Minimalismus – Klarheit statt zudröhnen

Lesenswerter Mehrwert

Ich freue mich ja, dass es sie immer noch gibt, die ein oder anderen aktiven Minimalismus-Blogs, die mir wirklichen Mehrwert bringen. Solche Langweiligkeiten wie der Kampf um die wenigsten Dinge und das schickste Interieur interessieren mich nämlich nicht.
Interessanter finde ich die Geschichten, die Gedanken, Handlungen und Klarheiten, die durch Minimalismus entstehen. So lese ich von der Freude, die Thorsten bei den endlich gelungenen Entrümpelungserfolgen des Nachwuchs hat: Juhu! die Jugend mistet aus! Dann bei Philipp, wie er an der Bushaltestelle den Konsumspiele-Unsinn mit Stoffmöhren beobachtet: Das paradoxeste Gut des Universums. Schließlich entdecke bei Aurabytes einen Beitrag über digitalen Minimalismus: Digitaler Minimalismus und erinnere mich dabei auch an ihren sehr lesens- und lobenswerten Beitrag über mehr Klarheit in Klassenräumen: Klassenraum

Die zugerümpelte Kindheit

Mir wurde beim Lesen mein Ärger wieder bewusst, mit dem ich beruflich als sog. Sozialprofi dann immer wieder konfrontiert werde und den ich manchmal kaum noch ertrage: Kinder, die mit unglaublich viel Krimskrams und Reizen vollgemüllt werden. Da haben Eltern endlich mal etwas ausgerümpelt, da bekommen die Kinder an irgendwelchen Ecken doch wieder irgendeinen Klimbim geschenkt. Solche dusseligen Stoffmöhren oder Billigspielzeug vom Fastfood-Konzern. Homepods dudeln Musik und lauschen ganz offiziell den Gesprächen in den Privatbereichen, das TV läuft, auf dem Handy irgendein süchtig machendes Spiel. In der Schule wird durch einen überfüllten Lehrplan gehechelt und zwar in meistens an Dingen und Kindern überfüllten Klassenräumen. Die Tornister der Kinder oft voll mit diesen nicht enden wollenden Arbeitsblättern und Arbeitsbüchern. Es gab Zeiten, da hat man sowas von der Tafel ins eigene Heft abgeschrieben. Alles Wichtige an einem Ort und nebenbei genügend Übungsmöglichkeit für das Schreiben als solches. – Ach ja, da wäre ja auch noch Weihnachten, der Nikolaus beim Sportverein, in der Fußgängerzone, der Schule, dem Kindergarten… Hinzu kommen im Jahresverlauf die ganzen Kindergeburtstage. Da wird dann nicht nur das Geburtstagskind beschenkt, sondern alle Geburtstagsgäste auch noch (wie schräg ist sowas!). Wieder mehr Klimbim, den Eltern irgendwann mühsam entsorgen müssen.

Kinder brauchen uns, nicht unseren Wohlstandsmüll

Kinder brauchen nicht dieses Übermaß an unsinnigen Spielzeugen und Überaktivitäten. Kinder brauchen nicht mal irgendwelche geschickten und ausgefeilten pädagogischen Programme. Wenn man Kindern irgendetwas schenken möchte, dann ist das vorrangig Zeit, Aufmerksamkeit, Ruhe, Klarheit. Und wenn das jüngere Kind dann zum 100. Mal das gleiche Bilderbuch anschauen möchte: Freut euch! Kinder brauchen ohnehin keine Entertainer und Dauerbedudelungen.

Kinder (und auch wir Erwachsenen!) sollten das Recht auf ein nicht zugedröhntes Leben haben. Die digitalen Geräte zwischendurch mal abschalten, den Klimbim draußen lassen. Stattdessen einander zuhören, durch den Wald streifen, sich mal ernsthaft dafür interessieren, was Kindern durch Herz und Kopf geht. Kinder brauchen uns, nicht unseren Wohlstandsmüll.

Minimalismus ist mehr als wenig Dinge

Minimalismus ist so viel mehr, als einfach nur weniger Dinge. Minimalismus ist die Lebensqualität und die Klarheit, wenn man sich eben nicht mehr mit Dingen, Ablenkungen und Konsumverführungen zudröhnt. Das hilft uns, aber auch den Kindern.

