Da ich einige Male angesprochen wurde, auf welche Weise, man am besten einen Einstieg in den Minimalismus finden kann, heute einige Tipps dazu.
Entrümpeln ist nicht automatisch auch Minimalismus
Wer sich im Internet ein wenig umschaut, um sich darüber zu informieren, wie man einen Einstieg in den Minimalismus findet, entdeckt dort vor allem, wie entrümpelt wird. Wenn man Minimalismus als Lebensstil als das sieht, was es ist, nämlich ein Leben mit weniger Dingen, so gehört natürlich dazu, die überflüssige Dinge zu entrümpeln. Aber häufig wird dieses Entrümpeln gleichgesetzt mit Minimalismus. Das genau ist es aber nicht. Entrümpeln ist entrümpeln, manche nennen es auch ausmisten oder ausrangieren. Das gab es immer schon, zu allen Zeiten – es wurde lediglich nicht immer ein solcher Hype darum veranstaltet, wie dies heute der Fall ist. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten für einen Einstieg in den Minimalismus. Dazu einige Anregungen und Tipps:
Minimalismus-Tipp 1: Konzentriere dich auf das Wesentliche!
Gerade wenn man anfängt, sich näher mit dem minimalistischen Lebensstil zu befassen, ist es aus meiner Sicht eine interessantere Herangehensweise, sich wirklich vorrangig auf das zu konzentrieren, was entweder eine besondere persönliche Bedeutung hat oder was man wirklich im normalen Alltag nutzt. Herausfinden lässt sich dies z.B. durch Fragen wie:
- Wieviel und welche Kleidung trage ich wirklich regelmäßig?
- In welche Bücher schaue ich tatsächlich nochmal hinein?
- Welche Musik und Filme (als Datenträger, wie CD, DVD, Festplatte, etc.) wird zumindestens gelegentlich noch genutzt?
- Welche Möbelstücke sind tatsächlich regelmäßig in Verwendungn und beherbergen nicht nur überflüssiges Zeugs?
- Welches Kücheninventar (elektr. Geräte, Geschirr, Töpfe, usw. usw. usw.) nutze ich wirklich?
- Welche gekauften Lebensmittelvorräte und Körperpflegeprodukte brauche ich wirklich auf und kaufe ich regelmäßig nach?
- Welche Dokumente und Unterlagen sind wirklich zwingend wichtig, um sie aufzuheben?
Minimalismus-Tipp 2: Herausfinden, was ich wirklich brauche
In manchen Bereiche wird sicherlich sofort deutlich, was wesentlich ist und was nicht. In wieder anderen Bereichen muss man vielleicht erstmal eine längere Zeit beobachten. Daher nun einige Anregungen, wie sich dies gezielter und ganz praktisch herausfinden lässt:
Die Packingparty
Eine umfangreiche, aber wirksame Möglichkeit ist die Packingparty der Minimalists. Dazu werden alle Besitztümer zunächst in Kisten gepackt. Anschließend werden dann 3 oder 4 Wochen lang jeweils die Dinge herausgeholt, die man jeweils wiklich auch benötigt. Diese Dinge werden dann auch wieder normal in der Wohnung eingeräumt. Am Ende der Zeit wird dann überprüft, was sich noch ungenutzt in den Kisten befindet. Genau diese Dinge sind die Kandidaten für eine Verabschiedung.
Packingparty light
Diese Idee kam mir, bei der Überlegung, was für ein Aufwand es ist, sein gesamtes Hab und Gut einzupacken und wie man dies vereinfachen kann. Diese Vereinfachung habe ich mal „Packingparty light“ genannt. Man arbeitet man sich durch jedes Zimmer einzeln vor, packt nur die Dinge dort ein und nicht gleich den gesamten Hausstand.
Packingparty Mini
Wem auch die Packingparty light noch zu aufwändig ist, kann es mit der Packingparty Mini versuchen. Mit „Packingparty Mini“ meine ich, sich nur einen einen einzelnen Teilbereich vorzunehmen, also nur einen Schrank, nur das eine Bücherregal, nur den Schreibtisch, usw. und in der gleichen Weise wie oben beschrieben vorzugehen. Diese Variante der Packingparty dauert insgesamt entsprechend länger, sie ist aber auch weniger aufwändig und im Laufe der Zeit lässt sich auch so wirksam Wesentliches und Unwesentliches unterscheiden.
Der Kleiderbügeltrick
Wer viel Kleidung hat, kann es mit dem weit verbreiteten Kleiderbügeltrick versuchen. Dazu alle Kleiderbügel rumdrehen und dann in die wieder „normale“ Richtung, wenn man ein Kleidungsstück getragen hat. So ist leicht zu erkennen, was man wirklich getragen hat.
