Meine wichtigste Minimalismus Regel

Die meiner Ansicht nach wichtigste Minimalismus-Regel ist:

Sei ehrlich mit dir selbst – finde heraus, was dir wirklich wichtig ist!

Achte darauf, warum du etwas möchtest oder nicht. Sei ehrlich mit dir selbst. Schau nicht nur auf das, was gerade Trend ist, denke nicht nur nach, lese nicht nur hundert Bücher, schaue nicht nur tausende Videos zu Minimalismus an, sondern spüre wirklich in dich hinein. Strohfeuer der Begeisterung sind schnell entfacht, aber was ist wirklich motivierend genug, dass du es auch langfristig und dauerhaft umsetzt?

In sich hinein spüren – aber wie?

Wie lässt sich ein besseres Gespür für die eigenen Bedürfnisse entwickeln? Nach meiner Erfahrung gelingt dies am besten, indem man sich selbst die Zeit dafür nimmt. Folgende Übungen könnten dabei unterstützen:

Bodyscan:
Der Bodyscan ist eine gute Achtsamkeits-Basisübung, um ein besseres Gespür für sich zu bekommen. Die Gedanken können in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft verweilen. Die Befindlichkeit des Körpers befindet sich immer im Hier und Jetzt. Mit einem besseren Gespür für das, was und wie ich mich gerade fühle, lässt schrittweise klarer werden, was auch bzgl. des minimalistischen Lebensstils wichtig ist. Bodyscan ist aber keine Achtsamkeitstablette, die von alleine wirkt, die Wiederholung ist entscheidend. Wer den Bodyscan mit Anleitung ausprobieren möchte, findet hier Beispiele: Bodyscan – Beispiel 1,  oder Bodyscan – Beispiel 2

Achtsames Gehen:
Auch hilfreich ist ein langer Spaziergang, eine Wanderung – ohne ständiges Gedudel aus dem Kopfhörer, ohne den Ehrgeiz sportlicher Leistungen, ohne irgendwelche spannenden Bushcraft-Abenteuer. Einfach nur gehen, die Natur spüren, sich selbst spüren, durchatmen – sowas bringt Klarheit in den Kopf. Wer dann auch nochmal die klassische Gehmeditation ausprobieren möchte, findet hier Anleitungen: Gehmeditation – Beispiel 1 oder Gehmeditation – Beispiel 2

Muße statt Muss:
Früher nannte man es einfach Muße, heute ist es minimalistischer Luxus: Einfach mal ein paar Minuten nichts tun. Den Fernseher und die Digitalgeräte mal aus lassen – und seien es nur 5 Minuten – und dann einfach mal einen Tee oder Kaffee genießen, aus dem Fenster schauen, Löcher in die Luft starren, die Gedanken schweifen lassen, usw..

Mach dich nicht zum Maß der Dinge
Es gibt viele Wege, viele Lösungen und es gibt gute Gründe, warum die einen Menschen Minimalismus so, die anderen anders leben. Und es gibt auch gute Gründe, warum vielleicht nahestehende Menschen etwas ganz anderes wollen. Wer mit anderen Menschen unter einem Dach lebt, kommt nicht darum herum, gemeinsame, tragfähige Lösungen und Kompromisse finden. Es geht nicht um Macht, Dominanz oder sich selbst zum Guru zu erklären. Daher:

Missioniere nicht!
Überrede niemanden, schon gar nicht gegen dessen Willen, insbesondere nicht nahestehende Menschen, wie Familie oder Freunde. Lebe stattdessen konkret und praktisch vor, was dir in deinem ganz persönlichen Bereich wichtig ist, was für dich zu besserer Lebensqualität führt.

Vermeide Ausreden
Der Alltag mit seinem ganzen Trott, Stress und tausenden Ablenkungen bietet reichlich Gründe, etwas nicht zu tun. Die Gefahr ist dabei, dass man irgendwann an seinem eigenen Leben und an den eigenen Bedürfnissen vorbei lebt. Daher: Eine noch so kleine und minimale Veränderung, die dann aber dauerhaft umgesetzt wird, ist viel wertvoller, als tausend Ideen für zukünftige Projekte und Traumschlösser, die nie Wirklichkeit werden oder nach anfänglicher Begeisterung im Keim ersticken.