Ich wünsche Euch allen schöne und gerümpelfreie Feiertage. Genießt den Luxus der Zeit, den Luxus der Ruhe und die freien Räume, die ihr Euch schon geschaffen habt!

 

Frau tröstet Kind
Foto: © Jordan Whitt

 

Zum Weiterlesen:

25 thoughts on “Minimalismus – Klarheit statt zudröhnen

  1. Ich genieße seit Jahren die kleine türkische Gang vor meinem Haus im Garten. Sie spielt über Stunden mit Stöckchen und Steinen. Wie ich früher. Ich denke manchmal an das Holz Fischstäbchen Kind auf You Tube. Eine Kinderküche eingerichtet bis zur Perfektion von der Supermami. Für null Fantasie. An Weihnachten wurde Teig mit dem Horrorteil gemacht. Ihr wisst, was ich meine. Das für 2000 Euro. Bloß keine sinnliche Erfahrung für kleine Kinderhände. Das Kind durfte die Plötzchen nicht fertig verzieren. Damit die Küche sauber bleibt. Ich habe noch nie so etwas Trauriges ansehen müssen. Bei meiner Tochter ging das Verzieren früher über Tage. Das ist doch das Schöne, wenn man Kinder hat. Heute ist die Küche langweilig sauber. Bis der kleine dicke Enkel auf die Welt kommt. Ich freu mich riesig sufs Bscken.

  2. Hallo Gabi,

    vielen Dank für die Verlinkung und die wahren Worte, die du hier sprichst. Zeit ist wahrlich immer noch das beste Geschenk, das wir machen können.

    Lieber Gruß
    Philipp

  3. Meine Kindheit waren die 70-iger und 80-iger Jahre. Da war auch viel Konsum. Rückblickend bekam ich nie, das was ich mir wünschte oder brauchte. Dann musste meine Schwester genau das gleiche bekommen, egal ob sie es brauchte oder nicht.

    Ich hab lange damit gerungen. „Das steht mir zu ….“ oder andere Sätze. Ich hatte meinen Ordner mit Anschaffungen durchgewälzt. Einerseits gönnte ich mir viel zu lange nichts, dann schlug ich los!

    Im Drogeriemarkt, Abteilung Spielwaren. Mutter zum Kind: Da hast dein Geschenk! – Lernen die Kinder nicht was zu wünschen, Vorfreude und warten? Auch wenn ich weiß, ich bekomme die Puppe die ich mir zu Weihnachten wünsche. Christkindle gibts nicht. Doch wie schön ist es, das Geschenk an Weihnachten zu bekommen und es auszupacken.

    Ich schenke gerne! Das macht so Freude!

    1. Die Eltern sind materialistisch eingestellt. Das kam auch nicht von ungefähr. Es ist wichtig, das zu hinterfragen, und wir können es anders machen.

      Einer erzählte von seiner Kindheit. Ein Geschenk, was sie sich wünschten. etwas wie ein Spiel, wo alle sich beteiligen konnte. Dann was praktisches.

      Ich weiß auch: alle Kinder haben eine bestimmte Barbiepuppe, bestimmte Marke Turnschuhe usw. Das ist wichtig, sonst werden sie ausgeschlossen. Aber bei mir war auch zu träumen. Wie wie schön wäre es …. Dann hörte ich: was das willst du?

      Die Träume und Wünsche sind wichtig. Vorfreude, etwas drauf hinarbeiten usw. Das würde ich einem Kind mitgeben. Es gab auch Enttäuschungen. Die „Schwätz-und-Babbel-Puppe“, mit der konnte man nicht reden. Ich war noch zu klein um zu verstehen. Da hätte die Eltern helfen sollen.

    1. Wie sollen Kinder etwas lernen, wenn sie in vollgestopften Zimmern oder Klassenräumen sitzen, wenn sie von den ganzen Medien komplett reizüberflutet sind? Die sind dann so von Eindrücken überfrachtet, dass die Konzentration einfach schnell verschwindet. Daher fand ich deinen Ansatz ja auch so klasse, weil kindgemäßer. Kinder sind nunmal Menschen, keine Leistungsroboter- oder Informations-Sammelmaschinen.

