Einfacher leben

Nur die wenigsten Menschen haben es gerne kompliziert. Einfacher leben ist entsprechend ein schönes Ziel. Also weg mit all dem überflüssigen Kram. Was nicht da ist, muss auch nicht aufgeräumt werden – und was sollen wir schon mit dem 4. Brotmesser, den vielen Kabeln, für die es die passenden Geräte schon lange nicht mehr gibt. Und all die Bücher, die wir doch eh nie wieder lesen: Manchmal sind sie auch einfach nur viel zu viele überflüssige Staubfänger im Regal.

Einfacher leben mit weniger Krempel ist für viele Menschen erstrebenswert geworden. Doch nicht selten ist gerade der Weg zum einfachen Lebensstil mit einigen Komplikationen gepflastert. Denn welcher Kram ist überflüssig? Wohin mit dem Zeug? Entrümpel ich am Ende die falschen Dinge? Und so rödelt und räumt man und stellt fest: So schick und stylisch wie in manchen Videos oder Hochglanzmagazinen ist die eigene Wohnung dann nicht. Man könnte ja manchmal fast neidisch werden. Da gibts Menschen, bei denen liegt offensichtlich nichts herum und das Leben dieser glücklich in die Kamera schauenden Bewohner scheint so super einfach zu sein. Die besonders engagierten Menschen ernähren sich dann noch super gesund, bauen ihr eigenes Gemüse an, meditieren problemlos im Lotussitz, machen Sport und man findet nicht einmal das kleinste Fitzelchen Plastik. Einfacher leben in Perfektion – beeindruckend.

Mein Leben ist nicht so. Irgendwas ist immer. Leben ist zudem immer auch Bewegung und Veränderung. Perfektion wirkt dagegen irgendwie starr, wie ein Endpunkt. So lange möchte ich nicht warten. Einfacher leben zu wollen, ist ein Suchen, ein Prozess, ein Langstreckenlauf, ein Lebensstil. Wir leben zudem in einer Konsumgesellschaft und da ist es nunmal nicht so einfach, bei all den Gewohnheiten und ständigen Werbebotschaften, noch genau herauszufinden, was das eigene Leben wirklich vereinfacht. Perfektion ist mir da einfach nicht einfach genug, daher minimalisiere ich das mal. Das ist einfacher. Unperfekte Grüße in die Runde 😉

 

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28 thoughts on “Einfacher leben

  1. Du minimalisierst die Perfektion. Weil sie Dir zu groß ist. Sehr schön! Da muss man erst mal drauf kommen.
    Danke für Deine Gedanken, Pläne und Veränderungen, an denen Du uns teilhaben lässt. Ich genieße das sehr.

    1. Das freut mich natürlich. Mir gefallen einfach Anregungen, Inspirationen, Austausch – mit „besser, höher, weiter“ kommen wir ja schon lange nicht mehr weiter.

      1. mehr, größer, meins !, Einführung bis zum Erbrechen, teurer und seltener, alles zu mir !

        Die Werbung hilft den natürlichen Drang zu kanalisieren. Menschen sind Sammler und Jäger, der ständige Kauf verspricht Erlösung und Zufriedenheit.

        Am Ende ist meist bloß das Geld weg , und der Platz. Und die Leute fallen in ihr Loch zurück und werden depressiv. Weil sich Zufriedenheit nicht kaufen lässt.

  2. Es war schon in der Schule. Die Lehrer machten Druck Wenn man nicht in einer Gruppe war, plärrten sie, nicht sozial. Dazu gehörte ein Pulli usw.

    Konsum ist Sicherheit, Status usw.

    Ja, die Hochglanzmagazine, da liegt nichts persönliches herum. Wer lebt da? Das neue Statussymbol heisst Kein Fernseher.

    Ich mag nicht. Bei mir ist alles voll, weil ich etwas ausprobieren wollte, etwas verbinde. Entrümpeln bedeutet, einem Traum aufzugeben.

    Okay vielleicht war es keiner oder möchte weiter entwickelt werden. Nix statisches.

    1. Hm, das Fernseher nicht mehr so in sind, habe ich noch ga rnicht mitbekommen. Manche Leute haben den Fernseher einfach nur ausgetauscht – gegen Beamer und große Leinwand, also Heimkino. Und dann gibts auch diese Monsterfernseher, riesig groß, viele Menschen lieben das immer noch.

      1. Alle haben Handy oder anderes Display, kein Fernseher kann ja auch bedeuten, dass jemand stundenlang am Gaming-ﹰPﹰC sitzt.

