Immer mal wieder bekomme ich Rückmeldungen von Menschen, die zwar gerne meditieren möchten, aber öfter Probleme mit dem Meditieren haben. Wie lassen sich solche Schwierigkeiten überwinden? Oft klappt es mit dem Vorhaben der täglichen, regelmäßigen Meditation nicht. Probleme, Hemmnisse oder sonstige Schwierigkeiten gibt es darüber hinaus aber ganz viele und sehr unterschiedliche. Hier einige Tipps, wie man Probleme mit dem Meditieren überwinden kann:
Das Leistungsideal loslassen
Das größte Hindernis beim Meditieren, ist häufig das zu hohe Leistungsdenken und somit die zu hohen Ansprüche, die man an sich selbst hat. Warum muss es gleich die tägliche halbe Stunde Sitzmeditation sein? Wozu gleich der perfekte Lotussitz? Vergiss solche Leistungsideale und Vorstellungen und beginne einfach. Beginne einfach mit 5 Minuten täglich. Wenn auch das zu viel ist, versuche es mal eine Woche lang mit der 1-Minuten-Meditation. Ein gewöhnlicher Stuhl reicht für eine normale Sitzmeditation im Bedarfsfall auch aus. Niemand muss größere Geldsummen in Zubehör investieren oder sich die Beine und Rücken verrenken, wenn die Sitzhaltung zu einem einzigen Krampf führen würde.
Das Ideal der Unabgelenktheit loslassen
Nicht selten steht auch die Vorstellung im Weg, man müsse beim Meditieren nun wirklich komplett und vollständig unabgelenkt sein, kein Gedanke darf im Weg sein. Dazu kann ich nur sagen: Vergiß das! Auch langjährig Erfahrene, geraten schonmal in einen Gedankenstrudel, das Kopfkino spielt Filme in Dauerschleife, der Rücken zwickt und es fallen einem tausend Dinge ein, die man doch eigentlich längst erledigt haben wollte. Wenn es so ist, na dann ist es halt so. Der eigentliche und wirklich wichtige Prozess in der Meditation ist es dann, diese Ablenkungen zu erkennen, wahrzunehmen, immer wieder aufs Neue loszulassen und zur Meditation zurück zu kehren. Den ganzen Gedanken- und Gefühlswust immer wieder loslassen – auch wenn es 500 mal in 5 Minuten der Fall ist. Loslassen kannst du bei der Gelegenheit auch alle Vorhaltungen dir selbst gegenüber, dass es gerade so gar nicht rund läuft. Kehre stattdessen freundlich und konsequent zur Meditation zurück. Immer wieder…
Buddhistische Ideale loslassen
Zumindestens dann, wenn du nicht gleich Buddhist werden und Erleuchtung erlangen willst, dann lass auch die damit verbundenen Ideale und Anforderungen los. Ich pflege gerne zu sagen, dass ich nicht die Erleuchtung suche, sondern es mir ausreicht, wenn mir ab und an mal ein kleines Licht aufgeht. Dann habe ich schon viel erreicht. Dazu muss ich nicht täglich stundenlang meditieren, brauche mich nicht schon früh um 5 Uhr aus dem Bett quälen und ich muss auch nicht gleich das nächste 10-tätige Retreat buchen, schon gar nicht monatelang nach Indien oder Asien fahren. Wer es mag oder wer sagt, dass ist aber genau mein Weg, kann es tun – aber man muss es nicht. Es geht im Bedarfsfall auch ohne all dem. Lass solche Ideale los, wenn sie nicht passen.
Umgekehrt: Wenn dir Erleuchtung und der buddhistische Weg wichtig ist: Mach dir bewusst, dass du dann entsprechend auch Zeit, Energie und Ausdauer benötigst. Mit der regelmäßigen 5 bis 15-Minuten-Meditation ist es dann nicht getan. Blitzerleuchtung im Schnellverfahren gibt es nicht. Meditation ist nebenbei gesagt auch komplett ungeeignet, um sich oder anderen Menschen irgendetwas grandioses zu beweisen.
Beweg dich, wenn du es brauchst
Es gibt Menschen, die können einfach nicht gut ruhig sitzen. Du kannst auch deine Probleme beim Meditieren überwinden, indem du eine Alternative zur Sitzmeditation suchst. Nutze Bewegungsformen, die die Körperwahrnehmung im Mittelpunkt haben und versuche sie möglichst bewusst auszuführen, wie z.B. Gehmeditation, Breathwalk, Yoga, Qi Gong, Feldenkrais, Eutonie und ähnliche Bewegungsübungen, die der verbesserten Körperwahrnehmung dienen.
Nimm körperliche Einschränkungen ernst
Wer körperliche Einschränkungen hat, sollte diese unbedingt entsprechend berücksichtigen – gönne dir z.B. ein Kissen im Rücken, meditiere im Liegen – schau einfach, was dir gut tut und was du brauchst. Eine weitere Möglichkeit ist es, kürzere Sitzmeditationen durchzuführen und diese mit Gehmeditation oder Yogaübungen abzuwechseln. Achte auf dich und lass Haltungsideale los, die prima für körperlich fitte Menschen sind, aber mit körperlichen Einschränkungen unpassend oder sogar kontraproduktiv sind.