  4. Ich bin Jahrgang 1963. Mein Spielzeug war so übersichtlich, das ich heute noch weiß was das war. Trotzdem hat es mir nie an etwas gefehlt, vieles wurde selbstgemacht, es wurden sich Spiele ausgedacht und wir nahmen Dinge die vorhanden waren. Ich kann mich noch gut an ein Parfümerie Spiel erinnern, da mußten dann die Rosen vor unserem Haus dran glauben, denn sie wurden in Wasser eingeweicht um ein Duftwasser zu gewinnen ( meine Mutter war nicht so begeistert ob der kopflosen Rosen). Derer Spiele gab es reichlich und ich habe das in schöner Erinnerung. Es wäre schön wenn Kinder wieder ihre Phantasie einbringen dürften und nicht mit unnötigen Spielsachen zugeschmissen werden. Gut, die Zeit ist natürlich eine andere, man kann das nicht komplett vergleichen, zumal ich sehe das auch viele Erwachsene kein Mass mehr kennen und sich ausschließlich über Konsum definieren. Das finde ich sehr schade, es macht doch auch einem Erwachsenen Spaß sich Dinge auszudenken, zu improvisieren etc. Das Thema treibt mich seit locker 20 Jahren um : (es gibt) von allem zu viel ! In diesem Sinne wünsche ich allen Gleichgesinnten hier Frohe Weihnachten

    1. Kreativität entsteht ja üblicherweise auch nur, wenn auch Zeit und Raum dafür da ist. Vollgestopfte Räume und Terminkalender würgen jede Kreativität ab.

  5. Nicht nur zu viele Dinge, sondern auch ein Übermaß an Reizen wie Radio, Fernsehen, Unterhaltung jeglicher Art schaden den Kindern und Jugendlichen. In einem Rundfunkbeitrag hatte vor einigen Jahren ein Professor für Neurologie einmal ausführlich darüber berichtet, dass die Zeiten von Langeweile immens wichtig für die gesunde Entwicklung des heranreifenden Gehirns von Kindern und Jugendlichen seien. Die Älteren können sich vielleicht noch an die unendliche Langeweile an Sonntagnachmittagen erinnern, weil man brav zu Hause bleiben musste und einfach alles öde war. Genau solche Zeiten der Langeweile, in der keine neuen Reize verarbeitet werden, sind aber nötig, damit das in der Woche gelernte und erlebte im Gehirn ordentlich verarbeitet und verknüpft wird. Ohne diese Zeiten der Strukturierung erreicht das Gehirn nicht seine volle Leistungsfähigkeit und wird anfällig für neurologische Störungen.

    1. Ja genau, aber wer heute nicht ständig beschäftigt ist, gilt als faul und langweilig. Allein wenn ich mitbekomme wie verplant die Kinder heute sind , da frag ich mich schon wann da denn einfach mal nachgedacht wird, einfach mal entspannt und rumgehangen , ohne Smartphone versteht sich !

      1. Vielleicht sollten wir uns gelegentlich an den Philosophen orientieren: In der Antike war Muße, also Zeit in der man in Ruhe nachdenken konnte, das Zeichen des freien Mannes. Nur Sklaven musste ständig arbeiten.
        In der Neuzeit waren die großen Philosophen der Meinung, dass es der Muße bedürfe, damit sich die Mensch zu Wesen mit höheren geistigen Werten und höherer Sittlichkeit entwickeln.

        1. Das wäre absolut wünschenswert. Allerdings habe ich den Eindruck, das es nicht so viele Menschen mit den Philosophen halten wollen, aber ich muss gestehen,das das auch immer am jeweiligen Umfeld liegt.
          Ich selbst habe dieses immer höher, schneller, weiter, immer mehr und noch mehr so dermaßen satt, ich kann gar nicht sagen wie sehr. Tja, die Sensiblen hatten es allerdings noch nie leicht.

