Minimalismus – 10 Fragen an: Thorsten

Minimalismus – 10 Fragen an… ist eine kleine Reihe, in der (in unregelmäßigen Abständen) Leser/-innen meines Blogs zu Wort kommen, um die Vielfältigkeit des minimalischen Lebensstil deutlich werden zu lassen.

Heute: Thorsten

 

Minimalismus – 10 Fragen an: Thorsten

1. Wie ist deine jetzige Wohn- bzw. Lebenssituation ?

Wir sind eine Familie mit zwei Kindern und zwei Katzen. Wir wohnen in einem Haus mit kleinem Garten. Ich habe bis vor einigen Jahren gearbeitet, dann bewusst aufgehört. Meine Frau arbeitet inzwischen nur noch halbtags.

2. Warum hast du mit dem Minimalisieren angefangen?

Die Übersicht über die Dinge war nicht mehr gegeben. Beruflich und privat wurde es immer mehr, was unerledigt und unübersichtlich wurde. Einigen Versuchen Dinge zu vereinfachen, stand das Anschaffen von neuen  Dingen gegenüber. Wenn man über Jahre im Hotel lebt, Vollzeit arbeitet und nur am Wochenende etwas tun kann, dann bremst das ungemein.

3. Was denken andere Menschen (Familie, Freunde, Nachbarn,…) über dein Loslassen von Dingen?

Die Familie weiß es, ich denke nach anfänglicher Skepsis  bewundert sie es etwas. Dem Loslassen von Dingen steht aber auch eine gewisse finanzielle Sicherheit gegenüber, die über die Jahre zuvor erarbeitet wurde.  Insofern kann ich mir das auch „erlauben“.  Die Nachbarn wissen es nicht, sie eifern um Größe des Fernsehers und Auto. Das war uns schon immer fremd. Im Kern waren wir schon immer sparsam. Das haben wir glücklicherweise von den Eltern gelernt.

4. Am leichtesten ist mir gefallen…

Medien gingen ganz schnell weg, man braucht sie heute nicht mehr. Anziehsachen waren auch einfach.

5. Am schwersten fand ich …

Mein Musikinstrument. Was einen über Jahrzehnte begleitet, aber dann zur Last wurde. Hier habe ich über lange Jahre gekämpft und überlegt.

6. Auf keinen Fall würde ich noch mal…

Haufenweise Zimmerpflanzen anschleppen. Sie nehmen Platz weg, müssen ständig gegossen, umgetopft werden und die Trauermücken im Winter sind auch eklig. Ich habe nur noch 12 Stück über das Haus verteilt. Jede Pflanze hat ihren Zweck,z.B Sichtschutz im Bad oder Luftreinigung.

7. In jedem Fall würde ich noch mal…

Anfangen an irgendeiner Stelle, man darf sich nicht entmutigen lassen, wenn es Stunden, Tage, Wochen, Jahre dauert.

8. Welches praktische Vorgehen hat sich bei dir bewährt?

Da bin ich mir mit meiner Frau einig: Alles in „Kategorien“ auf einen Haufen werfen und dann sortieren, erscheint sinnfrei. Das kann man vielleicht in hoffnungslos überfüllten Wohnungen als Notmaßnahme machen und wenn es nicht so lange Wege oder Treppen gibt. Das dauert dann auch ewig, man kann ja nicht Urlaub nehmen und braucht den Platz, der von den Haufen zusätzlich erfordert wird, selbst zum Leben. Es gibt auch viel, was gar nicht in Kategorien passt.
Deshalb nehmen wir uns eine Schublade, ein Regalfach, alle T-shirts in einem Schrank etc. und arbeiten genau diese Menge ab. Jeder für sich mit seinen Sachen, bei gemeinsamen Dingen wird abgestimmt. Man kann dann jederzeit aufhören, muss nicht so viel herumlaufen. Die aussortierten Dinge kommen dann ins Erdgeschoss zur Zwischenlagerung: Altkleider auf die Garderobe, bei einem Spaziergang werden sie ins Recycling gegeben.

Als es noch sehr viel war, wurden die Sachen mit der Einkaufsmethode (stapelbare Plastikkisten als Zwischenlager ) entsorgt. Das hat den Vorteil, dass man schnell viel an einer Stelle aussortieren kann, allerdings ist das Entsorgen großer Mengen generell mit viel Zeit verbunden. Die Kisten müssen zügig wieder leer werden.