 

Was mir selbst beim Minimalismus wichtig ist:

Noch ein paar Sätze dazu, was mir selbst wichtig geworden ist:

Minimalismus ist bequem:
Mein Leben ist durch Minimalismus einfacher und bequemer geworden. Es tut mir gut, wenn die eigenen Räume übersichtlich sind. Ich fühle mich freier. Alleine, was ich an Zeit und Aufwand für Aufräum- und Putzarbeiten spare – genial!

Minimalismus ist nerven- und umweltschonend:
Die schlechter werdende Qualität vieler Produkte ist auch ein wichtiger Grund für mich, mir genau zu überlegen was ich mir an Besitztümer zulegen will oder nicht. Ich habe einfach keine Lust mehr, Dinge kurz nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zu entsorgen und etwas Neues zu kaufen.

Minimalismus ist gesund:
Ohne Minimalismus wäre ich mit über 40 Jahren sozialer Berufstätigkeit, vermutlich längst komplett im Burnout versumpft, erwerbsunfähig und krank. Ich säße zwischen meinem ganzen Kram, hätte aber nicht mehr wirklich was davon. Für mich wäre so etwas keine Lebensperspektive.
Weniger Dinge kosten weniger Geld. Ein einfacher, minimalistischer Lebensstil hat mir berufliche Teilzeittätigkeit ermöglicht, um so aus der beruflichen Überlastungen heraus zu kommen. Ich genieße es gerade jetzt beim Älterwerden jeden Tag!

Sei ehrlich mit dir selbst – finde heraus, was dir wirklich wichtig ist – Es lohnt sich, jeden Tag aufs Neue, mit jedem noch so kleinen Schritt.

 

Beweg dich, wenn sich etwas bewegen soll – und wenn du es eilig hast: Geh langsam!

 

Zum Weiterlesen:

 

15 thoughts on “Meine wichtigste Minimalismus Regel

  1. Minimalismus scheint mir auch immer mehr zu einem „Lifestyle“ zu werden. Ist ja im Prinzip nichts falsches dran, wenn der Trend weg geht vom Konsum. (Aber vielleicht auch nicht viel richtiges, wenn es eine Mode ist, die irgendwann durch die nächste ersetzt wird.)

    Mir ist allerdings aufgegangen, dass mir die Ästhetik des Minimalismus auch schon etwas wichtig ist. Ich fühle mich unwohl, jetzt, da immer weniger da ist, was davon ablenkt, der Blick auf die „versifften“ Bereiche der Mietwohnung immer deutlicher wird: Die vielen Macken im Laminat, die vergilbten Sanitäreinrichtungen im Bad, etc. werden leider immer mehr zum „Hingucker“, je weniger davon ablenkt.
    Wie geht ihr damit um? Oder habt ihr alle relativ neue Wohnungen bzw. eigene, in die ihr bereit seit für größere Sanierungsprojekte mehr Geld zu investieren?

    1. Ich habe eine Mietwohnung. Ist was defekt, wird es entweder repariert oder erneuert, aber wenn es (lediglich) nicht mehr so schön aussieht, ist das so eine Sache. Klar kann man dann auch Schönheitserneuerungen beim Vermieter bzw. Wohngenossenschaft erfragen, aber das dauert, ist eine Menge Dreck, ist teuer und geht dann auch auf den Mietpreis.

      Für Laminat gibts meines Wissens Reparatursets im Baumarkt – habe aber keine Erfahrung damit.

      Ich habe auch nicht das neueste und schickste Bad (ein leicht aufgemotzte 60er-Jahre Variante… siehe hier: https://achtsamer-minimalismus.de/2019/09/13/minimalismus-im-badezimmer/) Vergilbte Sanitäreinrichtungen: Manches lässt sich mit den üblichen Hausmitteln zumindestens verbessern, wie Natron bzw. Soda und Essig bzw. Zitrone. Weitere Tipps z.B. hier: https://www.frag-mutti.de/thema/waschbecken+putzen.

