Gewohnheiten verändern

Wer kennt das nicht: Nichts ist hartnäckiger, als eine Gewohnheit. Vielleicht ist es das Eis oder der Kuchen, der gewohnheitsmäßig am sonnigen Wochenende besonders lecker schmeckt. Und schwupps, schon gegessen, bevor man sich darüber klar wird, dass man doch eigentlich mal gesünder essen wollte.
Oder gewohnheitsmäßig fliegt der Schlüssel nach dem Zurückkehren nach Hause auf irgendeine Ablage, mal in der Küche, mal im Wohnzimmer, mal im Flur, … Und am nächsten Tag in aller Hektik die Frage „Wo war der Schlüssel jetzt nochmal…?“
Bei manchen Menschen geraten auch immer wieder Kleidung, Bücher und sonstiger Kram im Einkaufswagen, obwohl man doch eigentlich nichts kaufen wollte.

Letztlich ist es auch unerheblich, in welchen Bereichen die sog. schlechten Gewohnheiten am hartnäckigsten sind. Immer wieder versuchen wir alle mehr oder weniger häufig, diese schlechten Gewohnheiten zu verändern. „Ich esse ab jetzt gesund“, „Ich mache einen Einkaufsstop“, „Ich gehe jetzt endlich joggen“ – jede/r von uns hat andere Vorsätze, andere Baustellen und nicht selten sind es immer wieder die gleichen Stellen, an denen wir scheitern. Doch wie lässt sich nun wirklich etwas verändern und zwar dauerhaft?

Minimalismus auf Handlungsebene

Da Gewohnheiten wirklich sehr hartnäckige Hausbewohner sind, die man nur schlecht wieder los wird, ist es am einfachsten, sich neue Gewohnheiten anzueignen und so einige der sog. schlechten Gewohnheiten überflüssig zu machen. Dazu ein paar Tipps:

  1. Verändere nur EINE kleine Mini-Stellschraube, nicht mehr. Irgendetwas, was nicht so aufwändig ist und sich relativ gut in den Alltag einbauen lässt.
  2. Lass alles andere erstmal, wie es ist.

So eine kleine Mini-Stellschraube wäre beispielsweise, wirklich den Haustürschlüssel mal an genau diese eine, immer gleiche Stelle legen. Oder statt großer Sportvorhaben, das Auto erstmal einfach weiter entfernt parken, damit man noch einige Schritte laufen muss. Oder gehe für jede einzelne Süßigkeit extra einkaufen, kaufe wirklich nichts auf Vorrat. So fällt gerade abends schonmal einiges an Süßkram weg, weil man einfach zu bequem ist, nochmal vor die Tür zu gehen 😉

  • Bleibe jeweils sehr hartnäckig bei genau dieser einen kleinen Mini-Stellschraube. Idealerweise mindestens 4 Wochen, besser 6 bis 8 Wochen, bei Bedarf auch noch länger – manches dauert auch durchaus gefühlte Ewigkeiten.
  • Bleibe am besten so lange dabei, bis zu merkst, dass diese kleine Veränderung nun zu einer Gewohnheit geworden ist, über die du nicht mehr extra nachdenken musst.
  • Erst wenn das der Fall ist, dann stürze dich auf die zweite Mini-Stellschraube.
  • Ein ergänzender Tipp: Gewohnheiten lassen sich einfacher verändern, wenn man „Mitstreiter“ bzw. Mit-Veränderer sucht. Gemeinsam ändert sich etwas leichter, da man sich gegenseitig unterstützen, anspornen und ermutigen kann.

 

Kleine, aber konsequente Schritte

Das eigentliche Geheimnis ist, wirklich nur einen kleinen und überschaubaren Teil zu verändern – aber genau bei diesem Teil dann wirklich sehr hartnäckig dran zu bleiben. Erst im Laufe der Zeit kann man dann nach und nach weitere Bausteine dazu nehmen. Man kann dann auch bei dem ersten Veränderungsbereich bleiben und ihn ein wenig ausweiten. Also statt nur das Auto weiter entfernt zu parken, lasse als nächsten Schritt alle Rolltreppen links liegen und gehe konsequent die Treppen hoch. Oder entferne mal den ganzen Frühstücks-Süßkram oder schränke ihn zumindestens deutlich ein, d.h., eine Marmelade statt fünf und weg mit dem Schokoaufstrich beispielsweise.

