS-Codec verwendet den gesamten Tonumfang der menschlichen Stimme: 0,02 – 20 KHZ.
Diese Technik ist noch immer nicht für alle Netze und Angebote freigeschaltet, so dass ich an dieser Stelle nur ansatzweise etwas sagen, wo was im Einzelfall wirklich funktioniert. Manche Anbieten schalten die Übertragung höherer Tonfrequenzen nur mit einem Vertrag frei, andere auch bei Prepaid. Mit neueren Smartphones scheint das Telefonieren wirklich angenehmer zu sein. Ich vermute, dass dies tatsächlich an HD-Voice liegt. Wie weiter oben beschrieben, scheint aber auch das Handynetz eine gewisse Rolle zu spielen. Es ist in jedem Fall sinnvoll, mal im Smartphone zu schauen, ob man dort die sog. WLAN-Telefonie frei schalten kann. Möglicherweise verbessert sich auch dadurch die Sprachqualität.
Messenger statt Telefon
Eine Möglichkeit ist auch, über einen Messenger zu telefonieren, genauer gesagt einen Audio-Chat zu führen. Das Telefonieren ist hierbei nach meiner Erfahrung deutlich einfacher, da die Tonfrequenzen offensichtlich viel besser übertragen werden und somit auch die Sprachqualität besser ist. Alternativ kann man natürlich auch Video-Chat oder Videotelefonie nutzen. Es erleichtert bei Schwerhörigkeit schon sehr, wenn man das Gegenüber sehen kann.
Kleiner Hinweis für schlecht hörende Menschen ohne Hörgerät:
Die Technik der heutigen digitalen Hörgerät ist deutlich besser geworden. Hörgeräte sind nicht einfach nur eine Verstärkung der Lautstärke, sondern können individuell an die eigene Hörschädigung angepasst werden. Auch die sog. HdO (Hinter dem Ohr) – Hörgeräte sind recht klein und fallen optisch kaum auf.
Je länger man wartet, desto schwieriger ist es, sich an die Hörgeräte zu gewöhnen. Das Gehirn vergisst die nicht mehr gehörten Töne nach ca. 6 Jahren und es ist entsprechend aufwändig, dieses Hören wieder zu erlernen und sich an die Hörgerätetechnik zu gewöhnen.
Einfacher telefonieren dank Bluetooth – Update von Februar 2020
Inzwischen hat sich die Technik weiter entwickelt. Hörgeräte-Trägern empfehle ich heute das Telefonieren über Bluetooth. Viele neue Hörgeräte haben inzwischen Bluetooth integriert. Entweder können die Hörgeräte direkt mit dem Smartphone gekoppelt werden oder aber über einen speziellen Bluetooth-Sender, den es passend für die Hörgeräte gibt. Eine Anschaffung und Investition, die sich lohnt. Das Sprachverstehen ist deutlich besser, als alles andere, was ich zu früheren Zeiten ausprobiert habe.
Zum Weiterlesen: Informationen zu Schwerhörigkeit – Linktipp:
Was bedeutet es, schwerhörig zu sein? https://rehagroenenbach.wordpress.com/schwerhorigkeit-verstehen/
Kommunikation mit Schwerhörigen: https://rehagroenenbach.wordpress.com/kommsu/
Leider gibt es auch noch Krebskranke,die auch nicht sprechen können,da ist nichts drin mit telefonieren.Und die Firmen mit Hörgeräten Angeboten sind sehr Witzig,wenn man sich dort meldet wegen eines Hörgerätes,kommt die Meldung,rufen sie uns an unter der kostenlosen Rufnummer 0800…………usw. wassoll man davon Halten ganz normal ist das nicht.
Bei Hörgeräten würde ich auch immer mit einem Hörgeräteakustiker vor Ort sprechen und nicht irgendwo anrufen, da versteht man mit Höreinschränkung ohnehin nur wenig. Die Technik der Hörgeräte ist heute schon auf einem sehr guten Stand, selbst bei Kassengeräten. Ganz wichtig und entscheidend ist der Akustiker und wie der mit der Software umgehen und diese richtig auf die Höreinschränkung anpassen kann. Die beste und teuerste Hörgerätetechnik nützt nichts, wenn sie nicht von einem Akustiker gut eingestellt wurde.
das Desaster mit dem Telefonieren beginnt für mich, bzw. für meine schwerhörige Mutter noch einen Schritt vorher. Bevor wir nämlich zum telefonieren kommen, muss sie dieses verdammte Telefon erst einmal hören.
Es gibt sogenannte Anrufsignalverstärker, die Blitzen oder den Klingelton verstärken. An denen ist jedoch jeder Fortschritt vorbei gegangen, die sind alle für schnurgebundene Telefone bzw. müssen in die TAE-Dose gestöpselt werden. Wer benutzt heutzutage noch kabelgebundene Telefone? Hilft dann auch nicht wirklich, wenns im Wohnzimmer wie blöde blitzt, meine Mutter in der Küche ist und das schnurlose Telefon im Badezimmer liegt.
Hallo Dino, das kann ich bestätigen. Wobei ich festgestellt habe, dass die schnurlosen Telefone zusätzlich auch nicht wirklich in der Tonqualität beim Telefonieren selbst überzeugen. Das hat alles nochwas von Telefon-Mittelalter.
Danke für diesen hilfreichen und tollen Blog.