Minimalismus als wirtschaftliches Paradox – Meine Meinung zu einem Artikel der GLS-Bank

Eben las ich einen Artikel der GLS-Bank, über den ich bei Facebook aufmerksam wurde. Die GLS-Bank übertitelte den Beitrag mit: Der Wirtschaftsteil – Konsum & Minimalismus. Hier zu lesen: GLSWirtschaftsteil137.

Ich habe diesen Beitrag kommentiert – auf der Blogseite der GLS und auf Facebook, da ich denke, dass Minimalismus als Lebensstil dort zu kurz und zu einseitig benannt wurde.

Hier mein Kommentar zu dem genannten Artikel (weiter unten einige aktuelle Updates):

„Diejenigen, die Minimalismus zum Produkt machen – klar, die gibts. Trotzdem greift dies ein wenig kurz, wenn Sie nur darauf Ihren Fokus legen. Minimalismus bedeutet letztlich nichts anderes, als Konsum zu reduzieren, bewusst zu konsumieren und die Unterscheidung zwischen „brauch ich das“ oder „will ich das nur haben“ zu finden. Angesichts der ökologischen Situation unseres Planeten, sowie mit Blick auf die vielen Menschen aus sog. „3.Welt-Ländern“, auf deren Kosten und Rücken wir konsumieren, finde ich konsumreduzierende Ansätze wie den Minimalismus keinesfalls nur als das beschriebene wirtschaftliche Paradox erwähnenswert. Hier in Deutschland konsumieren wir übermäßig, unser ökologischer Fußabdruck ist ein einziges Desaster. Daher macht es durchaus Sinn, die größer werde Zahl an Menschen, die ihren Konsum bewusst reduzieren und minimalisieren, ernst zu nehmen. Nicht alle laufen als Digitalnomaden mit einem Rucksack und max. 100 Teilen durch die Gegend, nur die wenigsten machen daraus ein Geschäft, schon gar nicht der von der TAZ interviewte Michael Klumb. Die meisten Minimalisten sind höchst unauffällig, gehen „normalen“ Jobs nach und erst bei genauerem Hinschauen dürfte auffallen, dass sie ihren Konsum deutlich zurück gefahren haben. Wenn wir unsere soziale und ökologische Situation verbessern wollen, müssen wir irgendwo anfangen. Auch Niko Paech beschreibt Suffizienz als einen wichtigen Schritt im Rahmen der Postwachtumsökonomie. Wir sollten anfangen – ganz konkret, ganz praktisch.“

 

Update – 3.11.15: Inzwischen gab es einen Austausch auf Facebook zu dem o.g. Artikel. Der Autor wies darauf hin, dass seine Aussagen sich auf eine Stelle im TAZ-Interview bezog, dass der Kapitalismus mit den Minimalisten das mache, was er am besten kann: er kommerzialisiere sie. – Also gemeint sei nicht der interviewte Michael Klumb.  (siehe: https://www.facebook.com/glsbank/?fref=ts)

Auf dem o.g. Blog erschien zudem der Kommentar des Autors, dass andere Aspekte des Minimalismus bereits des öfteren im GLS-Blog thematisiert wurden und in zwei Tagen bereits wieder. (siehe Kommentar von: GLSWirtschaftsteil137)

Wichtig – meine persönliche Ergänzung: Mich stören im übrigen in keinster Weise diejenigen Minimalisten, die versuchen mit dem Thema Minimalimus in irgendeiner Weise Geld zu verdienen. Denn da geht es wohl in den seltensten Fällen um irgendwelche anzusammelnden Reichtümer, nicht um ein neues Firmenimperium. Es geht wohl überwiegend einfach um die eigene wirtschaftliche Existenzsicherung. Und die finde ich mehr als in Ordnung. Das hat aus meiner Sicht auch nichts damit zu tun, dass sich der Kapitalismus nun den Minimalismus einverleibt. Minimalismus ist denke ich auch immer die Herausforderung, dass jeweils richtige Maß zu finden. Wir leben z.B. nicht mehr in einer Zeit, in der man davon ausgehen kann, dass man eine Arbeitsstelle antritt, dort bleibt und irgendwann mal nach x-fachen Firmenjubiläen in Rente geht. Da versteht sich von selbst, dass auch mit einem minimalistischen Lebensstil nicht alles mal eben finanzierbar ist.


 

Ergänzend ein Zitat von Harald Welzer:

„Soziale Transformationen sind ungleichzeitig; zunächst werden die sogenannten „first movers“ als Spinner betrachtet, dann als Avantgarde, dann als Vorbilder. Man braucht daher keine Mehrheiten um Gesellschaften zu verändern […]. Drei bis fünf Prozent der Bevölkerung reichen […] um einen tiefgreifenden und nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel in Gang zu setzen.“
(Harald Welzer, Selbst Denken, Fischer-Verlag, Seite 185)

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