Achte immer darauf, dass dieser Minimalismus auf Handlungsebene wirklich nur schrittweise, aber konsequent und in überschaubarem Umfang erfolgt. Nur so kann es gelingen, diese erarbeiteten Veränderungen wirklich zur Gewohnheit werden zu lassen und diese beizubehalten – auch dann, wenn der Alltag gerade besonders belastet ist, man den Kopf komplett woanders hat oder sonstige Unabwägbarkeiten im Weg stehen.

Funktioniert eine Änderung der Gewohnheiten in kleinen Schritten immer?

Nein, wer nicht wirklich will, wird damit auch nicht weiter kommen.

Auch wenn Suchtfaktoren eine Rolle spielen, wird es sehr schwierig und es wird vermutlich nicht ausreichen. Hier halte ich es für sinnvoller, dann die innere Größe zu entwickeln, sich entsprechende professionelle Hilfe zu holen. Mit Unterstützung geht bekanntlich alles einfacher, insbesondere, wenn man sich eine fachlich versierte Person ins Boot holt.

Es gibt natürlich auch Menschen, die mit dem „Hauruck-Verfahren“ besser klar kommen und sagen „ich ändere alles und zwar sofort.“ Wenn ich aber die Zahl der gescheiterten Neujahrsvorsätze anschaue, denke ich, dass es nicht ganz so viele Hauruck-Typen geben kann.

Sich das Leben ein wenig schöner und einfacher machen

Auch mir selbst hat der Minimalismus auf Handlungsebene übrigens schon gut geholfen, einige Gewohnheiten in meinem Alltag zu etablieren. So sind die Zeiten endloser Spülberge schon lange vorbei. Aufräumen, Sauberhalten der Wohnung, Schritte zu mehr Nachhaltigkeit, usw. gelingen heute sehr viel besser und einfacher.

Minimalismus auf Handlungsebene ist weit entfernt davon, wenig oder gar nichts tun. Es ist vielmehr kleinschrittige Hartnäckigkeit, um sich mit positiven Gewohnheiten das Leben ein wenig schöner und einfacher zu machen.

 

Photo: Derek Thomson

 

6 thoughts on “Gewohnheiten verändern

  1. Ein guter Tipp wäre noch zu überlegen, WARUM man etwas ändern will. Habe ich ein Ziel vor Augen, fallen mir Veränderungen leichter. Warum will ich den Schlüssel immer an der selben Stelle haben? Weil ich morgens nicht suchen muss, weil Suchen mir Stress verursacht, weil ich dann morgens 10 Min. länger schlafen kann usw. Wenn ich wirklich weiß, dass meine geplante Veränderung nützlich ist und mir mehr Lebensqualität bringt und der Kampf sich lohnt, bleibe ich auch eher dran!

  2. Ein sehr intensiver Beitrag. Gewohnheiten und Gegenstände sind miteinander verbunden. Je weniger Gegenstände vorhanden sibd, desto mehr können andere in ihrer Benutzung hervortreten und ggfl. in ihrer Benutzung korrigiert oder mehr genossen werden. Der Kopf wird freier und je mehr konsequent durchdacht wird, desto einfacher wird es. Aber das kostet Zeit, man muss sie sich geben. Jede Veränderung muss erfahren und gespürt werden und sie kostet Energie. Ändert man zu viel auf einmal, überfordert man sich vielleicht sogar . Manches dreht man vielleicht auch wieder zurück oder variiert. Nicht alles , was sich im Kopf als logisch ergibt, fühlt sich real auch richtig an. Ich habe mein Regal beim Umräumen im Dachgeschoss dreimal variiert und erst dann war es praktisch, sah und fühlte es sich gut an. Zwischendurch muss man die Dinge auch Mal ruhen lassen, ansonsten besteht die Gefahr, dass man sich zu sehr mit den Dingen beschäftigt. Dann setzen sich die letzten Veränderungen und man kann bewerten, ob und was sie brachten. Und dann kann man die nächste Sache angehen. „Gut Ding will Weile haben“.

    1. Man merkt, dass du dich wirklich sehr intensiv damit auseinander setzt, wie es am besten passt. Ich denke, Minimalismus ist ja auch kein Selbstzweck, sondern sollte mehr Lebensqualität, mehr Zeit oder einfachere Alltagsabläufe bieten. Bei „Gut Ding will Weile haben“ lande ich auch des öfteren, nicht selten auch in Situationen, wo ich eigentlich mal irgendwas gerne schnell hätte…

        1. Ich denke, es ist schon deutlich aufwändiger, wenn es um eine Familie geht. Da gibt es viel mehr zu berücksichtigen und es sammelt sich einfach auch mehr Kram an. Was solls. Dann dauert es halt. Das Leben ist ja kein 100m-Sprint – zum Glück.

Comments are closed.