Dinge markieren
Man kann auch einfach kleine Zettelchen, Wäscheklammern oder ähnliches an an die Gegenstände heften. Wenn man einen Gegenstand genutzt hat, entfernt man die Markierung wieder. So sieht man, welche Dinge man wirklich genutzt hat und was immer noch mit den Markierungen ungenutzt herum steht.
Umräumen
Bei ausreichendem Platz in den Schränken oder Schubladen kann man die genutzen Dinge in die eine Hälfte, ungenutzte in die andere Hälfte legen bzw. in die eine oder die andere Schublade. Auch auf diese Weise sieht man schnell, welche Dinge man wirklich nutzt und welche nicht.
Minimalismus auf Probe
Eine weitere Methode für einen wirksame Einstieg in den Minimalismus ist, einfach mal einen Monat lang auszuprobieren, mit welchen Dingen es sich gut minimalistisch leben lässt ist. Beim Minimalismus auf Probe werden die Dinge nicht gleich entrümpelt, sondern erstmal nur zwischengelagert. Nimm dir dazu einen Raum oder gleich die ganze Wohnung vor. Überlege, was von den Dingen dort wirklich wichtig und wesentlich ist. Diese Dinge dürfen bleiben. Den gesamten anderen Rest packe für ca. einen Monat erstmal nur zur Seite, z.B. auf den Dachboden oder in den Keller. Nun probiere den minimalistischen Lebensstil ganz praktisch aus. Schau, wie es dir geht, wie du dich fühlst, ob du irgendwas zuviel weggeräumt hast (was sich ja im Bedarfsfall leicht zurück holen lässt) oder was du vielleicht immer noch zuviel besitzt. Nach dieser ganz konkreten Minimalismus-auf-Probe-Erfahrung wirst du viel besser wissen, ob dieser Lebensstil zu dir passt und wieviel oder wie wenige Dinge für dein Leben richtig sind.
Vergiss die 100-Dinge-Zählereien
Die Anzahl der Dinge ist nicht entscheidend. Also vergiss einfach irgendwelche 100-Dinge-Zählereien – es sei denn, es ist eine solch große Motivation für dich, dass Sie dir Flügel verleiht. Ansonsten mache keinen Wettbewerb aus deinem Leben mit weniger Dingen und spar dir deine Energien für Schöneres. Ich habe nebenbei bemerkt in solchen 100-Dinge-Listen bislang noch nie die WC-Bürste, das Kehrblech oder den Mülleimer entdeckt 😉 . Letztlich gehts auch nicht um Zahlen, sondern um die persönliche passende Wohlfühl-Menge.
Das überflüssige Zeug ist nicht so wichtig
Auf diese Art einen Einstieg in den Minimalismus zu finden bedeutet, sich von Beginn an auf das zu konzentrieren, was du wirklich magst und nutzt. Der Fokus liegt von Beginn an auf dem Wesentlichen und nicht so sehr auf die das Entrümpeln des überflüssigen Krams. Überflüssige Dinge zu entrümpeln, ist vorrangig Arbeit, aber noch kein minimalistischer Lebensstil als solches. Die ganz konkrete und praktische Erfahrung, welche überflüssigen Dingen nicht genutzt und benötigt werden, machen es einfacher, diese überflüssigen Dinge zu verabschieden und dich auf die wirklich wesentlichen Dinge konzentrieren zu können.
Leo Babauta brachte es einmal wirklich perfekt auf den Punkt:
Photo: Annie Spratt
Minimalismus sollte immer im Kopf und im Herzen beginnen. Was ist wohl besser: Der Befriedigung tausender materieller Wünsche hinterherjagen? Oder nur einem Herzenswunsch (nach Erfüllung) nachgehen?
Das Wesentliche ändert sich mit der Zeit mit der Person scheint es.
Manches verschiebt sich wirklich im Laufe der Zeit. Wichtiges wird unwichtig und umgekehrt. Das übliche Konsumieren empfinde ich oft so atemlos, ständig was Neues, ständig neue Bedürfnisse, kaum neu – schon alt. Minimalismus bringt da mehr Ruhe rein.
Reine Konsumenten haben die Kontrolle verloren, im schlimmsten Fall landen sie in Ratenkrediten und können diese nicht mehr bedienen. Der Minimalist kann entweder mit weniger Geld und weniger Arbeit auskommen oder mehr sparen. Er hat in jedem Fall mehr Kontrolle.
