Minimalismus – 10 Fragen an: Silke

Minimalismus – 10 Fragen an… ist eine kleine Reihe, in der (in unregelmäßigen Abständen) Leser/-innen meines Blogs zu Wort kommen, um die Vielfältigkeit des minimalischen Lebensstil deutlich werden zu lassen.

Heute: Silke

 

1. Wie ist deine jetzige Wohn- bzw. Lebenssituation?

Mein Sohn und ich leben in einer 2,5-Zimmer-Wohnung in einer bayerischen Großstadt zusammen auf 70 qm (inkl. Balkon). Mir ist das fast ein bisschen zu viel Fläche, aber ich war froh, diese tolle, helle Wohnung gefunden zu haben.

2. Warum hast du mit dem Minimalisieren angefangen?

Ziel war damals gar nicht, jede Menge Dinge loszuwerden, das hat sich erst nach und nach ergeben, weil mich alles was weg war, seltsam erleichtert hat. Los ging es mit Büchern, CDs, DVDs und Gesellschaftsspielen, die ich nie mehr gelesen oder genutzt habe. Was übrig war, habe ich dann auf die bestehenden Regale verteilt. Irgendwann sah das aber auch komisch leer aus, so dass ich dann lieber auch die überflüssigen Regale verschenkt habe. Auslöser des Ganzen war eine persönliche Krise: Ich war bei meinem Partner ausgezogen, saß in der neuen Wohnung und hatte eine Wut, dass das ganze Zeug mir jetzt auch nicht weiterhilft. Das klingt lustig; aber genau das war das Gefühl zur Erkenntnis: „Dinge machen dich nicht glücklich!“

3. Was denken andere Menschen (Familie, Freunde, Nachbarn…) über dein Loslassen von Dingen?

Meine Geschwister und Freunde kennen das Ausmist-Phänomen ja inzwischen an mir und wer neu in meine Wohnung kommt, der findet sie meistens sehr schön: klar, hell, aufgeräumt, freundlich. Wer immer noch, auch nach Jahren damit rechnet, dass ich mir irgendwann alles wieder kaufen werde, ist meine Mutter. Aber ich denke, da wird sie nicht Recht behalten.

4. Am leichtesten ist mir gefallen…

Fast alles! Ich hänge an Menschen und Erlebnissen, nicht an Besitztümern. Wenn Freunde etwas in meiner Wohnung gelobt haben, habe ich Ihnen oft angeboten, es gerne mitzunehmen. Auch das Ordnung schaffen an sich, macht mir Spaß.

5. Am schwersten finde ich …

… teure Dinge wegzugeben, wie neulich mein Fahrrad. Das stand seit fast zehn Jahren immer im Keller, da Radfahren einfach nicht mein Fall ist. Drei Umzüge habe ich es mitgeschleppt und dachte „irgendwann willst du vielleicht eine Tour damit machen“. Als neulich Räder für einen sozialen Zweck gesammelt wurden, habe ich es endlich abgeben können. Es wurde abgeholt, also hatte ich nicht mal Aufwand mit dem „Entsorgen“. Ich glaube, das war der letzte Auslöser: dass das Spenden mir so leicht gemacht wurde.

6. Auf keinen Fall würde ich noch mal…

… so beschwert durchs Leben gehen wollen. Wenn einem einmal auffällt, wie viel Ablenkung eine volle Wohnung birgt, wie viel Geld und Lebenszeit dafür drauf ging und noch geht (z.B. durchs Putzen oder als Umzugskosten), der will nie mehr zurück in eine „normale“ Wohnung. Auch die Zeit, die ich früher mit Stadtbummel und Kataloge-Anschauen verbracht habe. Oje.

7. In jedem Fall würde ich noch mal…

anfangen! Ich mache jedem Mut, es zu probieren. Behaltet nur, was ihr braucht, was passt, besonders gut gefällt. Und dann macht auch darauf gefasst, dass ihr euch auch im Inneren verändert. Das Gefühl von Freiheit beschränkt sich nämlich nicht nur auf den frei gewordenen Raum.