          1. Ich finde, man kann schon auch selbst ein wenig steuern, wenn auch nicht alles. Aber sich mal aus diesem Klimbim rausziehen, geht schon – notfalls als Termin im Kalender: „Nix“

  6. Über die Stoffmöhren musste ich doch gerade schon beim Lesen schallend lachen. Der Hund meiner Schwester heisst Rübe und er hat mehrere dieser Stoffmöhren, die er heiss und innig liebt, je durchgesabberter desto besser 😂.
    Wie ich bereits schrieb, gehöre ich leider zu den Hochsensibelchen. Deshalb geht Lärm und Gedröhne in jeglicher Tonlage für mich auch nicht. Leise Töne, Übersicht und Klarheit in den Dingen und Gedanken ( daran arbeite ich im Moment) sind wie Balsam in der heutigen Zeit.
    In dem Sinne wünsche ich dir, liebe Gabi und allen Lesern und Leserinnen ein schönes, gemütliches und ruhiges Weihnachtsfest 🧑‍🎄🎄.

    1. D.h., diese Stoffmöhren-Aktion wäre vor einem Laden mit Hundeleckerlies vielleicht erfolgreicher gewesen.
      Ich denke, es geht nicht anders, als sich immer wieder aus diesem übermäßigen Lärm rauszuziehen – insb. bei Hochsensibilität, aber nicht nur dann.

  7. Das Weihnachtsgedudel in allen Einkaufshäusern und Supermärkten beginnt ja schon Anfang November. Es ist unerträglich. Stille Nacht, Heilige Nacht klingt aus den Lautsprechern. Das empfinde ich sogar als schmerzhaft, denn dieses Lied war früher wirklich nur dieser einzigen Nacht vorbehalten. Es hat seine Magie verloren, wie so Vieles andere auch rund um Advent und Weihnachten. Innehalten und achtsam durch die Straßen gehen, ist nicht mehr möglich. Man wird weiter geschoben, von allen Seiten dringt Gebrüll und auch Streit an die Ohren, die man sich am liebsten nur mehr fest zuhalten möchte.
    Und trotzdem, ich bewahre mir die Stille, indem ich mit meinem Hund in den Wald gehe, dort eröffnet sich mir die Magie der Natur auch im ganz Kleinen. Dort tanke ich Kraft, um dann in der lauten, unerträglichen täglichen Welt bestehen zu können.

    1. Vielleicht sollten wir ein wenig umdichten:
      🎶 Schrille Nacht, eilige Nacht, bis der Einkaufswagen kracht…“ 🎶 😉

      1. Ich muss ständig das Radio abdrehen, da läuft im Wechsel „White Christmas“, Spendenaufrufe und Werbung. Morgen bleibt das Radio aus.

  8. Ich habe zwei Enkelkinder.Sie sind 3und4Jahre alt.Der Ältere hat schon klare Vorstellungen von dem was er sich wünscht.Er liebt das Spielen mit Figuren und Fahrzeugen und baut sich dazu mit Bausteinen seine eigene ,kleine Welt auf.Dann spielt er sämtliche Situationen aus dem Alltag nach oder fügt eigene phantasievolle Geschichten,Namen hinzu.Und seine kleine Schwester eifert ihm nach.Auch Bilderbücher schauen sich beide leidenschaftlich gerne an Ihr Sprachschatz ist sehr gut und ich bin überzeugt davon das es durch das viele Vorlesen,anschauen und die Rollenspiele gefördert wird.Das sind ,meiner Meinung nach,zusammen mit der dazugehörigen Zeit ,die man mit ihnen verbringt sinnvolle Weihnachtsgeschenke,die man später gerne weiterverschenken oder verkaufen kann.Ich wünsche zufriedene und gemütliche Weihnachten.Und vor allem auch Gesundheit!

  9. Ich finde das Dauergedudel überall übel. Gehst zum Sport: laute Musik und Geschrei! Wie soll ich mich konzentrieren können? Geh ich zum Supermarkt, Mordsgewuhle, eine Hektik und Dauerbeschallung. Ich halte mich krampfhaft am Einkaufszettel und -wagen fest und will nur raus! Mich streßt schon die Fahrt mit Bus oder S-Bahn oder Auto. Überall! Schalte ich das Radio ein. Brüll, Werbung! Brüll, Sportgeheul! Fernsehen genauso. Brüll, blablaba, öd. Dabei möchte ich nur Musik hören oder ein guter Film sehen! Das mich geflügelt und anregt, unterhält.

    Da bin ich wohl nicht alleine?

    1. Nein, definitiv nicht. Geht mir auch so. Ich habe den Vorteil, meine Hörgeräte leiser oder gleich ausstellen zu können – dann ist alles gedämpft.

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