Der Zusammenhang Multitasking, Stress und Konsum

Multitasking in einer schnellen, unruhigen Welt

Manchmal kommt es mir vor, als sei die Welt irgendwie schneller, unruhiger und die Zeit weniger geworden. So komme ich morgens ins Büro und alles ist irgendwie gleichzeitig: das Telefon klingelt, auf dem Diensthandy gehen einige SMS ein, Anfragen per Email, auf dem Schreibtisch noch abzuheftende Unterlagen, der Blick auf den Terminkalender verrät mir: Es wird Zeit, ich muss los zum nächsten Termin, aber – halt – der Dienstwagen ist ja noch nicht reserviert. Dann Termine und nachher noch mehr Papierstapel auf dem Schreibtisch …

Konsum als Reaktion auf Überlastung durch Multitasking und Stress

Interessanterweise habe ich ausgerechnet nach solchen Tagen sehr viel häufiger das Bedürfnis, mir nach Feierabend irgendeinen Nahrungs-Unsinn zu kaufen. Eisdielen scheinen mich dann magisch anzuziehen, Schokoladen lachen mich aus jeder Regalecke an, am Brötchenstand riecht es verführerisch gut und dann laufen da so viele Leute mit Kaffeebechern rum  – Kaffee! Lecker! Gedanken schießen mir durch den Kopf, ob ich nicht doch noch ein komfortableres Handy oder sonst was brauche, mit dem ich mir die Freizeit erleichtern kann – aber brauche ich das wirklich?? Ich bemerke, dass ich einfach nur überdreht bin und ich diese Überdrehtheit mit Essens- und Konsum-Unsinn abzubauen versuche.
Sich einfach vorzunehmen: ok, jetzt machst du Morgen auf der Arbeit mal langsamer und kaufen tue ich die nächsten 30 Tage auch nichts, ist gut, hilft mir dann aber auch nicht dauerhaft. Ich bemerke, dass ich irgendwann dann doch schwach werde, sich alte Verhaltensmuster einschleichen … Was also tun?

Alltagsachtsamkeit: Monotasking statt Multitasking

Eigentlich ist es simpel: Erstmal möglichst genau beobachten, was vor sich geht, also nichts anderes als Alltagsachtsamkeit. Was passiert da denn ganz genau? Denn: Die Stunde besteht immer noch aus 60 Minuten, Arbeitsverdichtung, Multitasking, Shopping-Fieber bin ich nicht hilflos ausgeliefert. Nicht an jedem Tag kommt alles gleichzeitig.
Muss ich alles gleichzeitig überprüfen? Muss das Emailprogramm ständig an sein? Muss das Handy permanent auf Empfang geschaltet sein? Arbeite ich dadurch besser oder schneller? Mein Eindruck: Nein! Weder werde ich mir, noch anderen gegenüber dadurch gerechter, noch arbeite ich besser – im Gegenteil.

Ich habe festgestellt, dass sich vieles entzerrt, wenn ich einige Arbeitsabläufe ritualisiere und morgens bis zum ersten anstehenden Außentermin mehr Zeit einplane. Da ich beruflich mit hörgeschädigten Menschen zutun habe, sind Email, SMS, Chat, Fax  zwingend erforderlich.  Gehörlose können mich nunmal nicht anrufen. Für mich sehr hilfreich: mehr Zeit zwischen Eintreffen im Büro und erstem Termin einplanen. Zunächst erstmal die eingegangenen Mitteilungen nacheinander sammeln. Anschließend sortieren nach zeitlicher und inhaltlicher Dringlichkeit und einen ungefähren Tagesplan erstellen. Notizen nicht auf alle möglichen Einzelzettel verteilen, dafür habe ich inzwischen ein stabiles und ausreichend großes Notizbuch. Den Schreibtisch halte ich soweit wie möglich frei, räume häufiger zwischendurch oder am Tagesende auf. Und: müssen es 5 Kugelschreiber sein, reicht nicht einer? Auch solche Kleinigkeiten entzerren, entstressen. Auch im Tagesverlauf achte ich immer wieder darauf: Wie geht’s mir gerade, runter kommen, durchatmen.

Manche Tage sind noch immer turbulent, aber: Ruhiger und strukturierter gehe ich ganz anders damit um. Abläufe zu ritualisieren, vereinfachen, den Schreibtisch und die Utensilien möglichst minimalistisch halten – und einfach auch einplanen, dass alles seine Zeit braucht: auch solche Dinge wie Nachrichten abrufen, Unterlagen abheften, aufräumen, usw.. Nichts wird schneller fertig, wenn ich alles gleichzeitig erledigen will oder ich dafür keinerlei Zeit einplane.

Ich komme dadurch inzwischen viel ruhiger durch den Tag, bin insgesamt aufmerksamer und entspannter geworden – und auch nach Feierabend haben die Konsum-Einkauf-Stress-Symptome deutlich nachgelassen. Da braucht es keinen Kaffeestand, Eisdiele, Schokoriegel oder weiß ich was. Wenn ich mir dann doch was gönne, dann ist es der ganz bewusste Genuß, nicht Stressabbau. Ein kleiner, aber sehr entscheidender Unterschied!
Andere Dinge werden wichtiger: die Sonne, Vögelgezwitscher, Rascheln der Blätter an den Bäumen. Spüren, wie der ‚innere Motor‘ nach einem erlebnis- und arbeitsreichen Tag langsam wieder runter fährt, die Atmung ruhig und gleichmäßig fließt. Vorfreude stellt sich ein: auf Balkonien, Füße hochlegen, Feierabendgespräche, Ruhe.