8. Welches praktische Vorgehen hat sich bei dir bewährt?

Mit den ganzen Ausmist-Methoden habe ich mich erst viel später befasst, als ich vom Begriff „Minimalismus“ gelesen und gehört hatte. Aber im Prinzip bin ich nach Kategorien vorgegangen. Von Medien über Kleidung und Küchenutensilien bis hin zu Möbeln und Erinnerungsstücken. Jetzt ist nicht mehr viel Überflüssiges da, da nehme ich mir einfach ab und zu eine Schublade vor.

9. Welche Vorteile hat es für dich, weniger Dinge zu besitzen?

Eindeutig weniger Verantwortung dafür zu haben. Zum Beispiel für mein Auto, das ich 2017 abgeschafft habe. Es brauchte Stellplatz, Reifenwechsel, TÜV, Versicherungen, Navi-Updates, Ölwechsel, neue Reifen etc. Bei jedem Werkstattbesuch war ich misstrauisch, ob die empfohlenen Reparaturen auch wirklich nötig sind. Wer von Autos keine Ahnung hat, wie ich, muss sich da auf Aussagen verlassen, die ich nicht nachprüfen kann. Damit komme ich schwer zurecht.

Außerdem spare ich durchs Nichtkaufen natürlich viel Geld und muss nicht Vollzeit arbeiten. Das Putzen geht auch schneller; Umzüge sind einfach; ich habe optisch mehr Ruhe in der Wohnung; aufräumen muss ich nie – jedes Ding hat immer seinen Platz. Es gibt nur Vorteile.

10. Gibt es noch etwas, was du mitteilen möchtest?

Ja, sehr gerne. Wie oben angedeutet, hat ein minimalistisches Leben bei vielen Menschen noch weitere positive Auswirkungen mit sich gebracht als die übersichtlichere Wohnung: weniger belastende Gedanken, ein Gefühl von Freiheit und Dankbarkeit, dass alles, was man braucht, ja da ist, mehr Umweltbewusstsein und innere Ruhe. Die Kombination aus all dem macht mein Leben insgesamt viel schöner als vorher.

 

 

Flur mit Flurgarderobe. an der Garderobe ein Blazer, sowie Schal. Die Garderobe hat oben eine Ablage. Darauf ein grauer Kasten, sowie vermutlich ein Schal
Garderobe

 

Wohnzimmer mit geradeaus schwarzer Kommode auf der mehrere Pflanzen stehen und mittig eine kleine Tischlampe. Am rechten Bildrand ansatzweise ein braunes Sofa.
Wohnzimmer

 

Älterer, weiß lackierter Esstisch mit 3 Stühlen. An der Wand 11 Bilder zum Rechteck angeordnet
Essplatz im Wohnzimmer

 

Blick durch eine geöffnete Tür ins Schlafzimmer auf ein Bett, Stehlampe. An der Wand 2 Bilder
Mini-Schlafzimmer mit Pappbett

 


Zum Weiterlesen:

 

23 thoughts on “Minimalismus – 10 Fragen an: Silke

  1. In deiner Wohnung würde ich mich auch wohlfühlen. Sehr schön.
    Viele Bilder an den Wänden machen mich normalerweise unruhig, aber so, wie du sie angeordnet hast, strahlt es Ruhe aus und wirkt sehr ästhetisch. Auch durch die gleichen Rahmenfarben.
    Das Pappbett finde ich genial, habe mir die Seite des Herstellers schon abgespeichert.

    LG Heike

    1. Hallo Heike,
      ja, das Pappbett ist echt cool, günstig und problemlos recyclebar. Danke auch für die Lobesworte für meine Wohnung 🙂 Die Art, viele Bilder eng aneinander zu platzieren, nennt sich „Petersburger Hängung“. Um trotzdem ein ruhiges Ambiente zu bekommen, kann man sich dabei z.B. für gleiche Motive entscheiden (z.B. alles Schiffe, alles Natur, alles Portraits), für ähnliche Rahmen, Farben – und dazu auch Blickachsen einplanen. Ich hab das mit sämtlichen Rahmen am Boden ausprobiert und dann von oben drauf geschaut bis es stimmig war. Liebe Grüße!
      Silke

      1. Wenn man gerne viele Bilder an der Wand hat, ist das wirklich eine prima Sache, um trotzdem Ruhe reinzubringen. Die Idee, dies vorher auf dem Fußboden auszuprobieren finde ich phantastisch.