Ich habe übrigens meine digitale Liste wieder auf Zettelform. 6 Kategorien auf einer Seite in 6 gleich großen Feldern. Da passen so 10 bis 20 Aufgaben rein. Ich streiche sie durch sobald sie erledigt sind. Ist eine der 6 Bereiche voll wird er diagonal durchgestrichen und auf der nächsten Seite in neues von 6 aufgenacht. Mal sehen wie weit ich damit komme, ich will nichts übertragen müssen, da gabs was im Netz, aber das wollte ich so nicht umsetzen. Ob es 6 Kategorien bleiben oder mehr werden oder ich verschieden große Bereiche nehme wird sich zeigen. die Kategorie Haus&Garten hat schon 6 Einträge, davon sind 2 erledigt mit Datum. Bei der Kategorie „Minimalismus“ ist ein Punkt verschwunden : der Bilderrahmen, den ich Oxfam gespendet habe. Nichts wird vergessen, alles wird dort sofort aufgeschriben, bringt Ruhe ins Gehirn.
Manche Sachen funktionieren in Papierform bei mir auch besser, weil schneller. ToDo-Listen waren mir in digitaler Form immer zu aufwändig, habe da zig Sachen ausprobiert – gerade im beruflichen Kontext. Sowas Schickes wie deine Papierliste, hatte ich allerdings nie. Ebf. im beruflichen Kontext funktioniert auch der Papierkalender bei mir schneller, sieht aber auch chaotischer aus, wenn Termine verschoben werden.
Ich hatte Kisten und bin bei mir selbst einkaufen gegangen. Mal hier mal da, die waren so schnell voll, dass ich stoppen musste, um zu überlegen, wie ich die ganzen Sachen loswerde. Hat ein Jahr gedauert, jetzt geht es langsamer, die Phasen etwas auszusortieren dauern länger. Heute eins der letzten Bücher, ein paar uralte selbsternannte CDs. Konnte ich vor einem Jahr irgendwie nicht entsorgen, heute habe ich sie einfach aussortiert.
Liebe Gabi,
wieder mal hilfreiche Gedanken. Danke dafür! Bei mir wird es ernst: diesen Sommer werde ich mich von 80 m2 auf 28 m2 verkleinern – mit Balkon und so gelegen, dass ich ohne Auto auskommen würde (der nächste Schritt irgendwann). Wie Du Dir sicher vorstellen kannst, denke ich zur Zeit ständig darüber nach, was wesentlich für mich ist!
Das wirklich Überflüssige ist ja längst weg. Aber was dann übrig bleibt, hat ja nur eine Schnittmenge mit dem Wesentlichen. Und die kleine Wohnung erfordert unbedingt, dass man sehr nahe am Wesentlichen bleibt. Vielleicht werde ich auch im Nachhinein noch die ein oder andere Überraschung erleben – manchmal schätzt man sich ja auch selbst falsch ein. Eine sehr aufregende Zeit! Viele Grüße Petra
Oh, was eine Veränderung. Da drücke ich dir beide Daumen. Ich kann gut nachvollziehen, dass das spannend ist. Es ist auf jeden Fall schon erstaunlich, was man letztlich dann alles doch nicht braucht.
Liebe Gabi,
auch Minimalisten sind nichts Neues. Neu ist lediglich, dass die Menschen sich so nennen. Ich bin so alt, wie Du und meine Großeltern waren allesamt „Minimalisten“. Ihre Wohnungen ließen sich mühelos in 2 Stunden räumen, die Dinge, die sie besaßen, nutzten sie auch. Und es gibt sogar Beispiele aus der Antike: „Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf“ (Sokrates). Wenn die Menschen aufhören würden, sinnlos zu kaufen, hätte keiner ein Problem mit seinem Zeugs.
Ansonsten sind Deine Tipps für diejenigen, die gern trendy minimalistisch sein wollen, bestimmt hilfreich, auch wenn ich persönlich der Ansicht bin, wer sowas braucht, ist noch nicht bereit dafür. Das kommt mit der Zeit, wenn man sich damit beschäftigt – oder eben auch nicht.
Liebe Grüße, Corinna
Also meine Großeltern haben zwei Weltkriege er- und überlebt. Die hatten irgendwann Kram bis zur Decke. Die Generation meiner Eltern ebf. -> Erlebnisse extremen Mangels prägt.
Aber ich verstehe schon, was du meinst. Nicht Wenige, die sich schon länger mit Minimalismus befassen sind der Ansicht, dass dies der Normalzustand ist. Der Hyperkonsum ist das Unnormale und letztlich auch ein sehr viel größerer Trend. Es gibt bei weitem mehr „Maximalisten“ als Minimalisten.
Hallo Gabi,
das Zitat von Leo Babauta begleitet mich auch schon lange, und benennt das, was für mich mein Minimalismus ausmacht.
Nur die Dinge in meinem Leben haben, die mir wichtig sind und die ich oder meine Familie wirklich brauchen und benutzen – dazu gehört z.B. auch die mittlerweile größere Lego-Sammlung, die ausdauernd bespielt wird.
LG Nadine
Hallo Nadine,
ja genau so etwas meine ich. Nicht irgendwelche Erbsenzählereien, sondern das jeweils Wesentliche.