        1. und auf dem Ding wird dann N-flix angeschaut, was ja irgendwie auch Fernsehen ist. In der Tat ist es ja egal, wie das Displayding heißt, auf dem man sich diese Sachen anschaut.

        2. Das erinnert mich an diese alten Röhren-Fernseher: Morgens maximal Schulfunk, nachmittags Kinderstunde, 24 Uhr Nationalhymne und dann Programmende. So lange habe ich das aber nie vor dieser Röhrenkiste mit den 3 Programmen ausgehalten. ?

  3. Schön, ehrlich geschrieben und viel angesprochen, danke Gabi für Deine zum Teil subtilen Denk- und Diskussionsanstösse.
    Schöner wohnen in Zeitschriften sind ähnlich wie Parteiprogramme oder wie die 10 Gebote in der Kirche. Und was dann ausserhalb der Öffentlichkeit (Politik) und ausserhalb der Kirche im verborgenen „gelebt“ wird, Mann und Frau staunen. Viel Fassade wie Make-up.
    Letzthin beim durchblättern des neuesten IKEA Katalogs sind mir alle Schauräume vorgekommen, wie vollgestopfte Angebotsregale. Die Fotos animieren ganz toll zum Aufräumen und Weglassen.
    So was war mir vor 30 Jahren als noch drei Kinder und zwei Katzen das Haus ausfüllten und belebten auch schon ein Ziel, mit wenigen echten selbsthergestellten Spielwaren und Kleidern glücklich zu leben. Und … es ist wie vieles im Leben mit Glück GUT heraus gekommen. Und das wünsche ich Allen hier vom Blog.

    1. Es ist sicher auch eine Frage des richtigen Maßes und das sieht natürlich auch bei jede/m ein Stück anders aus. Man muss wirklich aufpassen, sich nicht freiwillig in Überregulierungen, Ansprüche etc. zu begeben, die letztlich nur neue und unnötige Einengungen bedeuten würden.

  4. Ganz herzlichen Dank !! Mit Freude und Gewinn lese ich hier schon lange mit und heute kommt ein besonderer „Aha-Effekt“ dazu, so alltagsnah und tröstlich.
    Unperfekte Grüße ebenso.

    1. Ich finde, es ist ein Problem, wenn das allzu Perfekte, ein Bremsschuh für Außenstehende wird („schaffe ich eh nicht, also lasse ich es“). Sowas ist schade.

      1. Deswegen : anstatt Hau-ruck -weg-Marie-Kondo, von Zeit zu Zeit oder alternativ immer eine kleine überschaubare Aufgabe verrichten. Eine Schublade ausmisten , ein Kleidungsstück aussortieren. Das überfordert nicht. Es ist egal wie lange es dauert, wenn mehraus dem Haushalt rausgeht als zugekauft wird, wird es von selbst weniger. Also primär auf das Einkaufen achten !

  5. Tolles Thema! Ich schaue mir besonders gerne Roomtouren auf YT an und erwische mich auch manchmal bei dem Gedanken „Pff, ist doch alles inszeniert!“. Anderseits weiß ich von mir selbst, wie ordentlich und scheinbar perfekt manchmal alles wirkt, wenn meine Wohnung nicht gerade im Umbau, Umzug oder Raus-Rein-Modus ist – also, vielleicht ist doch nicht alles inszeniert und falls doch so what? Der Vergleich mit anderen führt sowieso nicht zur Quelle, das merke ich immer wieder. Man kann sich höchstens mit sich selbst vergleichen, abgleichen, neu ausrichten, was „jetzt“ und heute für mich stimmig ist.

    Es ist insgesamt ein Weg, kein Zustand. Genau wie Meditation ein Weg ist. Low Waste ist ein Weg. Ich finds toll wenn Minimalismus auf verschiedene Lebensbereiche übergeht… Ernährung, Nachhaltigkeit etc. Ich mag es am Liebsten, wenn es Spaß macht. Wir leben in dem Luxus, dass wir uns „aussuchen“ können, so reduziert zu leben. Es ist auch der Luxus, den Fokus auf sich und seine Bedürfnisse zu legen. Es ist kein Wettbewerb, kein Business.

    1. Luxus, den Fokus auf die eigenen Bedürfnisse zu legen – ja, ist in der Tat ein Luxus, insb. in der businessfreien Variante. Das genieße ich schon sehr.