  2. Hallo,

    habe gerade die Reihe „10 Fragen an….“ verschlungen. Schöne Idee und jede Wohnung auf ihre Art wohltuend abhebend vom sonstigen Wohnstandard.

    Hier finde ich die grau/weiß/schwarz Kombi sehr ansprechend.

    Was für ein Pappbett ist das?

    Viele Grüße

    Sonja

    1. Hallo Sonja, zum Pappbett steht unten bei Kristins Beitrag schon Einiges. Schau doch mal da nach 😉 Liebe Grüße, Silke

  3. Ganz ehrlich Silke – ich finde, das sieht bei Dir faszinierend aus, irgendwie ausgewogen sowohl in farblicher Abstimmung als auch in der Anzahl der Gegenstände! Nicht bloß einfach leer – Du hast wirklich etwas hübsches gezaubert!

    1. Danke Olaf; sehr liebes Kompliment von dir. My home is my castle, ich kann es nicht anders sagen. Der Verzicht auf zu viele Farben ist mir wichtig, sonst würde es am Ende – trotz wenigen Gegenständen – gar nicht ruhig wirken. Vielleicht ist das der wichtigste Ruhetrick überhaupt, und funktioniert auch, wenn man viel mehr besitzt? Viele Grüße!

      1. Ich kann das auch bestätigen, allerdings habe ich nie Buntes um mich herum gemocht, es gab für uns keine Umstellung in puncto Farbe. Keine bunte Wandfarbe oder schrille Möbel. Bei uns ist alles weiß, kiefer, dunkelblau ( Sofa und Boomer-Tiffanylampe)

  4. Deine Wohnung gefällt mir total gut und ich bin fast schon überwältigt von deiner dunklen Kommode mit den vielen Pflanzen.
    Aber ich frage mich, wie das Ausmisten und der Minimalismus mit Kind funktioniert?
    LG
    Sabiene

    1. Hallo Sabiene,
      mein Sohn ist inzwischen ein Teenager, da ist das Thema „Spielzeug“ absolut durch. Mehr als Fahrrad, Ball und Playstation braucht er nicht (sagt er), und auch früher hatten wir nicht unendlich viel Zeug. Höchstens Playmobil 🙂 . Aber das ließ sich später gut wieder verkaufen. Die schwarzen Kommoden finde ich auch chic. Da stand früher der Fernseher drauf (jetzt ist er weg).
      Liebe Grüße!

  5. Hallo Silke, du hast eine schöne Wohnung. Sie wirkt schön klar und beruhigend!
    Was hat es denn mit dem Pappbett auf sich? Ist das selbst gebaut?

      1. Liebe Kristin,
        das Pappbett ist von „Room in a box“… einem Berliner Unternehmen. Es ist super stabil und sehr praktisch. Man kann es nach dem Ziehharmonika-Prinzip ausbreiten und bei einem Umzug z.B. einfach wieder zusammendrücken und ins Auto tragen. Ich glaube es wiegt um die 12-14 Kilo. Musst du mal googlen; das gibt es auch in weiß, türkis und eben unbehandelt im Papp-Look. Ich bin sehr zufrieden damit… wahrscheinlich weil ich eben keine Katzen habe, die dran kratzen 😉

        1. Hallo Silke,

          das Pappbett finde ich mal genial, gehört habe ich von solchen Möbeln schon, aber noch nicht weiter mit beschäftigt. Der Preis ist auch völlig in Ordnung.
          Wie stabil und wasserfest ist das?