Dinge, die zueinander gehören, sollten möglichst beieinander liegen. Da kämpfe ich noch. Wenn man im Dachgeschoss umtopft und draußen Sturm ist, dann ist es blöd, wenn die Töpfe im Schuppen sind, man kommt nicht dran. Ich habe immer noch Sachen für Pflanzen und fürs Haus im Dachgeschoss, aber deutlich weniger. Gartensachen nur im Gartenschuppen.  Wenn ich nicht im Winter umtopfe, dann kann ich alles im Schuppen lagern. Also wird das in Zukunft so gelöst.
Werkzeug/Dinge fürs Haus sollten nur in der Kammer sein. Die ist allerdings nur von draußen zugängig, so dass sich immer wieder Dinge drinnen ansammeln. Die müssen dann wieder zurückgebracht werden.
Disziplin ist notwendig und regelmäßiges Durchsehen.

9. Welche Vorteile hat es für dich, weniger Dinge zu besitzen?

Es ist leichter, Dinge wiederzufinden. Emotional aufgeladene Sachen und solche, die bloß in die Vergangenheit zeigen und weder in Gegenwart noch Zukunft eine Verwendung haben und belasten, wurden entfernt. Viele Dinge überfordern einen sogar. Man sollte die Dinge kontrollieren, nicht umgekehrt. Wer sich hinter Bücherregalen und Sammlervitrinen versteckt, wird mit der Zeit durch den immer kleiner werdenden Platz und die vielen ablenkenden Details unbeweglich, ist zu befürchten. Mehr Platz und weniger Dinge bedeutete mehr Klarheit und Freiheit für eine Planung, die Gegenwart und Zukunft beinhaltet.

10. Gibt es noch etwas, was du mitteilen möchtest?

Nicht aufgeben, Minimalismus ist ein Prozess mit intensiven Phasen und Pausen, Hochgefühlen und auch Rückschlägen. Die Sicht auf die Dinge ändert sich mit der Zeit. Deshalb kann man nach einiger Zeit auch Dinge loslassen, die man Jahre zuvor nicht hergeben wollte. Das ergibt sich mit der Zeit, man kann Entscheidungen ruhig verschieben, bis man sich sicher ist. Aber man muss dran bleiben, am besten jeden Tag oder Woche eine kleine Ecke anschauen und ausmisten, oder wenn alles in Ordnung, bloß sauber machen, sortieren. Dann hat man diese Ecke abgehakt mit einem guten Gefühl – bis zum nächsten Mal. Minimalismus bedeutet Entspannung, aber auch Kopfarbeit im Wechsel. Bisher habe ich nichts weggegeben, das ich später vermisst hätte, was meine große Angst war…

 

Update: Hier ein paar Fotos:

 

Dachschräge: links vorne 2 Kartons, dahinter eine Dachterassentür. In dem Gang vor der Terassentür eine Sitzecke mit 3 Stühlen und Tisch

Wohnzimmer mit Blick auf links eine Essecke mit 5 Stühlen, in der Mitte 2 Schränke. Rechts Terassentür. Am rechten vorderen Rand eine Blume.

Links vorn kleiner Schrank mit Drucker, geradeaus Terassentür mit Zugang zu einem Balkon. Davor einige kleine Pflanzen. Rechts ein Schrank und kleiner Tisch. Im rechten vorderen Bildrand ansatzweise ein Schreibtisch mit PC erkennbar.

 

Zum Weiterlesen:

14 thoughts on “Minimalismus – 10 Fragen an: Thorsten

  1. Super Beiträge von allen – hab sie jetzt allesamt durchgelesen =).

    @Thorsten: bei den Pflanzen kann ich dir nicht zustimmen – ich wohne auf knapp 60qm und habe sicher an die 30 Stück verteilt auf 3 Räume. Ich liebe es einfach, mich wie in einem „Dschungel“ zu fühlen, das Grün der Blätter und die Blüten liebe ich einfach anzusehen!

    LG
    Klaus

  2. Hallo Thorsten, das sind viele interessante Gedanken.
    Mich würde interessieren, wie man als Minimalist Katzen hält, man braucht ja z. B. Kratzbäume, Kratzbretter, Spielzeug, bergeweise Futter und Streu, Kuscheldecken etc etc.
    Wie bekommen Sie / bekommst Du das hin?
    Viele Grüße von Uta

  3. Danke! Tolle Anregungen dabei.

    Für mich möchte ich gerne die Fragen beantworten. Sicher spannend, was dabei herauskommen wird. „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Brauche ich das wirklich.

    Mit vieles hadert man doch. Der Toaster ist toll, doch ich hab den dann doch weg und bin froh. Ich hatte vor einem Jahr eine Heißluftfriteuse besorgt. Die steht seither im Keller. Ich mag es nicht, wenn die Arbeitsfläche voll ist. Da steht schon ein Wasserkocher, Lochlöffeleimer, Gewürze, Kaffeemaschine, Öl und Essig und anderes was von der Höhe nicht in den Schrank paßt. Ein Brotbackautomat und Sets. Auf der Kommode habe ich die Küchenrolle, den Zauberstab, Sprudelgerät, Etagere für Obst usw., ein Brotkorb, eine Dose für Kaffee. Ist schon ziemlich voll. Noch mehr würde ich nicht packen wollen.