      Die Armaturen regelmäßig reinigen, d.h., Wasserflecken entfernen bringt auch eine Menge für die angenehme Optik. Ich mache das nach dem Duschen grundsätzlich, dass ich als Mindeststandard nochmal alle Seifenreste entferne und hinter auch alles trocken wische. Dann glänzt es immer schön, keine Wasser- und Kalkflecken – gut für den Wohlfühleffekt. Erspart nebenbei jede Menge aufwändige Putzerei.

    2. Ein Problem könnte an der Stelle tatsächlich auch sein, dass sich die schicke minimalistische Optik diverser Youtube-Videos und Instagram-Fotos auch als Bilder im Kopf festsetzen. Und dadurch wird die eigene Wohnrealität im Vergleich nochmal bewusster. Aber mach mal ein Video oder Foto von deiner Wohnung und peppe das alles auf: Mit dem richtigen (aufwändigen) Licht (und dem Wissen, wie man dies richtig einsetzt), etc. und dann hübsche das alles mit den diversen Foto- und Videoprogrammen mal auf (bzw. lass es von einem Profi mal aufhübschen!). Schwupps hat man irgendwelche Ideale, die sich als Bild im Kopf festsetzen, aber mit dem realen Leben nicht immer ganz so viel zutun haben – zumindestens nicht, in halbwegs bezahlbarer Form…

  2. Ich habe nicht so den Eindruck, dass Minimalismus zum Wettbewerb wird. Da wo am meisten gerasselt wird soll bloß mehr Aufmerksamkeit erreicht werden. Entweder macht es den Leuten einfach Spaß sich mitzuteilen oder sie wollen einem etwas verkaufen. Klickst du drauf hast du auch schon bezahlt. Man kann draufklicken, sich etwas durchlesen und dann machen was man möchte. Oder eben nicht. Es ist menschlich sich mit anderen zu vergleichen, aber aus dem Alter bin ich zum Glück heraus. Inspiration ja, Wettbewerb nein danke.

    1. Es ist vielleicht die Frage für wen Minimalismus zum Wettbewerb wird. Wenn jemand davon lebt, über SocialMedia mit Minimalismus-Themen Geld zu verdienen, steht natürlich auch im Wettbewerb. Manch ein Privatmensch lässt sich vielleicht auch anstecken, andere dagegen gar nicht.
      Inspiration aus all dem rausfiltern, (was mir vielleicht gefällt oder auch nicht), daraus eigene Ideen entwickeln, finde ich selbst auch klasse. Sonst dreht man sich irgendwann nur noch im Kreis und wird schneller „betriebsblind.“

  3. Ich gerate immer wieder in den Konflikt, dass ich Gegenstände habe, die ich gerne benutzte, aber nicht brauche und bei Verlust auch nicht ersetzen würde. Beispielsweise bekam ich vor einem Jahr aus einer Teilauflösung eines Haushaltes eine Obstschale und eine Blumenvase geschenkt. Beides gefällt mir. Die Obstschale nutze ich häufig, die Vase gelegentlich. Beide Gegenstände sind nicht nötig, aber sie gefallen mir und ich benutze sie. Vorher legte ich das Obst in einen tiefen Teller. Aufbewahrung in der Transportverpackung wäre auch möglich. Das wäre zwar minimalistisch, würde ich aber scheußlich finden. Fast ein Drittel meines Hausstandes besteht aus Dingen, die nicht nötig sind, aber benutzt werden und mir das Leben verschönern. Unbenutzter Kram durfte schon vor langer Zeit meine Wohnung verlassen und Neukäufe werden vorher sorgfältig geprüft. Wegen des nicht notwendigen, aber für mich erfreulichen „Mehrbesitzes“ möchte ich mich auch nicht als minimalistisch bezeichnen, sondern als maßvoll.

    1. Also wenn du die Gegenstände gerne nutzt, passt es doch sehr gut – selbst, wenn du sie im Fall des Verlustes nicht ersetzen würdest. Einfach genießen. Es muss ja nun nicht jede/r Extrem-Minimalist werden, wozu auch? Wenn man damit nicht gerade als (digitaler) Nomade unterwegs ist, kommt man mit diesen extremeren Formen schnell in den Bereich, wo es unpraktisch und umständlich wird.