Monotasking – Achtsamkeit im Alltag
Probleme beim Meditieren überwinden kann man auch, indem man einfach mal einen ganz anderen Weg einschlägt und die verschiedensten Alltagssituationen nutzt, um Achtsamkeit im Alltag zu üben. So verhinderst du auch, dass Meditieren zu einer isolierten Übung wird, die mit dem restlichen Tagesablauf wenig zu tun hat. Eine einfache Übung ist beispielsweise, zu möglichst vielen Gelegenheiten einfach mal Monotasking zu üben: Immer nur eine Sache gleichzeitig.
Ein paar Beispiele:
- Beim Essen: nur essen – nicht TV schauen, keine Emails abrufen,…
- Beim Podcast hören: nur Podcast hören – und nichts anderes nebenbei…
- Beim Sport: nur Sport machen – ohne Musikstöpsel in den Ohren …
- an der Bushaltestelle: einfach mal Stehen, Warten und die Eindrücke um sich herum möglichst wertungsfrei wahrnehmen – ohne im Smartphone herum zu daddeln….
- Versuche täglich einige Schritte nur das Abrollen deiner Füße zu spüren und nichts anderes zutun…
Schau einfach mal, wann und wo du oft im Multitaskingmodus bist und an welcher Stelle du genau dort mal ins Monotasking wechseln könntest. Solche Übungen erden im Alltag, sie helfen zwischendurch einfach mal ein wenig „runter zu kommen“ und bewusster wahrzunehmen, was gerade geschieht. Genau das ist Achtsamkeit: Wahrnehmen, was gerade hier und jetzt in diesem Moment geschieht.
Nutze Anleitungen und Hilfe
Niemand muss alles alleine können und herausfinden. Schaue vor Ort, welche Angebote und Kurse es üblicherweise für das Meditieren gibt und wann diese wieder angeboten werden. Wie gelegentlich schon mal erwähnt, sind die sog. MBSR-Kurse ein religiös neutraler und umfassender Zugang zur Achtsamkeit, der auch häufig von den Krankenkassen bezuschusst wird. So bekommst du die nötigen Anleitungen und kannst auch Fragen stellen und dich mit anderen Menschen dazu austauschen.
Einfach machen
Meditation lebt vom Tun. Du kannst tausende Bücher lesen, erbauende Vorträge anhören, dich über alle Details von Achtsamkeit und Meditation informieren. Das ist interessant, beeindruckend – es ersetzt aber nicht das praktische Tun. Vielleicht lenkt es dich sogar vom Meditieren ab? Spätestens dann, wenn du zwar stundenlang liest, aber die Zeit für Meditation nicht mehr reicht: Vergiss die Bücher! Meditation bedeutet letztlich: Einfach machen – im doppelten Wortsinn.
Zum Weiterlesen
- Tipps für die Meditation: Mini-Übungen statt Durchhänger
- Buddhas Kaffeepause – oder: die Schokoladen-Meditation
- Loslassen – den inneren Kompass neu ausrichten
- breathwalk.de – Verbindung von Workout, Yoga und Meditation
- Yoga barrierefrei – Yoga für Menschen mit Körperbehinderungen.
- Breathworks.de – Achtsamkeitskurse für Menschen mit chronischen Schmerzen, Krankheit, Stresssymptomen, Online-Kurse möglich
- https://www.mbsr-verband.de/kurse/privatpersonen – Adressen von MBSR-Kursleitern
- https://achtsamer-minimalismus.de/achtsamkeitsuebungen/ – Links zu kostenlosen Achtsamkeitsübungen
Ich „nutze“ gerne Wartezeiten, um in mich reinzuspüren. Statt zu ärgern, die S-Bahn hat wieder Verspätung, warum schaltet die Ampel nicht endlich um und fährt der *piep* vor mir endlich, warum gehts an der Kasse nicht weiter, ich hab doch ein Termin.
Wir packen den Tag immer voller. Warum können wir nicht etwas verbinden und achtsamer sein? An der Kasse kurz die Augen schließen, aufrichten und durchschnaufen.
Wenn ich nach Hause kommen, viele können gleich weiter. Ich nicht. Ich muss erstmal kurz verschnaufen, zu mir kommen. Am besten wäre eine Stunde.
Ja, Frau und Öffentlichkeit. Manche denkt, du suchst noch jemanden für die Nacht. Als Frau scannst du die Umgebung nach möglichen Gefahren. Bei der Arbeit, willst du kurz raus. „Da ist sie ja!!!“ Zuhause, du guckst doch auf die Uhr. Just in dem Moment gehts rund und hast keine Ruhe. Okay, Telefon, Handy, pieps und ratter. Der Nachbar meint genau in den Moment den Rasen zu mähen oder andere unruhige oder stinkende Freizeitveranstaltungen durchzuführen. Das Haus ist recht hellhörig. Sämtliche Feuerwehren der Umgebung fahren durch, Notarzt und Polizei. Kirchenglocken scheppern. Autokorso oder jemand dreht sein Motorrad hoch. Die Heizung vom Nachbarn fängt zu brummen und geht die nächste Tage oder gar Wochen weiter. Wecker klingeln immer zu den unmöglichsten Momente. Der Fernseher hatte sich während ich schlief nachts um 3 Uhr eingeschaltet und war brülllaut gestellt. Nur der Fall aus dem Bett war lauter.