  6. Hab’s auch die Tage gemerkt. Jetzt, wo ich wieder mehr koche, war es schnell unpraktisch ohne wenigstens ein Teesieb, Messbecher. Ein Notizklotz ist praktischer als sich immer Zettel zu schneiden. Und die Wiederentdeckung des Waschlappens. Da freu ich mich richtig drauf. Bunte Stabilo Points. Statt nur schwarze. Ich hab dieses Redesign auch. Regelmäßig. Und ich finde gerade ein gar nicht minimalistisches Haus wunderschön eingerichtet. Von einem Designer. Vielleicht liegt es nicht an der Menge, die mich sonst stört, sondern an der fehlenden Stimmigkeit und Ruhe.

    1. Visuelle Ruhe finde ich sehr gut. Und Dinge, in dem Maß, wie sie vorteilhaft sind und ich dann nicht viel aufräumen oder suchen muss. Papierkalender ist bei mir auch so ein Redesign, insb. beruflich – geht bei mir einfach schneller, jahrelang getestet.

  7. Perfektionismus ist der Feind des Guten. ?
    Und um bei den Spruchweisheiten zu bleiben:
    Nichts im Leben ist so sicher wie die Veränderung. Und: Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.
    Dein Artikel spricht mir aus dem Herzen. Das Leben im Hochglanzmagazin gibt es gar nicht. Alles Show. Wenn die Fotosession vorbei ist, holen die auch wieder ihren versteckten Kram aus den Ecken hervor. ? Weil man so perfekt optimiert gar nicht leben kann.
    Und den einen oder anderen dieser Perfektionisten sehen wir vielleicht in ein paar Jahren mit einem völlig neuen Lebenskonzept bei YouTube oder eben im Magazin. (Vielleicht Maximalismus… ?) Weil es dann vielleicht gerade wieder trendy ist.
    Da steckt keine Authentizität dahinter.

    1. Gerade den ein oder anderen Youtubern ist evt. auch nicht klar, wieviel sie von sich indirekt und „zwischen den Zeilen“ kommunizieren.

  8. Ha, wie echt. Die Leute mit dem „Jahresabfall im Glas“ können einem ja schon wirklich Angst machen. Auch die drei Tomatenpötte auf dem Balkon und der Bogenhanf in der dunklen Ecke ( wo er dann nach langem Leiden stirbt ) wirken inszeniert. Minimalismus und Perfektionismus liegen schon recht nah beieinander. Und der Perfektionismus ist manchmal gnadenlos, belehrend oder weltfremd oder soll vielleicht nur Klicks anlocken. Auf der anderen Seite , all das könnte authentisch sein, nur hat es mit mir nichts zu tun.

    1. Ich finds toll, so wenig Müll zu machen – eine faszinierende Herausforderung! Ich bin auch perfektionistisch, verteufele den Perfektionismus aber nicht mehr. Wenn man ihn auch als Fähigkeit annimmt, kann man schöne Sachen daraus machen. Die Lebensqualität ist entscheidend – wenn man anfängt zu leiden, ist es an der Zeit etwas zu ändern.

      1. Grundsätzlich finde ich wenig Müll auch gut. Das ist aber gerade mit diesem ganzen Verpackungswahn ein Problem. Es gibt natürlich Unverpacktläden, aber die Preise sind bei den Sachen, die ich da kaufen würde, durchweg etwa doppelt so hoch, wie das, was ich im Bioladen kaufe. Ich gebe schon recht viel für gute Lebensmittel aus, aber das macht mein Gehaltsgefüge definitiv nicht mehr mit.

        Anfang der 80er-Jahre hatte ich ohne jede Mülltrennung, ohne irgendein Bewusstsein in dieser Richtung, deutlich weniger Müll, als heute. Sowas ist schräg.

        1. Man konnte früher Müsli in der Papiertüte kaufen, heute sind in den Biosupermärkten nur noch Plastik mit Inhalt, und dann noch so blöde Kleinpackungen mit viel Verpackung für wenig Inhalt. Meist ist der Preis hoch, deshalb die Ware kleiner, sonst würde es ja keiner mehr kaufen. Wer kauft denn 500g Packungen, 1 bis 2 kg sollte eine Ladung schon haben.

          1. Früher als Kind hat mich ein Lebensmittelgeschäft am Wohnort meiner Kusine fasziniert. Dort konnte man Milch lose kaufen – Milchkanne mitbringen, dann wurde die Milch mit einem Halbliter-Gefäß direkt in die Milchkanne abgefüllt. Das war echtes Erlebniseinkaufen. Das Rückweg-Abenteuer bestand darin, die Milchkanne mit genau der Geschwindigkeit herum zu schleudern, dass die Milch nicht raus- und die Kanne nicht wegfliegt… Ein Spieleabo auf dem Handy ist nix dagegen. ?

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