      Obst in einer Transportverpackung – nein danke, das wäre ja selbst für mich nichts. Und ich gehöre zu den Leuten, die so gar keine Antenne dafür haben, ob nun z.B. Obstschale oder tiefer Teller besser gefällt.

  4. Danke! Das ist es. Ich hasste während dem Sport das Geschrei und laute Musik.

    Minimalismus wird immer verwechselt, mit WENIG zu besitzen. Das stimmt nicht. Auch ein riesiger Bücherschrank kann minimalistisch sein. Wenn ich die Bücher liebe und gerne lese.

    Was ich oft denke. Ich interessiere mich für vieles. Ich bin dabei, alte Träume zu begraben. Weil ich das zeitlich und kräftemäßig nicht mehr kann. Man muss etwas loslassen und was neues ins Leben lassen , oder etwas verändern. Eine Wanderung über mehrere Tage wäre schön! oder: einfach in den nächsten Zug setzen und gucken wo man landet. In den jungen Jahre konnte man das noch. Heute schätzt man den Konfort eines Hotels. Bekommt nur bestimmte Anzahl von Urlaubstage nach zähen Ringen. Mein großer Tourenrucksack und Schlafsack kamen weg.

    Das ist für mich Minimalismus. Das haben was ich brauche und gerne benutze. Im Alltag die Träume leben und Glücksmomente sammeln.

    1. Wenn schon sammeln, dann doch sowas wunderbares: Glücksmomente. Nimmt auch kein Platz in der Wohnung weg, aufräumen und putzen muss man die auch nicht. Das ist doch gut.

  5. Liebe Gabi,
    vielen Dank für diesen schönen Text. Ich habe auch manchmal den Eindruck, Minimalismus wird zum Wettbewerb.
    Bin gerade von 95 m2 (2 ZKDB) auf 57 m2 umgezogen. Von einer sehr lauten Bundesstraße in eine kleine Anliegerstraße gleich am Feldrain. Die beste Entscheidung! Die Ruhe hier gibt mir meinen inneren Frieden zurück und ich fühle mich wie im Urlaub obwohl alles noch am Werden ist. Ich habe mich bereits vor dem Umzug von vielen Dingen/Möbeln befreit und genieße, daß auch eine kleine Wohnung sehr viel freie Fläche bieten und sehr großzügig wirken kann. Außerdem bezahle ich viel weniger Miete für besseres Wohnen! Ich kann es noch gar nicht richtig glauben.
    Wünsche einen wunderschönen Sonntag und freue mich auf Deinen nächsten Beitrag.
    Liebe Grüße
    Karin

    1. Hallo Karin, das klingt ja bzgl. deines Umzuges so richtig gut. Und sowas ist für mich genau der positive Effekt von Minimalismus: Weniger Kram = mehr Platz = kleinere Wohnung in schönerer Umgebung = genießen, Ruhe, Frieden.

      Minimalismus als Wettbewerb: Da sage ich mal: Zum Glück bin ich aus dem Alter raus. 😉 Man kann ja eh nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Lebensverhältnisse sind dafür viel zu unterschiedlich.

      1. Das stimmt. Zum Glück sind wir da raus, als vorgeschrieben war, wie eine Wohnung auszusehen hat. Die Menschen wollen ein Stück Stabilität und Sicherheit. Ordnung wird schon zum Statussymbol. Es sind meist junge Männer. Nicht wie wir, die alte Hasen, die viele Jahre Lebenserfahrung haben. Die wir uns kennen und wissen, unsere Freunde mögen uns , so wie wir sind. Unsere Bedürnisse verändern sich.

        In den jungen Jahre, da war uns nebensächlich, wo wir pennten. Heute nicht mehr. Verreise ich, ich will wissen wo ich schlafe und liebe den Komfort eines Hotels. Ich will meine Ruhe haben und brauche meinen Schlaf.

        1. Diesen Normierungsdruck, wie was auszusehen hat, kenne ich von früher aber auch noch – die meisten Leute hatte eine riesige Wohnzimmerschrankwand, mit dem großen Bücherregal galt man als belesen und klug, etc…
          Mir ist das egal, wie was früher oder heute auszusehen hat. Wenn es nicht passt, fliegt es raus. Wenn es passt, bleibt es.

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