Ich sitz da und wundere mich. Vorher nichts, nachher nichts. Doch irgendwie ist es schön. 🙂
Danke für deine Ausführungen zu Problemen beim Meditieren.
Da sieht man einmal wieder deutlich, dass falsche Vorstellungen oder Ideale der größte Hemmschuh darstellen kann.
LG
Sabiene
Danke! Monotasking 🙂
Wir denken oft: zusätzlich noch dieses und jenes. Vor der Krise bin gemütlich zum Supermarkt. „Ich habe Zeit!“ Heute fühl ich mich gedrängt, was ich schade finde.
Ja, bei Sport. Wie das gehasst hatte, besonders in Fitnessstudien. Innen, dunkel, Kunstlicht. Am schlimmsten laute Musik und ein Geschrei bei den Dozenten. Ich versuchte vergeblich zu konzentrieren. Spüren, mache ich die Übung richtig und so daß ich es mir gut tut. Meine Atmung und Herzschlag. Nicht: schnell und schlampig. Abends nach einem Tag Kopfarbeit und Konzentration, mir platze schier der Schädel. Die Augen wollten nach Stunden Bildschirm in die Weite gucken. Großraum, ich hab nichts mehr gesehen. Die Cardiogeräte. Ich spürte meinen Puls, insbesondere morgens wollte er nicht hoch. Das Mistding drehte immer die Wattzahl höher bis ich kaum mehr treten konnte. Das soll Sport sein??
Am liebsten bin ich draußen. In meinem Tempo. Achtsam, die Seele baumeln, die Kamera mitschleppen. Schwimmen. Es ist so ein tolles Gefühl, vom Wasser getragen zu werden und dahin gleiten. Ich bin nicht schnell. Aquafitneß musst schnell sein und ich spürte einen Druck in der Brust. Ja, ich bin kurzsichtig ohne Brille ist schwierig. Bei den komischen Verrenkungen, die sich unnatürlich anfühlen, stört sie nur. Wenn ich mich entspanne sehe ich ohne Brille besser als „scharf“ sehen zu müssen. Die Sehstärke hat sich in den letzten 10 – 15 Jahren kaum verändert, da denke ich, ich bin auf dem richtigen Weg. Früher hatte ich mal Tai Chi geübt; morgens den Tag begrüßen. Pfffft, das wär doch doch kein Sport. Ich will wieder anfangen.
Meditieren. Es ist schon lange her. Zen, das war so toll. Zentrieren, zur Ruhe kommen, spüren. Schlicht und einfach, ohne das nervige Geschrei. Wie wenn ich draußen herumstromere, die Kamera hinterher ziehend. Letztes Jahr war ich in den Bergen, als es heiß war. So toll!
Ja, richtig, man muss nicht wegfahren, um paar Monate in einem buddistischen Kloster zu verbringen. Ich steh noch immer so früh auf, wie vor meinem Umzug, auch wenn die öffentliche Verkehrsanbindung besser ist. Nun halt HomeOffice. Aber ich genieß das. Morgens brauche ich anderhalb Stunden für mich. Unter 1 Stunde ist nichts. Abends eine Stunde zum Runterkommen. Spüren, sein, Mensch werden. Nicht: Ich muss noch das, ich muss noch jenes.
Ich dreh noch eine Runde. Schönen, achtsamen Abend!
Oh ja, eine intuitive Herangehensweise ist wirklich eine tolle Sache und erleichtert!
Bewusst wahrnehmen was ist, ist im Grunde das, was für mich Meditation bedeutet. Und das geht, wie du auch schon schreibst, in verschiedenen alltäglichen Situationen sehr gut.
Die ganzen Ideale und (Zeit-)Vorgaben haben in der Vergangenheit bei mir dazu geführt, dass ich gar nicht erst mit irgendetwas angefangen habe, weil ich schon demotiviert war („das halte ich nicht aus für 30 Min. o. Ä.). Mit meinen eigenen intuitiven „Regeln“ macht mir das Ganze zusätzlich auch noch Freude!
Liebe und entspannte Grüße, Aura
Hallo Aura,
sich zuviel vorzunehmen, ist mitunter der Anfang vom Ende. Ich finde, man sollte die Energie, die die anfänglichen Motivationsschübe so mit sich bringen, einfach auch nicht verpulvern, sondern wohl dosieren.
Für mich ist es vorrangig ein achtsamer Umgang mit der Meditation und mit sich selbst. Immer wieder hinfühlen, hinspüren, ausprobieren, dran bleiben.