    Unter der Bank im Flur habe ich kürzlich einen Einkochautomat gefunden. Wenn ich ehrlich bin, eher Deko. Es gibt auf der Online-Plattform meiner Stadt die Möglichkeit, kostenlos Kleinanzeigen aufzugeben. Ende Mai habe ich Urlaub. Ich hab kurzfristig umdisponiert und bleibe zuhause. Vorher habe ich dank HomeOffice entspannen können.

    Ja, eigentlich brauchst du Zeit und Muse fürs Ausmisten. Meist fangt man an, keine Zeit mehr, wühlt nach etwas anderes. Bis man versieht, sieht es schlimmer aus als vorher und der Mut verläßt mich jäh! Halb so schlimm, wenn …. usw.

    1. Küchenmaschine habe ich auch! 🙂

      ich weiß schon gar nicht mehr, was ich so habe, lach!

      1. „Unter der Bank im Flur habe ich kürzlich einen Einkochautomat gefunden“.
        Herrlich , wie beim Pilze suchen. Mein Ziel wäre es solche Uberraschungen nicht mehr zu haben. Das geht nur mit weniger.
        Die Küche ist bei uns alkerdings ein Hotspot, wir haben so ziemlich alles. Aber keine Friteuse, keine Kaffeemaschine. Dafür anderes : Waffeleisen, Sandwichmaker, MrCuisine. Ich bin mit der Küche nicht wirklich zufrieden, aber ich wohne ja nicht alleine. Die Dinge in der Küche werden benutzt oder haben eine Chance einmal im Jahr verwendet zu werden. Gerade jetzt, wo jeden Tag gekocht wird bin ich schon froh, dass es nicht zu wenig ist.

        1. Ich finde, der gesamte Küchenbereich ist so ein Dinge-Hotspot, auch im 1- oder 2-Personen-Haushalt. Erst recht, wenns noch mehr Leute sind. Obwohl ich beispielsweise wirklich eine minimalistische Ausstattung habe, ohnehin nicht gerne koche, machen die Küchensachen den Großteil der Dinge bei mir aus.
          Aber wegen jedem Kleinkram beim Pizzaservice etc. anrufen, ist auch Unsinn und auch reichlich teuer.

          Ich wundere mich auch darüber, dass sich so viele Leute – auch ganz ohne Corona – inzwischen fast nur noch in Cafés, Restaurants etc. treffen und sich weniger Zuhause treffen, um mal einen Kaffee zusammen zu trinken, zusammen zu kochen oder sich einfach mal zum gemeinsamen Frühstück verabreden.

  4. Wow, tolle Idee für ein Format! Und super spannend/ inspirierend zu sehen, wie andere sich so einrichten. Sieht richtig gemütlich aus bei Thorsten! Und ich beneide ihn darum, dass er aufgehört hat zu arbeiten – das würde ich auch gerne, zumindest in dem Ausmaß wie ich es momentan tuen muss, um zu überleben.

    Liebe Grüße, Aura

  5. Guten Sonntag,

    die Idee finde ich großartig, Leser dieses blogs zu Wort kommen zu lassen! Und wenn die Texte – wie es hier der Fall ist – nicht zu lang und zu ausschweifend sind, liest es sich flüssig und kurzweilig. Das Sahnehäubchen wäre evtl. ein Foto von der Familie und/ oder dem Haus/ eines Zimmers gewesen. LG aus Erfurt – Andrea!

      1. Hallo Thorsten,
        danke für die Fotos. Eine gute Idee. Ich habe deine Fotos oben noch mal zusätzlich im Beitrag verlinkt (ist hoffentlich ok) und dort noch mal mit einer Bildbeschreibung für die blinden Leser/-innen ergänzt.

        1. ja, gerne. Die Pappkisten und die hellen Sisalmatten sind für die Katzen zum Krallen schärfen.
          Der dunklere Läufer wird ab und zu unterwühlt im Jagdtrieb. Ich könnte darauf verzichten und bin schon länger am überlegen, ob ich ihn loswerde. Alter ca. 30 Jahre 😮 immer mitgeschleppt bei jedem Umzug. 1000 mal gerückt, gerutscht, gesaugt, wieder hinglegt, weia ! Sollte man Fotos machen, um Eingebungen zu erhalten ?? Ich glaube sie ist gleich weg !
          An anderen Stellen im Haus ist es deutlich voller, das sieht nur so leer aus 🙂 🙂 🙂

      2. Wow! Das ging ja super schnell! Danke! Gefällt mir! Bin begeistert! (und selber noch laaange nicht so weit…) Allen einen guten Wochenstart!

        1. Der braune Läufer im Dachgeschoss ist aussortiert und im Recycling . „ist doch noch gut“. Meine Güte.

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