          1. Hallo Stephan,
            das Bett ist absolut stabil, und wenn man drauf liegt, käme man nicht auf die Idee, dass das quasi „Papier“ ist. Normales Bodenwischen ist kein Problem; was verschnüttet habe ich daneben noch nicht. Wenn man es sofort wegwischt, dürfte aber auch das kein Problem sein. Die Pappe ist wirklich fest und hochwertig.
            LG Silke

  6. Hallo Silke,
    sehr schöne Bilder. Respekt keinen Auto mehr . Aber auch kein Fahrrad, vielleicht hast Du so einen Einkaufstrolley ? Sonst ist das ja Schlepperei. Oder man wohnt über einem Supermarkt, so wie ich vor 25 Jahren, das war praktisch. Man dürfte mir ziemlich viel wegnehmen, um das Rad würde ich kämpfen, gerade jetzt ist das ohne Maske ein Stück Normalität im Vergleich zum öffentlichen Nahverkehr.

    1. Hallo Thorsten,
      nee, einen Einkaufstrolley habe ich auch nicht *lach*, wäre aber mal eine Überlegung wert. Es klappt aber trotzdem, bin weder halb verhungert noch ist Einkaufen ein Problemthema. Dabei wohne ich im 4. Stock ohne Aufzug. Zum Thema Fahrrad: persönlich laufe ich lieber 30 Minuten als zehn Minuten Rad zu fahren; gern auch lngere Strecken, denn Wandern ist eins meiner Hobbies. Im Alltag nutze ich den ÖPNV und auch Reisen mache ich inzwischen am liebsten mit dem Zug. Das nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch, aber da ich den Tag weniger voll plane(n kann) ist er subjektiv entspannter und intensiver.

      1. Das Auto abzuschaffen hatten wir auch mal überlegt, konnten uns aber bisher nicht dazu entschließen. Wir haben einen Garten und müssen ab und zu Sachen wegfahren. Oder falls unser Kater mal zum Tierarzt muss, dann kann ich jederzeit losfahren. Allerdings kann man für so einen Fall auch ein Taxi nehmen…
        Vielleicht bekomme ich meinen Mann irgendwann mal überzeugt es zumindest mal auszuprobieren. Mein Mann selbst fährt z.B. viel lieber mit dem Roller. Ihn nervt der Stadtverkehr total.

  7. Liebe Silke,
    das hast du wunderschön geschrieben, mir gefällt dein Schreibstil sehr gut. Auch finde ich deine Einrichtung hübsch, da würde ich mich auch wohlfühlen. Wir sind scheinbar sehr ähnlich vorgegangen, was das Minimalisieren betrifft. Ich finde viele Parallelen zu mir. Ich wünsche dir weiterhin viel Freude bei deinen weiteren Vorhaben. Du klingst jetzt schon sehr zufrieden und in dir ruhend. Wie wunderbar.

    1. Liebe Sabrina,
      danke für deine lieben Worte! Ich freue mich, dass dir mein Wohnen und Schreiben zusagt. Die Kategorie der „10 Fragen“ finde ich deshalb so super, weil man dadurch viele verschiedene Ansätze und Wohlstile sehen kann, die dennoch alle unter Minimalismus zusammengefasst werden können. Das ist sehr bereichernd – und man fühlt sich im Austausch, schließlich ist man im weiteren Freundeskreis oft der/die Einzige, die so reduziert lebt. Schön, dass Gabi uns die Möglichkeit zu diesem Austausch gibt. Danke, Gabi! 🙂
      Auch dir alles Liebe und Gute für deine Projekte und Ziele, liebe Sabrina!

      1. Oh, sehr gerne. Ich finde es ja selbst spannend. Genau genommen, war es Thorstens Idee, der ja auch diese Reihe eröffnet hat. Wir hatten per Email über einen Gastbeitrag gesprochen und Thorsten meinte, Fragen seien doch schöner. Also habe ich mir einige Fragen überlegt – und dann kam mir der Gedanke, dass es eine prima Sache wäre, einfach mal noch ein paar mehr Einblicke in das so vielfältige minimalistische Leben zu bekommen.

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